Alarm im Bankensektor Portugals Notenbanker besorgt
30.11.2010, 08:59 UhrDie portugiesische Zentralbank warnt für den Fall des Scheiterns der Haushaltssanierung vor großen Risiken für die Finanzbranche des Landes. "Die Situation sei ernst und erfordere dringende Maßnahmen." Ansonsten werde das Risiko für die Banken untragbar.
Die Zentralbank des hoch verschuldeten Euro-Landes Portugals schlägt Alarm. Die Situation im Bankensektor sei wegen der zunehmenden Liquiditätsprobleme "ernst" und mache dringende Maßnahmen erforderlich, warnte die Notenbank in ihrem Finanzstabilitätsbericht. Sollte die Regierung keine Maßnahmen zur "glaubwürdigen und nachhaltigen Konsolidierung der Staatsfinanzen" ergreifen, werde das Risiko für die Banken untragbar.
Die Notenbank macht das steigende Haushaltsdefizit des Landes für die Probleme des Bankensystems verantwortlich. Dies ist anders als in Irland, wo der Bankensektor das Land in die Krise gerissen habe. Und auch anders als in Spanien und Irland habe es in Portugal nie eine Immobilienblase gegeben.
Sparen, sparen, sparen
Die Geldmanager im ärmsten Land Westeuropas empfehlen den Banken, weniger Kredite zu vergeben, das Sparen zu fördern und sich nach neuen Finanzierungsmöglichkeiten umzusehen. Kapitalerhöhungen könnten bald unerlässlich sein, heißt es. Die größten Gefahren gingen von den schwachen Wachstumsaussichten, dem Riesen-Loch in den Staatsfinanzen sowie der Zunahme der Rendite der Staatsanleihen aus.
Der Notenbank zufolge sind die Aussichten gering, dass die Banken Portugals in den kommenden Jahren wieder so profitabel werden wie vor der Krise. Vordringlichstes Problem sei aber gegenwärtig die Sicherung der Finanzierung. Die Banken Portugals haben sich in den vergangenen Monaten bei der EZB die erforderlichen Mittel beschafft, da die Besorgnis über ihre finanzielle Stabilität die Zinsen an den internationalen Kapitalmärkten für Portugal in die Höhe getrieben hat. In den vergangenen zwei Monaten haben die Banken Portugals bei der EZB 40 Mrd Euro je Monat aufgenommen. Anfang des Jahres hatte das Volumen bei 15 Mrd Euro gelegen.
Auf eigenen Füßen stehen
Eine langandauernde und umfangreiche Nutzung der Finanzierung des Eurosystems ist der Notenbank zufolge aber nicht möglich. Daher müssten die Banken ihre Finanzierungsstrategien neu definieren. Angesichts der schwachen Wirtschaftsaussichten müssten die Banken zudem ihre Rückstellungen für mögliche Kreditverluste erhöhen und ihre Kapitalbasis stärken, um ihre Widerstandsfähigkeit bei Schocks zu erhöhen.
Das Parlament in Lissabon verabschiedete vergangene Woche den umstrittenen Staatshaushalt für 2011. Unter anderem sollen die Ausgaben für Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst um fünf Prozent gekürzt werden. Die Mehrwertsteuer soll von 21 auf 23 Prozent angehoben werden. Die Sozialleistungen werden zudem gekürzt und die Renten eingefroren. Man werde den Finanzplan "strikt einhalten", versprach der sozialistische Ministerpräsident José Sócrates.
Die Neuverschuldung Portugals erreichte im vergangenen Jahr den Rekord von rund 9,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In diesem Jahr ist ein Rückgang auf 7,3 Prozent vorgesehen. Mit den nie dagewesenen Spar- und Sanierungsmaßnahmen soll das Defizit im nächsten Jahr auf 4,3 Prozent gedrückt werden. Dennoch gehen viele Experten davon aus, dass Portugal nach Irland als nächstes Land einen Antrag auf Hilfen aus dem Euro-Rettungsschirm stellen muss. Sócrates versichert aber noch: "Wir benötigen keine Hilfe."
Der Internationale Währungsfonds hat für das kommende Jahr eine Stagnation der Wirtschaftsleistung in Portugal prognostiziert nach einem Wachstum von 1,1 Prozent in diesem Jahr. Das Haushaltsdefizit wird für 2010 auf 7,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts veranschlagt. Mit Sparmaßnahmen will die Regierung das Defizit im kommenden Jahr auf 4,6 Prozent senken.
Quelle: ntv.de, sla/dpa/DJ