Wirtschaft

Zeichen für Machtanspruch Putins Goldschatz wächst und wächst

Wladimir Putin will sich vom Westen unabhängig machen und kauft immer mehr Gold.

Wladimir Putin will sich vom Westen unabhängig machen und kauft immer mehr Gold.

(Foto: REUTERS)

Einmarsch in Georgien, Krieg in der Ukraine, Bomben auf Syrien: Seit Moskau seine Muskeln spielen lässt, bunkert die russische Zentralbank immer mehr Gold. Ist der Rausch ein Vorbote neuer globaler Machtspiele Putins?

Der Ölpreis sinkt immer weiter, der Rubel fällt ins Bodenlose, doch all das kann Wladimir Putins Appetit für Gold offenbar nicht bremsen. Rund 1318 Tonnen des Edelmetalls hat Russland laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) derzeit gebunkert - der höchste Bestand seit dem Ende des Kalten Kriegs. Seit 2008 hat Russland seine Goldbestände fast verdreifacht und damit den Edelmetall-Anteil an seinen Reserven massiv ausgebaut. Wirtschaftliche Gründe allein können das nicht erklären. Vieles spricht dafür, dass der Kreml mit dem Goldrausch seine neue aggressive Außenpolitik absichern will.

Russlands Goldreserven sind zunächst einmal natürlich nur ein Abbild der gigantischen Exportüberschüsse, die Moskau mit dem Verkauf von Öl und Gas einfährt. Über die Energieriesen Gazprom und Rosneft verdient der russische Staat jede Menge Geld. Irgendwo muss es schließlich angelegt werden. Vielleicht hält die Zentralbank Gold einfach für die sicherste Form, Russlands Staatsschatz langfristig anzulegen.

Aber warum gerade Gold? Russland schwimmt auch so in Sicherheit: Für sein Öl wird es in Dollar bezahlt, der sichersten Leitwährung der Welt. Es gibt keinen zwingenden Grund, den Devisenschatz in Edelmetall zu verwandeln. Historisch betrachtet ist Gold momentan zwar ein Schnäppchen: Ende 2011 kostete die Feinunze noch über 1900 Dollar, heute sind es unter 1200 Dollar.

Gold als politische Waffe

Doch der Preis scheint für Moskaus Währungshüter eher Nebensache zu sein. Sie haben Monat für Monat immer mehr Gold gehortet, auch in den Hochpreis-Jahren 2011 und 2012. Und außer Russland kauft kaum ein anderes Land nach. Deutschland hat seit 2000 keine einzige zusätzliche Unze gekauft. Auch die USA und die Schweiz halten ihre Bestände seit Jahren konstant oder verringern sie.

Besonders wegen der westlichen Sanktionen macht die Goldorgie wirtschaftlich kaum Sinn: Der Ölpreis hat sich in den letzten zwei Jahren halbiert. Russland nimmt immer weniger Petrodollars ein. Die Währungsreserven schmelzen dahin. Moskau braucht jeden Dollar, um den Rubel-Crash aufzuhalten, Haushaltslöcher zu stopfen und maroden Staatsfirmen Geldspritzen zu geben. Trotzdem kauft der Kreml weiter Gold.

Bleibt nur noch eine Erklärung: Mit seinem wachsenden Goldschatz will Putin seinen neuen globalen Machtanspruch untermauern. Gold war schon immer ein Zeichen für die geopolitische Bedeutung von Staaten. Die USA (8134 Tonnen) und Deutschland (3381 Tonnen) sind zusammen mit Italien (2452 Tonnen) und Frankreich (2435 Tonnen) immer noch mit Abstand die Staaten mit den größten Goldreserven. Doch gleich dahinter setzen China (1694 Tonnen) und Russland (1318 Tonnen) zum Angriff an. Auch Peking hat seine Bestände seit 2009 fast verdreifacht. Um den Goldschatz der KP gibt es ähnlich großes Rätselraten wie den des Kreml: China veröffentlicht seine Daten nur alle fünf Jahre.

"Garantie gegen politische Risiken"

Einmarsch in Georgien, Krieg in der Ukraine, Propagandakampagne in Transnistrien, Bombardements in Syrien: Kein Land weitet seine Macht derzeit so unverhohlen aus wie Russland. Der riesige Goldschatz ist für Putin eine Art Versicherung. Dank ihm kann er unabhängig vom Rest der Welt Politik machen. Und sich immer mehr von der Vormacht des Dollar abkoppeln.

Moskau hat seine Goldbestände kontinuierlich seit 2008 erhöht. Damals marschierten russische Truppen in den georgischen Separatistengebieten Abchasien und Südossetien ein - angeblich zum Schutz prorussischer Minderheiten. Der Georgien-Krieg war so etwas wie der Startschuss für Putins neue aggressive Außenpolitik. Er lieferte die Blaupause für den Krieg in der Ostukraine, bei dem Moskau Anfang 2014 nach dem gleichen Muster erst Fallschirmjäger auf die Krim und dann Panzer nach Donezk schickte. Seitdem haben die Gold-Käufe des Kreml nocheinmal besonders stark angezogen.

Puitins Zentralbanker Dmitry Tulin erklärte im Mai ganz offen was dahintersteckt: "Wie sie wissen stocken wir unsere Goldbestände auf, auch wenn damit Marktrisiken verbunden sind", sagte Tulin im russischen Parlament. "Der Preis schwankt, aber andererseits ist es eine hundertprozentige Garantie gegen legale und politische Risiken". Putin sieht seinen Goldschatz offenbar zunehmend als Waffe. Das  sollte zu denken geben. Gold taugt vor allem als Notreserve in Krisenzeiten. Es wirft keine Zinsen ab. Außer zur Schmuckherstellung hat es nur wenig praktischen Nutzen. Wer an eine friedliche Zukunft glaubt, hat keinen Grund, Gold zu horten.

(Hinweis für Mobilnutzer: Die Infografik zu den Top 10 der Goldreserven finden Sie hier.)

Quelle: ntv.de

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