Wirtschaft

Aus Regen- mache Sonnenschirm Rehn fordert mehr Einsatz

Die Lage für Europa ist unterirdisch. Immer lauter wird über Größe und Aufgabe des Rettungsschirms diskutiert. Nicht wenige meinen, die Sonne ginge wieder auf, wenn er weiter aufgespannt würde.

Die Lage für Europa ist unterirdisch. Immer lauter wird über Größe und Aufgabe des Rettungsschirms diskutiert. Nicht wenige meinen, die Sonne ginge wieder auf, wenn er weiter aufgespannt würde.

(Foto: picture alliance / dpa)

Während die Märkte auf die Anleiheauktion Portugals warten, bläst EU-Währungskommissar Rehn noch einmal ins Horn. Die EU-Staaten müssten ihre Sparanstrengungen dringend verdoppeln und den Schirm über notleidende Staaten weiter aufspannen, lautet die Botschaft aus Brüssel. Dass diese gar nicht den Schutz des Schirms suchen, ist unerheblich.

Währungskommissar Olli Rehn treibt zur Eile an. In seinem Wachstumsbericht zeichnet er ein düsteres Bild.

Währungskommissar Olli Rehn treibt zur Eile an. In seinem Wachstumsbericht zeichnet er ein düsteres Bild.

(Foto: REUTERS)

EU-Währungskommissar Olli Rehn hat sich für eine Vergrößerung des europäischen Rettungsschirms ausgesprochen. Die Eurozone müsse alle Optionen für die Größe und den Handlungsspielraum der Rettungsmechanismen prüfen, schrieb Rehn in einem Gastbeitrag für die "Financial Times". Dies gelte nicht nur für bereits bestehende Kreditlinien, sondern auch für den dauerhaften Stabilitätsmechanismus.

Zeichen der Entschlossenheit

Hohe EU-Diplomaten in Brüssel berichten, dass die Diskussion über den Rettungsschirm in vollem Gang  ist. Die Länder seien weiterhin uneins, ob der Garantierahmen von ursprünglich 440 Mrd. Euro erhöht werden soll, heißt es. Nach einem Bericht der Tageszeitung "Die Welt" gibt es konkret zwei Überlegungen: Entweder die reale Ausleihesumme des EU-Rettungsfonds, die derzeit bei rund 250 Mrd. Euro liegt, durch eine Aufstockung der sogenannten Garantiesumme von 440 Mrd. aufzustocken oder die Summe alternativ durch technische Änderungen zu erhöhen. "Wir haben eine trügerische Ruhe, es muss ein glaubhaftes politisches Signal der Entschlossenheit an die Märkte geliefert werden", sagte ein Diplomat dem Blatt.

"Einige Mitgliedstaaten wollen den Schirm am liebsten verdoppeln oder verdreifachen, andere Mitgliedstaaten wollen über die 440 Mrd. Euro nicht hinausgehen", berichten Insider aus Brüssel. Dazu gehöre Deutschland als größter Garantiegeber. Aber auch die Niederlande, Finnland und die Slowakei hätten damit Probleme. Wie die "Welt" schreibt, sind abschließende Entscheidungen noch nicht zu erwarten. Auch Hoffnungen auf das Treffen der Euro-Gruppe und der EU-Finanzminister in der kommenden Woche werden gedämpft. Bei dem Treffen sind der Zeitung zufolge keine weitreichenden Beschlüsse zu erwarten.

Ebenfalls nicht absehbar ist, ob in der Eurogruppe nächsten Montag ein Hilfspaket für Portugal schnüren wird. Entscheidend dürfte hierfür die heutige Anleiheauktion und die Entwicklung danach sein. Portugal will insgesamt 1,25 Mrd. Euro über Anleihen mit fünf und zehn Jahren Laufzeit aufnehmen. Die Rendite auf zehnjährige Papiere ging am Vortag knapp unter sieben Prozent zurück, der Risikoaufschlag zu deutschen Bundesanleihen lag bei rund vier Prozentpunkten. Die portugiesische Regierung bekräftigte dennoch ihre Entschlossenheit, nicht um internationale Hilfe bitten zu wollen. "Sollte die Rendite deutlich über sieben Prozent liegen, werden die marschieren", hieß es allerdings in Regierungskreisen.

Anstrengungen verdoppeln

Wie die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) berichtet, fordert Rehn die EU-Staaten in seinem jährlichen EU-Wachstumsbericht derweil auch dazu auf, ihre Sparanstrengungen deutlich zu verstärken. Die europäischen Länder müssten geplante Reformen vorziehen und doppelt so viel sparen, um die riesigen Schuldenberge abtragen und wieder solide wirtschaften zu können. Der Bericht soll heute in Brüssel vorgestellt werden.

Das Blatt schrieb, Rehn fordere die 27 nationalen Regierungen auf, ihre Schulden in den nächsten 20 Jahren jährlich um einen Betrag zu reduzieren, der mindestens 1,0 Prozent des Bruttosozialprodukts entspricht. Nur so könnten sie überhaupt wieder in die Nähe der nach EU-Regeln erlaubten Schuldengrenze gelangen. Danach dürfen die öffentlichen Verbindlichkeiten eines Landes höchstens 60 Prozent der Wirtschaftskraft betragen.

Warnung vor Steuererhöhungen

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt der EU schreibt Schuldnern generell eine jährliche Korrektur um 0,5 Prozent des Bruttosozialprodukts vor. Rehn warnt jedoch: "Das reicht in vielen Ländern nicht aus, um die Spirale zu stoppen." Die Länder sollten in diesem Jahr beginnen, ihre Schulden zu reduzieren. Andernfalls riskierten die Regierungen, ins Visier der Finanzmärkte zu geraten. Staaten, die weiter Schulden anhäuften, müssten sehr wahrscheinlich steigende Risikoprämien für ihre Anleihen zahlen, was den Haushalt zusätzlich belaste.

Gleichzeitig warnt Rehn die Regierungen davor, ihre Einnahmen durch höhere Einkommensteuern für Arbeitnehmer oder Unternehmen aufzubessern. Er empfiehlt, Steuern zu senken, um Konsum und Investitionen anzukurbeln. Erhöhungen müssten auf Haus- oder Grundsteuern oder umweltrelevante Steuern beschränkt bleiben.

Der Zeitung zufolge schneiden Portugal und Spanien im Wachstumsbericht besonders schlecht ab. Die Beamten der Kommission identifizieren beide Länder neben Griechenland und Irland als die größten Wackelkandidaten der Eurozone.

Quelle: ntv.de, ddi/DJ/rts/dpa/AFP

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