Die Investitionsscheu schwindet SAP kommt in Schwung
27.10.2010, 09:38 UhrIn Walldorf südlich von Heidelberg lässt sich der Aufschwung nicht länger leugnen: In den Büchern des deutschen Softwarekonzerns SAP schwellen die Zahlen mächtig an. Analysten reagieren dennoch zurückhaltend.

Weltkonzern mit Doppelspitze: Bill McDermott und Jim Hagemann Snabe (rechts), hier vor Beginn der Hauptversammlung im Juni.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der Softwarekonzern SAP nimmt nach den Einbußen durch die Wirtschaftskrise wieder Fahrt auf. In den Monaten Juli bis September erlöste der Weltmarktführer für Unternehmens-Software mit dem Verkauf neuer Lizenzen 656 Mio. Euro und erwirtschaftete damit ein Viertel mehr als vor Jahresfrist. Mit dem Erzrivalen Oracle, der SAP wegen Datendiebstahls verklagt hat, zog Europas größte Software-Schmiede gleich: Auch der US-Datenbankanbieter hatte in seinem jüngsten Geschäftsvierteljahr deutlich mehr Software an Firmenkunden verkauft und die Lizenzerlöse um ein Viertel gesteigert.
"Das Geschäft hat sich bei kleinen, mittleren und großen Unternehmen positiv entwickelt", zog SAP-Finanzvorstand Werner Brandt Bilanz unter das abgelaufene Vierteljahr. Das durchschnittliche Auftragsvolumen sei gestiegen, was darauf hindeutet, dass die Unternehmen ihre Investitionsscheu abgelegt haben. Der schwächere Euro-Wechselkurs zum Dollar half SAP beim Verkauf ebenso wie die milliardenschwere Übernahme des Wettbewerbers Sybase.
Doch während SAP bei den Umsatzerlösen für Software-Lizenzen und -Wartung die von den jüngsten Oracle-Zahlen beflügelten Prognosen der Analysten erfüllte, verfehlte das Walldorfer Unternehmen die Gewinnerwartungen. Der Überschuss kletterte im dritten Quartal ohne Berücksichtigung von Wechselkursen und Sondereffekten durch den Sybase-Kauf um 21 Prozent auf 605 Mio. Euro.
Enttäuschung am Markt
Mit der um Einmaleffekte bereinigten operativen Marge von 29,1 Prozent (Vorjahr: 27,4 Prozent) sei SAP etwas hinter den Erwartungen zurückgeblieben, urteilte DZ-Bank-Analyst Oliver Finger. Einige Investoren hätten zudem auf eine Erhöhung der Wachstumsprognose für das Geschäftsjahr 2010 gehofft und seien enttäuscht worden. "Das signalisiert, dass SAP vor dem vierten Quartal weiterhin vorsichtig bleibt", sagte der Analyst.
SAP bekräftigte lediglich seinen zur Jahresmitte angehobenen Geschäftsausblick. Die Umsätze mit Software-Lizenzen und -Wartung sollen 2010 bei konstanten Wechselkursen um neun bis elf Prozent zulegen - und damit gut dreimal so schnell wachsen wie vom Marktforschungsinstitut Gartner erwartet. Im vierten Quartal rechnet SAP wie in den Vorjahren mit einem kräftigen Renditeschub, da in den Monaten Oktober bis Dezember die meisten Software-Geschäfte abgeschlossen werden.
Am Montag beginnt im kalifornischen Oakland ein Schadenersatzprozess gegen SAP, der von Oracle angestrengt wurde. Oracle verlangt Schadenersatz in Milliardenhöhe, da die Walldorfer über eine Tochter in den USA Software-Daten von Oracle-Rechnern im großen Stil gestohlen haben sollen. SAP hat die Verantwortung dafür übernommen und hofft, mit zweistelligen Millionenbeträgen davon zu kommen. Für die US-Tochter TomorrowNow erhöhte SAP die Rückstellungen von bisher 100 Mio. auf 160 Mio. Dollar.
Quelle: ntv.de, rts