Wirtschaft

Oase für Steuersünder Singapur kämpft gegen Image

Die Skyline von Singapur: Die Bundesregierung strebt im Kampf gegen Steuerbetrug ein neues Abkommen mit Singapur an.

Die Skyline von Singapur: Die Bundesregierung strebt im Kampf gegen Steuerbetrug ein neues Abkommen mit Singapur an.

(Foto: dpa)

Bundesfinanzminister Schäuble will Schlupflöcher für Steuersünder stopfen. Auch in Singapur. Das Land zählt zu den attraktivsten "Offshore-Finanzplätzen" der Welt. Kritiker sehen darin Steueroasen, die zur Steuerflucht verleiten. Genau dieses Image will Singapur aber um jeden Preis vermeiden.

Gutbetuchte Ausländer sind in Singapur in bester Gesellschaft. Kein anderes Land der Welt hat eine so hohe Millionärsdichte wie das südostasiatische Miniland. Etwa jeder sechste Haushalt dort - 17 Prozent - sitzt auf mindestens einer Million US-Dollar. Das Geschäft mit dem Reichtum blüht. Banken suchen händeringend nach Vermögensverwaltern. Das Anlagevermögen wächst rasant. Finanzminister Wolfgang Schäuble wüsste sicherlich gern, ob in dem Stadtstaat am Äquator womöglich auch Deutsche mit unversteuerten Millionen Zuflucht suchen. Er will bei seinem Besuch am Sonntag auf ein Auskunftsabkommen pochen.

Der Regierung Singapurs wäre ein Ruf als Oase für Steuersünder ein Graus. Das bekam offenbar auch ein Banker aus einem Land zu spüren, das in Bank- und Geldfragen als völlig sauber gilt. Seit einem Jahr versuche er, eine Vermögensverwaltung zu etablieren - bislang vergeblich, wie er sagt. "Die Behörden sind hysterisch in ihrem Bestreben, jedes Schlupfloch, das den Hauch einer Chance für Geldwäsche oder Steuerhinterziehung bietet, zu schließen", berichtet der Banker.

Keine illegale Gelder ins Land

"Singapur setzt alles daran, sein Finanzsystem vor Missbrauch als Zufluchtsort für illegale Gelder zu schützen, einschließlich Gelder aus Steuerdelikten", warnte die Zentralbank MAS im September alle Banken. Wenige Tage vor Schäubles Besuch hat die Zentralbank nun ein neues Gesetz angekündigt: "Vorsätzliche oder betrügerische Steuerhinterziehung" soll damit zur Straftat werden.

Einem Auskunftsabkommen, wie Singapur es bereits mit 35 anderen Staaten hat, steht für Deutschland eigentlich nichts im Wege. "Die Frage ist: Wie weit sollen die Auskünfte gehen?" sagt Reinhard Klemmer, Vorsitzender im Finanzausschuss der Deutsch-Singapurischen Handelskammer. Deutschland entgegenzukommen sei im Prinzip kein Problem, die deutschen Vermögen in Singapur überschaubar.

Das Märchen von den Geldbergen

"Märchen von hohen Zuflüssen europäischer Vermögen sind völlig übertrieben", meinte der Geschäftsführer der Zentralbank, Ravi Menon, schon vor einem Jahr. Die Boston Consulting Group (BCG) schätzt das in Singapur und Hongkong verwaltete Vermögen von Ausländern auf insgesamt eine Billion US-Dollar. 76 Prozent davon stammten aber aus China, Indonesien, Malaysia und anderen Ländern der Region.

Die Vermögensverwaltung boomt. 500 "Player" sind nach Angaben der Zentralbank MAS in dem Land, das kleiner ist als Hamburg, im Geschäft. In den vergangenen Jahren stiegen die verwalteten Vermögenswerte nach Angaben des "Capital Markets Law Journa"l im Schnitt um 19 Prozent jährlich. Alle großen Banken der Welt sind dabei, die Deutsche Bank ebenso wie Geldinstitute aus der Schweiz, Großbritannien oder Frankreich.

Credit Suisse wirbt in Singapur um Kunden "mit mindestens zwei Millionen US-Dollar" und verweist auf "den hohen Grad an Diskretion im Bankengeschäft". UBS mit Hauptsitz in Zürich und Basel führt die Einrichtung von Trusts ins Feld: "Trusts sind international anerkannte Instrumente zur Steuerplanung. Sie können die Steuerlast auf Vermögen und Einkommen minimieren."

Die unabhängige Organisation "Tax Justice Network" sieht die bisherige Diskretion Singapurs in Geldfragen kritisch. "Unterstützt von einem dem Finanzsektor zugeneigten Gerichtssystem ist es in der Praxis extrem schwer, an Informationen heranzukommen", erklärt sie und kommt zu dem Urteil: "Singapur hebt das Bankgeheimnis nicht ausreichend auf."

Noch gilt die Schweiz als weltgrößter "Offshore"-Finanzplatz. Boston Consulting schätzt die dort verwaltete Vermögenssumme auf 2,1 Billionen Dollar. "Durch strengere Steuerabkommen rechnen wir damit, dass die Summe der Vermögen aus Europa in der Schweiz 2016 abnimmt", schreiben die BCG-Experten und kommen zu der vagen Prognose: "Es ist möglich, dass Singapur und Hongkong die Schweiz als Offshore-Zentrum in den nächsten 15 bis 20 Jahren überholen."

Quelle: ntv.de, Christiane Oelrich, dpa

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