Wirtschaft

Ernüchterung in der Koalition Steuersenker ausgebremst

Die Euphorie nach dem Wahlsieg bei Schwarz-Gelb weicht allmählich der Ernüchterung. Es ist schlicht kein Geld mehr da und Wohltaten wie Kindergelderhöhung und Freibeträge wurden schon eingemottet. Doch die Wahlkämpfer stehen im Wort.

Die große Fröhlichkeit weicht allmählich: Dirk Niebel, Hermann-Otto Solms, Angela Merkel, Guido Westerwelle und Rainer Brüderle.

Die große Fröhlichkeit weicht allmählich: Dirk Niebel, Hermann-Otto Solms, Angela Merkel, Guido Westerwelle und Rainer Brüderle.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Angesichts der Milliardenlöcher im Haushalt sieht die künftige Koalition die Spielräume für Steuerentlastungen und Investitionen schrumpfen. Die in Aussicht gestellte Erhöhung von Kindergeld und Kinderfreibeträgen ist offenbar wieder vom Tisch. Stattdessen solle lediglich das steuerfreie Existenzminimum für Kinder erhöht werden, berichtete das Magazin "Focus". Nach einem "Spiegel"-Bericht erwägt Kanzlerin Angela Merkel, die erst vor kurzem beschlossene Schuldenbremse schon gleich zu Beginn 2011 außer Kraft zu setzen. Das lehnte der als künftiger Finanzminister gehandelte FDP-Politiker Hermann Otto Solms ab: "Ausnahmeregelungen, um diese Entlastungen durch Schulden zu finanzieren, kommen dabei nicht in Betracht", sagte er der "Welt am Sonntag".

Merkel habe ein Aussetzen der Schuldenbremse, die in der Verfassung verankert ist, für 2011 ins Spiel gebracht, hieß es in dem Bericht. Dies ist bei "außergewöhnlichen Notsituationen" möglich. In den Koalitionsgesprächen sei dies aber zurückhaltend aufgenommen worden. In einem solchen Fall ist vorgesehen, dass in den Folgejahren dann stärker gespart werden muss.

FDP: Möglichkeit für große Steuerentlastung eingeschränkt

Um die neu eingerichtete Schuldenbremse zu erfüllen, müssten in den nächsten vier Jahren rund 30 Milliarden Euro gespart werden, sagte Solms. "Das schränkt die Möglichkeiten für umfangreiche Steuerentlastungen ein." Er betonte aber in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", Steuersenkungen seien nach wie vor Bedingung für die FDP. Allerdings habe die Finanzlage auch Auswirkungen auf Bereiche wie Bildung, Forschung oder Familie, die die Koalition bislang in den Mittelpunkt gestellt hatte. Auch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) warnte: "Für schnelle Entlastungen sehe ich keinen Spielraum." Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) verwies darauf, dass beim Kindergeld nichts entschieden sei.

Dem "Spiegel" zufolge sieht das Kanzleramt für Entlastungen und Investitionen noch Spielraum von rund 20 Milliarden Euro bis 2013. Aber allein die erwogenen Kindergelderhöhungen würden bereits rund zehn Milliarden Euro aufbrauchen. Eine leichte Entlastung könnte auf den Bundeshaushalt laut "Wirtschaftswoche" durch die Wirtschaftsentwicklung in diesem Jahr zukommen, die etwas besser ausfalle als befürchtet. Danach könnte die Neuverschuldung 2009 bei 40 Milliarden Euro statt der erwarteten knapp 48 Milliarden Euro liegen.

Nachbesserungen bei Hartz IV

Die Koalitionäre wollen aber auch beim Langzeit-Arbeitslosengeld Hartz IV nachbessern, in dem etwa das Schonvermögen von Arbeitslosen erhöht wird. Darauf drängte der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Jürgen Rüttgers, ebenso wie auf ein Festhalten am Kündigungsschutz. Rüttgers muss sich im Mai Landtagswahlen stellen. Die Junge Union forderte dagegen nach einem Bericht der "Bild am Sonntag" eine Lockerung des Kündigungsschutzes, Rentenkürzungen sowie niedrigere Steuersätze. Dies stehe im Leitantrag des Bundesvorstandes für den Deutschlandtag der Nachwuchs-Organisation.

Berechnungen haben ergeben, dass bereits nach jetzigem Stand bis zum Jahr 2013 knapp 300 Milliarden Euro neue Schulden aufgenommen werden müssten. In den Koalitionsverhandlungen will die Union hingegen auch ein Baukindergeld in Höhe von 1200 Euro pro Kind durchsetzen, um den Wohnungsbau zu fördern. Bereits von der alten Regierung beschlossen ist die Absetzbarkeit von Krankenkassenbeiträgen, die ab 2010 greift.

Als Herausforderung gilt zudem die Gesundheitspolitik, wo bei den Krankenkassen 2010 über sieben Milliarden Euro fehlen und eine Reihe bereits von Pleite bedroht sein sollen. Angesichts steigender Arbeitslosenzahlen klafft auch bei der Bundesagentur für Arbeit ein Loch, das mit steigenden Versicherungsbeiträgen oder höheren Steuerzuschüssen gestopft werden müsste.

Quelle: ntv.de, mme/dpa

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