Finanzexperten fordern TÜV für Finanzprodukte
13.09.2009, 14:51 UhrDie Pharmaindustrie steht Pate für ein Modell, das künftige Wirtschaftskrisen abwenden soll: Kein Finanzprodukt soll mehr ungeprüft in Umlauf gebracht werden, ohne auf Risiken für das gesamte Finanzsystem geprüft zu werden. Der auf dem "Global Economic Symposium" im holsteinischen Plön ausgetüftelte Vorschlag nach dem Vorbild klinischer Studien im Arzneiwesen soll dem Handel mit giftigen Wertpapieren einen Riegel vorschieben.

Pillen und Finanzprodukte sollen nach dem Willen mancher Ökonomen ähnlich strengen Zulassungsregeln unterworfen werden.
(Foto: Mario Heinemann / PIXELIO)
Einen ähnlichen Plan hatte im Sommer bereits die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel vorgestellt. Während die BIZ aber eine Art Giftliste für Wertpapiere im Handel zur Diskussion stellt, wollen die Plöner Experten das Problem an der Wurzel packen und den Marktzugang für Schrottpapiere gänzlich beschränken. Als schillerndstes Beispiel für diese Produktkategorie gilt der sogenannte Credit Default Swap (CDS), mit dem Kreditrisiken abgesichert werden. Riskante CDS-Geschäfte wären dem US-Versicherungskonzern AIG in der Finanzkrise fast zum Verhängnis geworden, wenn der Staat nicht als Nothelfer eingesprungen wäre.
Dennis Snower vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW), dem Mitveranstalter des Plöner Wirtschaftsgipfels, sähe den Finanz-TÜV gerne auf globaler Ebene verwirklicht. Doch auf der Agenda des G20-Gipfels in Pittsburgh Ende des Monats dürfte der Vorschlag nicht weit oben stehen: "Da finden viele Gehör, wir sind nur eine Stimme von vielen", sagt der IfW-Präsident. Manche Bankenvertreter bezweifeln sogar, dass der Lösungsvorschlag den Praxistest besteht. "Das ist doch eine eher akademische Diskussion. Die Umsetzung wäre schwierig, denn auch die Kundenberatung und die Abwicklung des Geschäfts mit den Papieren müssten geprüft werden", hieß es unter den GES-Teilnehmern in Plön.
Banker wollen zurück zu den Wurzeln
Wenn man Branchenvertretern Glauben schenkt, sind die Zeiten für Geschäfte mit windigen Finanzprodukten ohnehin vorbei. Der Bankenmarkt soll stattdessen regionaler und einfacher werden. Für den Aufsichtsratchef von Morgan Stanley, Lutz Raettig, ist eine Rückbesinnung auf die Kundenwünsche das Gebot der Stunde: "Das Geschäftsmodell 'big is beautiful'" ist passé. Jetzt heißt es eher kundennah und klein."
Auch der Vorstandschef der NordLB, Gunter Dunkel, sieht die Zukunft darin, dass sich die Landesbanken auf ihre Wurzeln besinnen, statt sich auf internationalen Märkten zu tummeln: "Das Geschäft muss einfacher und regionaler werden."
Zu einer Umorientierung der Branche wird wohl auch die stärkere Regulierung der internationalen Finanzmärkte beitragen, die auf dem G20-Gipfel auf den Weg gebracht werden soll. Bundesbankchef Axel Weber mahnte die Banken in Plön unmissverständlich, jetzt schon Vorsorge für künftige Krisen zu treffen und sich weniger um Vergütungen zu sorgen. "Dieses Jahr ist nicht das Jahr für Bonusausschüttungen, die Banken sollten jetzt stärkere Kapitalpuffer aufbauen."
Quelle: ntv.de, rts