Spotanalyse zu Griechenland Volkswirte zum Sparpaket
03.03.2010, 11:55 Uhr
Der Regierungschef Giorgos Papandreou unterrichtet seinen Ministerrat über das harte Sparprogramm, mit dem er Griechenland vor dem Staatsbankrott retten will.
(Foto: picture alliance / dpa)
Das griechische Kabinett hat sich Regierungskreisen zufolge auf umfangreiche Sparmaßnahmen in Höhe von 4,8 Mrd. Euro geeinigt. Dafür solle die Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte auf 21 Prozent angehoben werden, sagte ein Beteiligter der Kabinettssitzung. Die Hälfte der Einsparungen solle durch Kürzungen erreicht werden, die andere Hälfte durch Steuererhöhungen. Mit den Maßnahmen sollten die Haushaltsziele für dieses Jahr erreicht werden, hieß es. Volkswirte sagten dazu in ersten Reaktionen:
Uwe Angenehndt; BHF-Bank
"Der Markt ist offenbar der Überzeugung, dass die Sparanstrengungen Griechenlands ernst gemeint sind. Wichtig ist vor allem, dass die Schuldendynamik nach oben durchbrochen werden muss. Dabei kommt es nicht auf Zehntelprozentpunkte beim gesteckten Ziel des Defizitabbaus an. Wichtig ist aber, dass das Defizit deutlich nach unten geführt wird.
Der Markt signalisiert derzeit auch, dass Griechenland beim Platzieren seiner nächsten Staatsanleihen wohl keine Schwierigkeiten haben wird. Auch die Renditeaufschläge dürften nicht ins unermessliche steigen, ich rechne mit einer Rendite von rund sechs Prozent."
Alexander Koch; Unicredit
"Das sind kurzfristig positive Nachrichten. Griechenland will offensichtlich den Schwerpunkt der Konsolidierung auf der Ausgabenseite setzen. Das wird hinsichtlich der konjunkturellen Effekte positiv bewertet. Es wird aber noch einige Zeit dauern, bis man sieht, ob die Vorgaben erfolgreich umgesetzt werden. Es besteht die Gefahr, dass es durch Streiks zu Behinderungen kommt. Der Widerstand im Beamtenapparat ist sicherlich groß.
Die Regierung muss bei einem noch zu verschärfenden Sparkurs zudem darauf achten, dass sie die Konjunktur nicht abgewürgt.
Sie hat jetzt einen Schritt in die richtige Richtung getan. Das könnte mit dazu beitragen, dass die geplante Anleihenplatzierung unter erträglichen Konditionen verläuft. Damit steigt auch die Chance, dass das hoch verschuldete Land die benötigten Gelder am Kapitalmarkt selbständig aufnehmen kann. Damit bestünde zumindest kurzfristig kein Bedarf für etwaige Überbrückungskredite aus dem Euro-Raum oder gar vom IWF."
Andreas Scheuerle; Deka-Bank
"Es ist eine sehr bittere Medizin, aber sie muss verabreicht werden. Anders schafft man es nicht, die fiskalische Wende herbeizuführen. Griechenland hat das Problem, dass eine schwierige Haushaltslage und schlechte Konjunkturdaten zusammentreffen. Griechenland kann nicht über Wachstum konsolidieren, sondern muss die bittere Pille der echten Konsolidierung - also des Sparens - schlucken. Das ist aber ein Teufelskreislauf, denn die vehementen Sparmaßnahmen bedingen auch, dass die Wirtschaft nicht so gut läuft.
Die nun vorgestellten Maßnahmen sind nicht das Ende der Konsolidierung, sondern vermutlich der Beginn einer längeren Phase, in der der Staat sich neu aufstellen muss. Das heißt, er muss die Struktur seiner Einnahmen und Ausgaben derart gestalten, dass er es schafft, bei dem gegebenen Wachstum vom Schuldenberg herunterzukommen.
Man kann nur hoffen, dass die Regierung die Lorbeeren für eine gelungene Konsolidierung höher bewertet als den Sieg bei der nächsten Wahl. Es ist eine Gratwanderung, die dabei zu vollziehen ist. Die Stimmung im Volk kann sehr schnell kippen, wenn entsprechende Ressentiments geschürt werden. Im Prinzip ist die Regierung gefangen, aber sie hat keine Alternative."
Quelle: ntv.de, rts