EZB legt Pläne vor 128 Banken müssen durch Bilanz-TÜV
23.10.2013, 12:05 Uhr
Bevor die EZB Ende 2014 die Aufsicht über die Banken der Eurozone übernimmt, will sie sich einen Überblick über die Bilanzen der Institute verschaffen. Dafür werden auch 24 deutsche Banken genauer unter die Lupe genommen. Die EZB verfolgt damit ein großes Ziel.

Finanzinstitute im Visier der EZB: Die Europäische Zentralbank nimmt die Bilanzen der Großbanken unter die Lupe.
(Foto: REUTERS)
Die Euro-Banken müssen sich rüsten: Acht Prozent Eigenkapitalquote will die Europäische Zentralbank (EZB) sehen. Das "bildet die Minimalanforderung für alle zu überprüfenden Banken", so die EZB bei der mit Spannung erwarteten Vorstellung ihres "Banken-TÜV". In den nächsten zwölf Monaten will die Zentralbank demzufolge 128 Banken aus den künftig 18 Euro-Ländern auf Herz und Nieren prüfen. 24 Finanzinstitute stammen aus Deutschland, soviele wie aus keinem anderen Land.
Eine eingehende Überprüfung der Bankbilanzen zum Stichtag 31. Dezember 2013 und ein Stresstest der Überlebensfähigkeit der Institute in einer Krise soll die Voraussetzungen schaffen, dass die EZB im November 2014 die Aufsicht über die wichtigsten Banken der Eurozone übernehmen kann. Mit Ergebnissen der Testreihe sei erst in einem Jahr zu rechnen.
"Transparenz ist das vorrangige Ziel", sagte EZB-Präsident Mario Draghi. Die Banken in Europa hätten zwar in den fünf Jahren seit der Finanzkrise schon viel getan, um ihre Bilanzen aufzuräumen und ihre Geschäftsmodelle umzubauen. Sie hätten 225 Milliarden Euro Kapital eingesammelt und weitere 275 Milliarden Euro an Staatshilfen erhalten, erklärte die EZB. Trotzdem sei an den Finanzmärkten der Eindruck haften geblieben, dass die Bilanzen der Banken nicht transparent genug seien und in ihnen noch unerkannte Risiken schlummerten. "Wir erwarten, dass diese Überprüfung das Vertrauen des privaten Sektors in die Banken der Euro-Zone und in die Qualität von deren Bilanzen stärken wird", erklärte Draghi.
Konservative Bewertungsstandards
In dem dreistufigen Test nimmt die EZB alle Banken u nter die Lupe - und zwar Aktiv- und Passivseite. Für die Aktivseite betrifft das die Qualität der Vermögensbestände und vergebenen Kredite, für die Passivseite vor allem die Robustheit des Eigenkapitals. Besonderes Augenmerk soll auch auf die Liquidität und die Gesamtverschuldung gelegt werden. Die EZB hat angekündigt, konservative Bewertungsstandards anlegen zu wollen.
Sollten einige Institute den Test nicht bestehen, stellt die EZB schon heute klar, dass sie Gegenmaßnahmen erwartet. Das heißt, dass die betroffenen Banken in diesem Fall neues Kapital auftreiben müssen. Vorrangig soll es von privaten Investoren kommen und nur im Notfall aus den Staatshaushalten.
Grenzfälle beim Banken-TÜV
Auch Grenzfälle werden untersucht. Dabei handelt es sich um Banken, die etwa knapp unter der dafür festgelegten Schwelle von 30 Milliarden Euro Bilanzsumme liegen. Die Entscheidung, wer tatsächlich unter die Ägide der EZB kommt, fällt erst im nächsten Jahr auf Basis der Jahresabschlüsse 2013. Die 24 deutschen Teilnehmer decken nach Angaben der Bundesbank und der Finanzaufsicht Bafin 65 Prozent des Bankensektors ab - europaweit sind 85 Prozent erfasst.
Die Deutsche Bank und die Commerzbank, die DZ Bank und die sechs großen Landesbanken waren gesetzt. Doch auch die IKB, 2007 das erste Opfer der Finanzkrise in Deutschland, und der Absatzfinanzierer Volkswagen Bank sowie die Muttergesellschaft der Bausparkasse Wüstenrot müssen sich der Prüfung unterziehen. Die Förderbank KfW untersteht zwar nicht der Bankenaufsicht, wohl aber ihr Exportfinanzierer KfW-IPEX. Als einzige Sparkasse ist die Hamburger Haspa mit von der Partie.
"Kraftakt lohnt sich"
Die deutschen Banken bereiteten sich bereits intensiv auf die Bilanzprüfung vor, erklärten Bafin und Bundesbank. "Ich bin überzeugt davon, dass sich der Kraftakt lohnt, denn wir bekommen mit dem einheitlichen Aufsichtsmechanismus die Chance, aus allen Aufsichtskulturen der Eurozone das Beste herauszuholen", sagte Bundesbank-Vizepräsidentin Sabine Lautenschläger. Sorgfalt gehe vor Schnelligkeit, mahnte BaFin-Chefin Elke König.
Die Hürde von acht Prozent, die die Banken beim Bilanztest überspringen müssen, haben die meisten großen Institute in den vergangenen Jahren locker genommen. Sie entspricht dem Wert, den Banken weltweit eigentlich erst Anfang 2019 erreichen müssten - zuzüglich eines Puffers von einem Prozentpunkt. Nach Angaben der EZB liegt die Kapitalausstattung der größten Banken in Europa im Mittel bei fast zwölf Prozent.
Experten erwarten, dass trotzdem einige der teilnehmenden Banken über den Test stolpern werden. Denn die EZB prüft genau, ob sie die Risiken in ihren Bilanzen richtig bewertet haben. So gibt es beispielsweise zum ersten Mal überhaupt eine einheitliche Definition, wann ein Kredit als "faul" - sprich ausfallgefährdet - gilt. Sie lehnt sich an die Gepflogenheiten in Deutschland an.
In einem Punkt kommt die EZB den Banken entgegen: Sie legt bei dem Test für die Zusammensetzung des Eigenkapitals nur die Maßstäbe an, die im Jahr 2014 gelten - und nicht wie befürchtet die endgültigen Basel-III-Vorschriften, die 2019 in Kraft treten. Damit werden etwa Staatshilfen zum Teil noch anerkannt. Beim Stresstest will sie strenger sein.
Quelle: ntv.de, bad/rts/DJ