Der letzte Strohhalm Wadan-Werften hoffen
11.07.2009, 16:40 Uhr
Neue Aufträge oder gar ein Investor sind offenbar nicht in Sicht.
(Foto: dpa)
Die beiden nach Werft-Angaben weltweit größten Fähren für Fracht und Passagiere (RoPax) sind jetzt zum letzten Strohhalm für den inzwischen insolventen Schiffbauer geworden. Der vorläufige Insolvenzverwalter Marc Odebrecht teilte nun mit, nach "intensiven Verhandlungen" mit Bund, Land und Banken sei es gelungen, unter bestimmten Bedingungen die Bereitschaft zu einem Massekredit über 190 Millionen Euro zu erhalten. Damit könnten die beiden RoPax- Fähren auf den mehrheitlich in russischem Besitz befindlichen Wadan- Werften in Wismar und Warnemünde weitergebaut werden.
Die 240 Meter langen Superschiffe haben einen Kaufpreis von je 200 Millionen Euro, die sonst gebauten Containerschiffe kosteten normalerweise 30 bis 40 Millionen Euro, sagte Betriebsrat Harald Ruschel. Ob allerdings die Schweden die bestellten Fähren überhaupt noch wollen, ist unklar. "Die Gespräche mit Stena Line gestalten sich sehr zäh und sehr schwierig", sagte Lars Rosumek, der Sprecher Odebrechts. Die Zusage des Bundeswirtschaftsministeriums zur 90-prozentigen Absicherung des neuen Riesenkredits - die restlichen zehn Prozent soll ein Bankenkonsortium garantieren - sei an die Bedingung geknüpft, dass Stena Line die Fähren tatsächlich kauft. "Beides hängt unmittelbar miteinander zusammen", sagte Rosumek.
Neue Aufträge nicht in Sicht

Die Fähren können weitergebaut werden.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Laut Odebrecht geht es um einen der größten Massekredite in der Geschichte der Bundesrepublik. Der insolvente Versandhändler Quelle hat von Kreditinstituten nur 50 Millionen Euro erhalten. Bei einem Massekredit steht der Kreditgeber in der Liste der Gläubiger ganz weit oben. Dies bedeutet, dass seine Forderungen vorrangig bedient werden. Am Freitag hatte Odebrecht zunächst mitgeteilt, es gebe bereits eine Zusage. Später korrigierte er sich und betonte, es sei gelungen, die Bereitschaft zu dem 190-Millionen-Kredit unter bestimmten Bedingungen zu erhalten. Sein Sprecher erklärte, es sei in den Medien der falsche Eindruck entstanden, dass der Scheck gleich am Montag ausgestellt werde. Laut Betriebsrat Ruschel versuchen Reeder, in der Krise die Preise für Schiffe zu drücken. Stena Line habe jedoch immer wieder betont, dass sie an den Verträgen festhalte. Was darin allerdings stehe, wisse er nicht.

n Wismar könnten von den knapp 1400 Mitarbeitern immerhin noch 500 bis 600 bis Mitte nächsten Jahres weiterbeschäftigt werden
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Neue Aufträge oder gar ein Investor sind offenbar nicht in Sicht. "Wir führen Gespräche mit mehreren Kandidaten", sagte Rosumek. Details wollte er nicht nennen. Es gebe aber Signale, dass es mehr als Absichtsbekundungen seien. Selbst wenn Stena Line an seinem Auftrag festhält, hätten die über 1000 Mitarbeiter in Warnemünde von September an nichts mehr zu tun. "Was wir bräuchten, sind Aufträge, die sofort Arbeit bringen", so Rosumek. In Wismar könnten von den knapp 1400 Mitarbeitern immerhin noch 500 bis 600 bis Mitte nächsten Jahres weiterbeschäftigt werden. Bis dahin soll laut Plan auch die zweite Fähre fertiggestellt sein. Dank eines Landeskredits über 1,5 Millionen Euro sollen von Montag an wenigstens wieder Schweißgas und Farbe zur Verfügung stehen. Am Wochenende ruhte die Arbeit.
Wütender Ministerpräsident
Mit dem Insolvenzantrag Anfang Juni war Aufsichtsratschef Andrej Burlakow in die Schusslinie geraten. Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) äußerte öffentlich seine "Wut" über das Vorgehen der Eigner. Am Wochenende meldete sich Burlakow zurück. "Wir werden noch viele Schiffe bauen", sagte der Russe der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Die Insolvenz könne bald wieder abgelöst werden, wenn er wieder die Gehälter zahle. Rosumek hält das für ausgeschlossen: "Da wette ich eine Kiste Bier darauf, dass das nicht passiert." Burlakow müsste nämlich nicht nur 125 Millionen Euro für Gehälter und Lieferantenverbindlichkeiten auf den Tisch legen. Für ein glaubwürdiges Konzept und neue Liquidität müsste er insgesamt mehrere hundert Millionen Euro bereitstellen.
Quelle: ntv.de, dpa