Banken mit heiklen Heimvorteilen Weber will weltweite Regeln
09.12.2009, 21:19 UhrBundesbank-Chef Axel Weber warnt vor Verzögerungen bei der geplanten Angleichung der Bilanzstandards für Banken in Europa und den USA. Seiner Ansicht nach liegt hier ein Keim für die nächste Krise.
"Die nächste Finanzkrise wird dort entstehen, wo die geringsten Anforderungen bestehen", sagte Weber. Jede Regulierung sei nur so gut, wie sie weltweit umgesetzt werde. Die Reformen an den Bilanzregeln in Europa und den USA gingen derzeit eher in eine gegenläufige Richtung. Dies beobachte er mit Sorge, sagte Weber. "Wir brauchen letztlich einheitliche Bilanzstandards auf beiden Seiten des Atlantik", betonte das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank.
Die für die Standards zuständigen Gremien FASB aus den USA und IASB aus London müssen nach dem Willen der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) bis Mitte 2011 einheitliche Regeln aufstellen. Damit sollen Wettbewerbsvorteile einzelner Banken beseitigt werden.
Vor allem europäische Institute haben sich immer wieder beschwert, dass US-Rivalen mehr Freiraum in der Bewertung einzelner Wertpapiere und bei der Ermittlung des Verschuldungsgrads haben. Das führt dazu, dass für Investoren Ergebnisse etwa der Deutschen Bank mit denen der US-Investmentbanken kaum vergleichbar sind.
Messen ohne Maßstab
Dreh- und Angelpunkt der Bilanzreformen ist die Frage der sogenannten Fair-Value-Bewertung von Papieren, also der Bewertung nach aktuellen Marktpreisen. In der Finanzkrise waren die gehandelten Preise für viele Vermögenswerte in den Keller gerauscht. Daher waren viele Banken quartalsweise zu immer neuen Abschreibungen gezwungen. Kritiker bezeichnen die Fair-Value-Anforderung daher als "Brandbeschleuniger" in der Krise.
Während die FASB an diesem Bewertungsmaßstab nun weitgehend festhalten will, plant die IASB eine Lockerung. Den Regierungen in Europa gehen diese Aufweichungen allerdings wiederum nicht weit genug - daher hat die EU-Kommission die von der IASB vorgeschlagenen Änderungen vorerst blockiert.
Ein Grund für die Blockadehaltung sehen Beobachter auch darin, dass sich noch kein gemeinsamer Weg mit den US-Behörden abzeichnet. Europäische Banken müssen damit vorerst weiter nach den alten Regeln bilanzieren.
Auch Bilanzexperten kritisieren die geringen Fortschritte bei der Angleichung der Standards. "Zwischen den USA und dem Rest der Welt gehen die Reformbemühungen derzeit eher in eine gegenläufige Richtung: In den USA überwiegt stärker die Investorenperspektive, während in Europa die Perspektive der Banken und Versicherer dominant ist", sagte David Larsen vom US-Finanzberater Duff & Phelps und wiederholte damit die Worte von Bundesbank-Chef Weber.
Wenn sich IASB und FASB nicht bis 2011 auf ein gemeinsames Vorgehen einigten, drohen nach Ansicht von Larsen ein starker politischer Einfluss. "Es ist aber wichtig, dass beide Gremien unabhängig ohne politische Einflussnahme die Standards festlegen", betont Larsen.
Quelle: ntv.de, rts