Wirtschaft

Putin lädt zu Wirtschaftsforum Wie Russland um seine Pazifikregion kämpft

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Russland investiert seit Jahren Milliarden Rubel in den Osten, um die Region voranzubringen.

(Foto: imago/ITAR-TASS)

Asien boomt - mit Ausnahmen. Eine davon ist Russlands ferner Osten. Das Gebiet - doppelt so groß wie Indien - hat nur sechs Millionen Einwohner und wenig Perspektiven. Und das, obwohl es reich an Rohstoffen ist.

Von Wladiwostok an Russlands Pazifikküste bis in die Hauptstadt Moskau sind es Luftlinie 6400 Kilometer. Dafür liegt die japanische Hauptstadt Tokio nur 1000 Kilometer entfernt gleich um die Ecke, 1600 Kilometer sind es bis zu Chinas Wirtschaftsmetropole Shanghai. Für Russland ist sein Ferner Osten - rohstoffreich, aber menschenleer - ein Sorgenkind, das sich nur schleppend entwickelt. 

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Blick auf Wladiwostok, die Hauptstadt der Pazifikregion

(Foto: imago/ITAR-TASS)

Das Gefälle zwischen den wirtschaftlich dynamischsten Regionen Asiens und dem stillen russischen Hinterhof am Pazifik bedeutet für Moskau ökonomisch wie politisch ein Problem. Die strategischen Interessen Russlands, Chinas, Japans und der USA stoßen hier eng aufeinander. Um Investoren bei den reichen Nachbarn zu gewinnen, lädt Kremlchef Wladimir Putin am Freitag und Samstag zum zweiten Mal zu einem Wirtschaftsforum nach Wladiwostok. Japans Regierungschef Shinzo Abe und die südkoreanische Präsidentin Park Geun-hye kommen, doch die größte Managerdelegation dürften erneut die Chinesen stellen. 

Beim ersten Forum 2015 seien Geschäfte über 1,7 Billionen Rubel (nach heutigem Kurs 23,6 Mrd. Euro) vereinbart worden, sagte der für Fernost zuständige Vizeregierungschef Juri Trutnew der Zeitung "RBK". Für dieses Jahr sind nach seinen Angaben mindestens Verträge über 900 Milliarden Rubel abzusehen.

Russland selbst investiert seit einiger Zeit Milliarden Rubel in die Infrastruktur des Gebiets, das mit 6,2 Millionen Quadratkilometern fast doppelt so groß wie Indien ist, aber nur 6,7 Millionen Menschen zählt. Auf einer neuen Subventionsliste der Regierung stehen Großprojekte wie eine Metallurgiehütte in Jakutien oder der Ausbau eines Kohlehafens am Ochotskischen Meer. Aber es gibt auch kleinere Vorhaben wie eine Brauerei für die abgelegene Halbinsel Kamtschatka. 

Ein Hektar Land kostenlos

Fruchtbare Böden, Holz, Öl, Gas, Gold im ehemaligen Straflagergebiet Magadan und Diamanten in Jakutien sind der Reichtum des Fernen Ostens. Doch die Wirtschaftskrise in Russland lässt Haushaltsmittel knapp werden. Ohnehin werden sich die Ausgaben für Infrastruktur erst langfristig auszahlen, während die Russen dem Osten aktuell den Rücken kehren: Zu weit sind die Wege, zu schlecht die Versorgung, zu rar die Jobs. 

Um Bewohner zu halten, geht Russland einen ungewöhnlichen Weg. Vor 150 Jahren hat das Zarenreich seinen Osten mit Siedlern erschlossen - wie auf der anderen Seite des Pazifiks die USA ihren Wilden Westen. Seit neuestem darf jeder Russe in Fernost einen Hektar Land fünf Jahre kostenlos nutzen. Er kann Gemüse anbauen, Vieh züchten oder Touristen beherbergen. "Das Ein-Hektar-Gesetz ist eine Revolution", sagt Trutnew. Versprochen ist eine unbürokratische Abwicklung, doch noch ist das Interesse an den fußballfeldgroßen Parzellen gering.

Der große Partner wie Widersacher Russlands in der Region ist China. Im Streit mit dem Westen wegen der Ukraine kündigte Putin eine historische Kehrtwende nach Osten an. Symbol dafür war 2014 ein 30-jähriger Gasliefervertrag mit China, ein Geschäft über etwa 350 Milliarden Euro. Später wurde das Volumen noch einmal aufgestockt. Russland will unabhängiger von westeuropäischen Gaskunden werden. Eine neue Gaspipeline "Sila Sibiri" (Kraft Sibiriens) nach China ist im Bau, doch das Projekt geht langsamer voran als geplant. Der bilaterale Handel ist nach statistischen Angaben in den vergangenen zwei Jahren geschrumpft. Auch sind die Chinesen vorsichtiger mit Investitionen in Russland als erhofft. Und wo sie doch investieren wie in einem riesigen Agrarprojekt hinter dem Baikalsee, da werden in Russland rasch Befürchtungen vor einer chinesischen Landnahme laut. Politisch will Moskau den Einfluss des rasch aufstrebenden Nachbarn ohnehin nicht zu groß werden lassen.

Quelle: ntv.de, Friedemann Kohler, dpa

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