Wirtschaft

Ernste Zweifel am Aufschwung ZEW-Index bricht ein

Während sich Politik und Wirtschaftsverbände gegenseitig zum robusten Aufschwung beglückwunschen, bekommt die sommerliche Partylaune erste Risse: Beim Blick in die nahe Zukunft scheint vielen Ökonomen das Lächeln auf den Lippen zu gefrieren.

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(Foto: REUTERS)

Nach dem stürmischen Wachstum im Frühjahr erwarten Börsenprofis eine Abkühlung der deutschen Konjunktur. Dies signalisiert das ZEW-Barometer für die Aussichten in den kommenden sechs Monaten, das im August überraschend deutlich auf 14 von 21,2 Punkten sank. Es war der vierte Rückgang in Folge auf das niedrigste Niveau seit April 2009. "Der Rückgang des Indikators deutet nun darauf hin, dass das enorme Wachstum des zweiten Quartals nicht aufrecht erhalten werden kann", sagte der Wirtschaftsweise und ZEW-Präsident Wolfgang Franz. Dennoch betonen Experten, dass der Aufschwung intakt sei und im laufenden Jahr für drei Prozent oder mehr Wachstum sorgen werde.

Im Frühjahrsquartal hatte die deutsche Wirtschaft überraschend kräftig zugelegt: Das Wachstum von 2,2 Prozent zum Winter war das stärkste seit rund zwei Jahrzehnten. Die Komponente der Lagebeurteilung des ZEW-Barometers spiegelt dies genau wider: Die knapp 300 vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung befragten Investoren und Analysten bewerteten die Situation im August wie in den vergangenen eineinviertel Jahren besser als im Vormonat. Diese Teilkomponente kletterte um 29,7 auf 44,3 Punkte und damit so stark wie nie seit Beginn der Umfrage 1991. Experten hatten hier nur einen Anstieg auf 23 Zähler von 14,6 vorausgesagt.

Aufschwung noch nicht am Gipfel

Hochstapeln gehört wieder zum Alltag: Im Hamburger Hafen wuchs der Containerumschlag im Juni im Jahresvergleich um 16,5 Prozent.

Hochstapeln gehört wieder zum Alltag: Im Hamburger Hafen wuchs der Containerumschlag im Juni im Jahresvergleich um 16,5 Prozent.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Höhepunkt des Aufschwungs ist zwar noch nicht erreicht, da sich die wirtschaftliche Aktivität weiter fortsetzen wird, wenn auch verlangsamt, wie ZEW-Experte Peter Westerheide betont. Bei den Wachstumsraten hingegen sei im zweiten Quartal wohl der Gipfel erklommen. Dies sieht Commerzbanker Ralph Solveen ähnlich: "Die deutsche Wirtschaft boomt, und immer weniger glauben, dass das zuletzt vorgelegte Tempo gehalten werden kann." Der ZEW-Indikator sei kein Vorbote für das Ende der Aufwärtsbewegung, sondern für die allgemein erwartete Abkühlung. Solveen rechnet mit einer Rückkehr "zu normalen Wachstumsraten".

ZEW-Präsident Franz erklärte, den befragten Finanzmarktexperten sei "die Wachstumseuphorie einzelner Branchen offensichtlich nicht ganz geheuer". Wegen der Exportabhängigkeit sei das größte Risiko für die deutsche Konjunktur eine schwache Entwicklung wichtiger Außenhandelspartner wie den anderen Euroländern und den USA.

Dennoch rechnen Ökonomen für das Gesamtjahr 2010 mit einem Anstieg der Wirtschaftsleistung von drei Prozent und mehr. Nach Einschätzung vom Wirtschaftsministerium werden die Verbraucher bis zum Jahresende mit ihren Ausgaben die Erholung ankurbeln. Die gute Lage am Arbeitsmarkt, das ruhige Preisklima sowie die von der Regierung eingeleiteten Entlastungen dürften sich positiv auf die verfügbaren Einkommen auswirken, erklärte das Ministerium in seinem Monatsbericht. "Die privaten Konsumausgaben sollten deshalb im Verlauf des Jahres weiter zunehmen und zum gesamtwirtschaftlichen Wachstum beitragen." Im zweiten Quartal habe der private Konsum wieder etwas zugelegt.

Anders als für Deutschland kletterte das ZEW-Barometer für die Konjunkturerwartungen in der Euro-Zone um 5,1 auf 15,8 Punkte. Die Lagekomponente verbesserte sich um 13,5 auf minus 13 Punkte.

Quelle: ntv.de, rts

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