Anleiheflut in der Euro-Zone Portugal strapaziert die Märkte
10.01.2011, 07:09 Uhr
Portugal schon allein im europäischen Haus, aber immer noch guter Dinge?
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Die EU-Staaten bitten wieder um einen Vertrauensbeweis der Märkte. Nicht nur Deutschland und Frankreich, sondern auch die Hochschuldenländer Griechenland und Portugal gehen mit Anleihen an den Start. Die Sorge, dass Portugal sich einen Bruch heben könnte, wächst. Spanien, das am meisten zu fürchten hätte, steht seinem Nachbarn moralisch bei.

Die spanische Finanzministerin Elena Salgado sicherte sich vergangene Woche noch einmal die Unterstützung der Chinesen. HIer mit dem Vize-Premier Li.
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Der Auftakt für eine enorme Emissionswelle am europäischen Aktienmarkt wurde im Kleinen bereits vergangene Woche gemacht. Pünktlich zum Ferienende vieler institutioneller Investoren geht es diese Woche im großen Stil weiter. Bislang war die Nachfrage nach Anleihen gut, ob sich das so fortsetzen wird, wird sich erst noch zeigen müssen. Bereits jetzt werden allerdings Unkenrufe laut. Die Nagelprobe für die Lage in der krisengeschüttelten Euro-Zone kommt am Mittwoch, wenn Portugal zwei Staatsanleihen emittiert. Im Angebot sind Bonds im Volumen von 1,25 Mrd. Euro.
Was droht, wenn die Bonds nicht gut ankommen, hat sich in der Vorwoche bereits angekündigt. Der Euro wird weiter absacken. Die Renditen für die Anleihen der Hochschuldenländer steigen. Brenzlig könnte das für das Krisenland Spanien werden. Statt aber nervös zu werden, zeigt sich das iberische Nachbarland gelassen und überzeugt, dass Portugal sich selbst helfen kann und trotz steigender Zinsaufschläge kein Rettungspaket brauchen wird.
"Portugal wird kein Rettungspaket brauchen", sagte die spanische Finanzministerin Elena Salgado in einem Radiointerview. In den letzten Tagen war der Zinssatz für zehnjährige Staatsanleihen Portugals auf über 7,0 Prozent gestiegen, das höchste Niveau seit Einführung des Euro. Das Schicksal Portugals ist für Spanien von besonderem Interesse, weil spanische Banken sehr stark im Nachbarland engagiert sind.
Offiziell gibt es keinen Druck
Ungeachtet entschiedener Dementis aus Berlin und Lissabon wächst informierten Kreisen zufolge zunehmend der Druck auf Portugal zur Annahme von Finanzhilfen. Vor allem Deutschland und Frankreich drängten das hoch verschuldete Land dazu, im Kampf gegen eine Ausbreitung der Euro-Schuldenkrise die Töpfe der Europäischen Union (EU) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) anzuzapfen, sagte am Vortag ein hochrangiger Vertreter der Euro-Zone. Seit Juli werde informell über Hilfen für den Fall verhandelt, dass Portugal an den Finanzmärkten noch größere Probleme bekomme. Ein Hilfspaket für Portugal könne 50 Mrd. bis 100 Mrd. Euro umfassen.
Zuvor hatte die Bundesregierung einem Bericht des "Spiegel" widersprochen, Deutschland drängen Portugal zur möglichst raschen Inanspruchnahme des Euro-Rettungsschirms. "Deutschland drängt niemanden unter den Rettungsschirm", sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums am Sonntag in Berlin. Auch Portugal wies den Bericht zurück. Der Euro-Zonen-Vertreter sagte dagegen: "Frankreich und Deutschland haben im Rahmen der Euro-Gruppe angedeutet, dass Portugal eher früher als später Hilfe beantragen sollte". Auch Finnland und die Niederlande hätten sich ähnlich geäußert.

Für den Fall, dass die Anleiheauktion am Mittwoch floppt, braucht Jose Socrates einen Plan B.
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Die weitere Entwicklung hängt dem Euro-Zonen-Vertreter zufolge davon ab, wie sich Portugal künftig an den Finanzmärkten schlägt und ob Portugals Ministerpräsident Jose Socrates seinen bisherigen Widerstand aufgibt. Zudem sei entscheidend, wie viel Druck Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy auf Portugal ausübten.
"Hysterie" um Portugal?
Mehrere Vertreter der Euro-Zone erklärten, es gebe zwar noch keine formalen Verhandlungen. Aber auf Portugal wachse der Druck innerhalb der Euro-Gruppe, die die Finanzminister der Euro-Zone vereint. Portugal habe zwar noch keine Hilfen beantragt und rein rechnerisch seien diese auch nicht nötig, sagte ein anderer Vertreter. "Aber angesichts der Hysterie einiger Marktteilnehmer könnten sie hilfreich sein."
Für Portugal waren die Finanzierungskosten an den internationalen Märkten zuletzt enorm gestiegen. Die Zinsen für zehnjährige Anleihen lagen zuletzt bei sieben Prozent. Schon jetzt könnte sich Portugal beim Rettungsfonds EFSF zu günstigeren Konditionen verschulden, nämlich mit rund sechs Prozent. Mit einer Rettung Portugals würden die Euro-Länder versuchen, eine weitere Ausbreitung der in Griechenland und Irland begonnenen Schuldenkrise zu verhindern.
Im Blick haben sie dabei vor allem Spanien, das als der nächste Wackelkandidat gilt und die Spielräume für weitere Hilfen ausreizen könnte. Bekommt Spanien kein Geld mehr vom Kapitalmarkt, ist in der Währungsunion Experten zufolge "der Teufel los". Anders als Griechenland, Irland und Portugal ist Spanien ein Schwergewicht. Das Geld im europäischen Rettungspaket würde nicht ausreichen, die Madrider Staatsfinanzen wie die von Athen oder Dublin zu stützen. Deshalb wird seit Wochen auch über eine Vergrößerung des Rettungsschirms spekuliert.
Magazin: Portugal sitzt bald auf dem Trockenen
Der "Spiegel" berichtet in seiner neuen Ausgabe, die Bundesregierung fordere das finanziell angeschlagene Portugal gemeinsam mit Frankreich dazu auf, rasch unter den Rettungsschirm zu schlüpfen. Portugal werde nicht mehr lange Kredite am Kapitalmarkt aufnehmen können, zitiert das Magazin ungenannte Experten beider Regierungen. Als Alarmsignal werde gewertet, dass Portugal in der vergangenen Woche beim Verkauf von Anleihen 3,686 Prozent Zinsen für eine halbjährige Laufzeit bieten musste. Dies ist der höchste Zinssatz, den das Land seit Einführung der Gemeinschaftswährung zu zahlen hatte.
Nach Deutschland, Frankreich und den Niederlanden testen am Dienstag Griechenland und am Mittwoch noch einmal Deutschland und Portugal den Kapitalmarkt . Auch die griechische Auktion gilt als Vertrauenstest.
Quelle: ntv.de, ddi/rts/DJ