Wirtschaft

Kratzer in der Aufschwungsstory Industrie vermisst Aufträge

Die Dezember-Daten zur Auftragslage in der Industrie sorgen in der deutschen Wirtschaft für lange Gesichter: Mitten im schönen deutschen Aufschwung schimmert plötzlich ein hässlicher Kratzer. Haben die Unternehmen zu früh neue Mitarbeiter eingestellt? Analysten winken ab.

Seltene Einigkeit zwischen Wirtschaftsministerium und Analystenriege: "Großaufträge gibt es eben nicht alle Tage".

Seltene Einigkeit zwischen Wirtschaftsministerium und Analystenriege: "Großaufträge gibt es eben nicht alle Tage".

(Foto: picture alliance / dpa)

Die deutsche Industrie hat zum Jahresausklang 2010 einen überraschend großen Dämpfer beim Neugeschäft erlitten, setzt ihre Erholung aber fort. Die Firmen sammelten im Dezember 3,4 Prozent weniger Aufträge ein als im Vormonat, teilte das Bundeswirtschaftsministerium mit. Fachleute hatten im Schnitt nur mit minus 1,5 Prozent gerechnet. Allerdings hatte es mit 5,2 Prozent auch das stärkste Plus seit knapp zwei Jahren gegeben.

Im Dezember gab es weniger Großaufträge als üblich, zudem sank die Nachfrage nach Investitionsgütern. Dennoch äußerte sich das Ministerium positiv: "Die Auftragsentwicklung bleibt klar aufwärtsgerichtet und fällt im Schlussquartal dynamischer aus als noch im dritten Jahresviertel."

Die Auftragsdaten stellen ein wichtiges Stimmungsbarometer für den Schlüsselzweig Industrie dar. Die monatlichen Daten sind allerdings sehr schwankungsanfällig.

Reichlich neue Arbeitskräfte

Im aussagekräftigeren Zweimonatsvergleich November/Dezember zu September/Oktober liegt das Auftragsplus saisonbereinigt bei 4,4 Prozent und belegt die positive Tendenz. Zuletzt hatten auch die am Finanzmarkt viel beachteten Umfragen zum Einkaufsmanagerindex gezeigt, dass die heimische Industrie im Januar einen glänzenden Start ins neue Jahr hingelegt hat.

Dank eines guten Auftragspolsters stockten die Betriebe ihr Personal so stark auf wie seit mindestens 15 Jahren nicht. Im Dezember allerdings mussten die Unternehmen einen Rückgang der Auslandsnachfrage um 4,2 Prozent hinnehmen, die Inlandsorders sanken um 2,4 Prozent.

Hersteller von Maschinen und Anlagen oder anderen Investitionsgütern verzeichneten mit 6,6 Prozent das größte Auftragsminus. Hersteller von Konsumgütern sammelten 0,1 Prozent weniger Bestellungen ein als im Monat zuvor.

Einzig Produzenten von Vorleistungsgütern wie Chemikalien verbuchten ein Auftragsplus von 0,6 Prozent. Diese Sparte profitierte den Angaben zufolge stärker von Großaufträgen. Die Industrie hatte 2009 stark unter der weltweiten Rezession gelitten, war 2010 aber Wachstumstreiber bei der konjunkturellen Aufholjagd.

Analysten reagieren gelassen

Die scheinbar unvermittelte Dezemberschwäche löste unter Volkswirten keine großen Sorgen aus. "Die Dezember-Daten zum Auftragseingang geben trotz des Rückgangs keinen Anlass zur Beunruhigung: Angesichts der großen Zahl von Großaufträgen im November musste es im Folgemonat ja einen gewissen Rückprall geben", kommentierte zum Beispiel Andreas Scheuerle von der Dekabank die Daten.

Da die Orders im Zeitraum von Oktober bis Dezember zum Vorquartal um rund 2,3 Prozent zugelegt haben dürften, geht Scheuerle davon aus, dass weiter ordentlich Aufträge in die Bücher der deutschen Unternehmen einlaufen. Das Tempo der wirtschaftlichen Erholung sei zwar gesunken, die Erholung sei aber intakt.

Riefer: "Minus bereits erwartet"

Auch Fabienne Riefer von der Postbank bemühte sich um eine Einordnung der Momentaufnahme aus dem Dezember in einen größeren Rahmen. "Ein recht deutliches Minus war wegen der positiven November-Zahlen erwartet worden", sagte die Postbank-Analystin.

"Es war nur die Frage, wie groß dieser Rückpralleffekt wird. Die Nachfrage von außerhalb der Euro-Zone ist weiter eine große Säule der Erholung, auch die inländische Nachfrage bleibt tendenziell gut." Die Richtung zeige nach oben, sagte Riefer. Allerdings schwächele die Nachfrage aus einigen Euro-Zonenländern. Dies sei aber angesichts der Schuldenkrise und ihrer Ursachen "kein Wunder".

Wie ihr Kollege bei der Dekabank glaubt auch Riefer daran, dass der Aufwärtstrend in der deutschen Industrie ungebrochen sei. "Der harte Winter dürfte aber die Produktion im Dezember gebremst haben", schätzte die Analystin.

Rondorf: "Kein Katastrophe"

Ähnlich äußerte sich Ulrike Rondorf von der Commerzbank. "Der Rückgang ist keine Katastrophe - Großaufträge gibt es eben nicht jeden Tag. Der Aufwärtstrend ist weiter intakt. Wir haben im Oktober und November auch wegen vieler Großaufträge eine dynamische Aufwärtsbewegung gesehen, die nun leicht korrigiert wird."

Der positive Trend dürfte sich fortsetzen, erklärte Analystin Rondorf. "Die Auftragseingänge waren stark, das wird nun nach und nach abgearbeitet. Die guten Stimmungsindikatoren deuten darauf hin, dass der Aufschwung ungebremst weitergeht."

Quelle: ntv.de, rts

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