Wirtschaft

"Der Punkt geht an Trichet" EZB steht auf der Gewinnerseite

Die EZB geht nicht ins Risiko, so wie es Trichet von Anfang an wollte.

Die EZB geht nicht ins Risiko, so wie es Trichet von Anfang an wollte.

(Foto: dpa)

In den Rettungsverhandlungen für Griechenland hatte EZB-Präsident Trichet stets vor den Folgen einer "wirklichen Umschuldung" gewarnt und Parallelen zur Lehman-Pleite gezogen. Auch wenn sich Trichet scheinbar politisch beugen musste, macht er für die Europäische Zentralbank ein glänzendes Geschäft.

Auf den ersten Blick sieht EZB-Präsident Jean-Claude Trichet am Tag nach dem dramatischen für Griechenland aus wie ein Verlierer. Was hatte sich der scheidende Notenbankpräsident in den vergangenen Wochen und Monaten doch den Mund fusselig geredet. Eine Beteiligung privater Investoren an Hilfen für das klamme Mittelmeerland lehnte er aus Angst vor der Staatspleite und einem Flächenbrand wie nach der Lehman-Pleite ab. Dass Trichet dem dann am Ende zustimmen musste, sieht zwar aus wie eine harte Niederlage. Allerdings: der gewiefte Taktiker musste sich zwar dem Druck der Politik beugen, hat in Brüssel aber auf der anderen Seite viel für die Europäische Zentralbank (EZB) und seinen designierten Nachfolger Mario Draghi herausgeholt.

"Der EZB wird es bald wieder möglich sein, sich auf ihre eigentliche Aufgabe - die Geldpolitik - zu konzentrieren", urteilt Michael Schröder, der Leiter des Forschungsbereichs Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement beim Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim. Bislang waren es die Frankfurter Währungshüter, die über ihre im Mai 2010 begonnenen umstrittenen Staatsanleihenkäufe für die Politik die Kohlen aus dem Feuer holten; inzwischen hat die EZB gut 74 Milliarden Euro in den Büchern. Nun soll der Euro-Rettungsschirm EFSF diese Aufgabe übernehmen. Für Postbank-Chefökonom Marco Bargel geht der Punkt an Trichet, der eine Kernforderungen der EZB durchsetzte: "Das nimmt der EZB eine riesige Last von den Schultern." Aber sie bleibt am Hebel: die Notenbanker sollen künftig empfehlen, wann der EFSF in den Markt eingreift.

Trichet kann seinem Nachfolger Draghi ein "bestelltes Haus" überlassen.

Trichet kann seinem Nachfolger Draghi ein "bestelltes Haus" überlassen.

(Foto: REUTERS)

Ob die EZB nun ihre Anleihen der Problemländer an den EFSF abgeben wird und damit Trichet seinem Nachfolger Mario Draghi quasi ein "bestelltes Haus" überlassen kann, bleibt abzuwarten. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer hält dies immerhin für möglich: "Das würde die Scharte des vergangenen Jahres wieder auswetzen." ZEW-Experte Schröder argumentiert dagegen: "Es wäre schlecht, wenn die EZB jetzt das Signal geben würde: Nichts wie weg!" Ähnliche Stimmen sind in Notenbankkreisen zu vernehmen - selbst bei der Bundesbank, aus der die schärfsten Kritiker der Anleihekäufe kamen und kommen.

Dämpfer für die Bundesbank

Apropos Bundesbank: Deren Präsident Jens Weidmann dürfte mit dem Ergebnis des Gipfels alles andere als zufrieden sein. Er war schon vor dem Brüsseler Showdown mit der kategorischen Ablehnung jeglicher Staatsanleihenkäufe durch den Euro-Rettungsfonds EFSF weitgehend isoliert. Jetzt musste er erleben, wie wenig Einfluss er seit dem Wechsel nach Frankfurt noch hat. Immerhin war es seine Ex-Chefin, Bundeskanzlerin Angela Merkel, die gegen den Rat der Notenbank die Beteiligung von Banken und Versicherungen am Hilfspaket für Griechenland durchboxte. Für Trichet freilich dürfte die Verärgerung seines "Regionalfürsten" ein Preis sein, den er bereit war für den Kompromiss in Kauf zu nehmen.

Dem EZB-Chef ist es im Gegenzug gelungen, die Regierungen in die Pflicht zu nehmen: Sollte es bei der höchst komplizierten Umschuldung der Griechen zu einem Zahlungsausfall kommen, wird die EZB Hellas-Bonds nur deshalb als Sicherheiten weiterhin akzeptieren, weil sie bessere Garantien bekommt. Bereitstellen soll die nötigen 35 Milliarden Euro der von den Euroländern getragene Rettungsfonds EFSF - die EZB geht also nicht ins Risiko, so wie es Trichet von Anfang an wollte.

Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger war für den im Herbst aus dem Amt scheidenden Grandseigneur der europäischen Geldpolitik bei seiner wohl letzten großen Schlacht für den Euro drin. Nun geht Trichets EZB nach Ansicht von Andrew Bosomworth, dem Leiter des Portfoliomanagements beim zum Allianz-Konzern gehörenden weltgrößten Staatsanleihenhändlers Pimco, gestärkt aus dem Ringen mit der Politik hervor: "Wenn Trichet an Draghi übergibt, dann hat der die Chance die Präsidentschaft in einer EZB zu übernehmen, die in einem besseren Zustand ist und ohne sofort wieder zum Krisenmanagement gezwungen zu sein."

Quelle: ntv.de, Andreas Framke/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen