Wirtschaft

Deutsche Solarbranche zittert Solon-Pleite erst der Anfang

Deutschlands Solarbranche, einst Pionier und Vorreiter, steckt in einer Krise.

Deutschlands Solarbranche, einst Pionier und Vorreiter, steckt in einer Krise.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ein "Pionier der Solarindustrie" ist pleite und die ganze deutsche Branche ist in Aufruhr. An der Frankfurter Börse reagieren die Anleger mit Verkäufen, die Kurse von Solon, Q-Cells und Co. fallen. Analysten sprechen bereits vom Beginn einer Marktbereinigung - an der die Politik nicht ganz schuldlos ist.

Die Revolution frisst ihre Kinder: Viele hatten es schon erwartet, trotzdem schlug die Nachricht von der Insolvenz des Solarunternehmens Solon an der Frankfurter Börse ein wie eine Bombe. Mit den Berlinern geht das erste der einstigen deutschen Vorzeigeunternehmen der Photovoltaikbranche pleite. Experten erwarten weitere Insolvenzen. Vor allem um die ehemaligen Solarstars Q-Cells und Conergy sorgen sie sich. Alle Firmen kämpfen mit wegbrechenden Märkten, starkem Preisdruck und einer heftigen Billigkonkurrenz aus China. Dazu baut die Bundesregierung Druck auf.

Die Aktie von Solon brach zeitweise um mehr als 60 Prozent ein, und schloss am Ende 46 Prozent tiefer. Die Finanzierung war bei dem 1997 gegründeten Unternehmen schon oft problematisch, 2010 erhielt es eine Bürgschaft über 146 Mio. Euro vom Bund und den Ländern Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Doch jetzt stand den Berlinern das Wasser bis zum Hals: Solon konnte sich mit Banken, Bürgen und Investoren trotz intensiver Gespräche nicht auf eine Restrukturierung seines verlustreichen Geschäfts einigen. Es blieb nur der Gang in die Insolvenz. Für gut 800 Mitarbeiter ist die Zukunft ungewiss.

"Pionier der Solarindustrie"

Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW), Carsten Körnig, sagte, der Verband bedauere "die Insolvenz eines Pioniers der Solarindustrie".

Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) sah in ihrem im März dieses Jahres veröffentlichten "Schwarzbuch Börse 2010" die Lage bei Solon schon äußerst kritisch. Das Unternehmen habe seine Bankkredite neu verhandeln und dafür eine Staatsbürgschaft zur Hilfe nehmen müssen - "sonst wären sie wohl heute schon insolvent", schrieb die SdK damals.

Fakt ist damit: Die Solarbranche in Deutschland kriselt seit längerem. Der Preisverfall für Solarmodule, die Kürzung der staatlichen Solarförderung und vor allem die billige Konkurrenz aus China machen dem Sektor Schwierigkeiten. 2010 hatte bereits die Firma Systaic aus Düsseldorf Insolvenz angemeldet.

Wie geht's Q-Cells?

Experten wie die Commerzbank-Analystin Lauren Licuanan blicken mit Sorge auf den Fall und seine möglichen Auswirkungen. Weitere negative Nachrichten aus der Branche, wie etwa Produktionskürzungen wichtiger Zulieferer mit einbezogen, legt die Solon-Pleite für sie nahe: "Das könnte der wahre Anfang der Marktbereinigung sein. Wir machen uns auch Sorgen um Q-Cells."

Die Aktien des Unternehmens aus Bitterfeld-Wolfen - ohnehin schon seit Monaten ein sogenannter Penny-Stock mit Kursen von unter 1 Euro - brachen zeitweise um mehr als 5 Prozent ein, schlossen aber am Ende leicht fester. Solon war ein wichtiger Abnehmer von Q-Cells-Zellen. Die Nachricht kommt für das Unternehmen, das unter anderem mit der Rückzahlung einer 200 Mio. Euro schweren Wandelschuldverschreibung kämpft, zur Unzeit.

China ist am Drücker

Für Martina Ecker, CleanTech-Expertin der Investmentbank Jefferies, stellt sich die Frage, wann auch auf globaler Ebene eine wirkliche Marktbereinigung beginnt. Denn während sich in den USA auch schon die Pleiten häufen, halten sich die chinesischen Produzenten trotz belastender Überkapazitäten wacker - dank einer üppigen staatlichen Förderung. "Es hängt von der chinesischen Regierung ab und wie lange sie noch bereit ist, die Unternehmen zu finanzieren". sagt Ecker. Ein Ende dieser Förder-Praxis ist ihrer Meinung nach nur eine Frage der Zeit.

Solarbranche in Politik-Falle

Die Deckelung der Solarförderung auf 1000 Megawatt pro Jahr, wie aus den Reihen von Union und FDP gefordert, stößt nun erneut auf herbe Kritik aus der Opposition. "Die Politik des Bundeswirtschaftsministeriums ist vollkommen unverantwortlich. Auf der einen Seite gab das Ministerium Bürgschaften für Solon und auf der anderen Seite lässt Minister (Philipp) Rösler (FDP) keine Gelegenheit aus, gegen die Solarenergie in Deutschland zu schießen", sagte der Grünen-Politiker Hans-Josef Fell, einer der Erfinder des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Die Folge seien verunsicherte Geldgeber, Insolvenzen und im Falle von Solon fällige Bürgschaften für den Staat.

Rösler bekräftigte derweil seine Kürzungspläne bei der Solarförderung. Die Hälfte der Förderung der erneuerbaren Energien falle derzeit für Fotovoltaik an, obwohl ihr Anteil an der Energieproduktion nur drei Prozent betrage, sagte der Minister der Online-Ausgabe der "Passauer Neuen Presse". "Das ist wirtschaftlich nicht sinnvoll."

Wer den Solarstrom in Frage stelle, "gefährdet die Energiewende und eine der wichtigsten Zukunftsbranchen Deutschlands", kritisierte BSW-Hauptgeschäftsführer Körnig die Pläne. "Solarenergie kann nicht länger als Buhmann für steigende Strompreise herhalten." Jüngste Berechnungen hätten bestätigt, dass sich aufgrund von Kostensenkungs- und Technologieerfolgen selbst bei ambitioniertem weiterem Ausbau die Förderkosten stabilisierten.

Die Regierungskoalition diskutiert derzeit eine Begrenzung für den Zubau von Solaranlagen: Demnach sollen nur noch Anlagen mit einer Gesamtleistung von einem Gigawatt pro Jahr gefördert werden. 2010 hatte der Zuwachs der installierten Fotovoltaik-Leistung 7,4 Gigawatt betragen, für 2011 rechnen die Betreiber der Strom-Übertragungsnetze mit einem Plus von 6,5 Gigawatt.

Quelle: ntv.de, bad/dpa/AFP

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