Erste Bankbilanz an der Wall Street JP Morgan enthüllt Rekord
13.01.2012, 16:10 Uhr
Logo der Bank in Manhattan: 342.000 Dollar Bonus im Durchschnitt.
(Foto: AP)
Die US-Großbank JP Morgan Chase fährt 2011 einen Rekordgewinn von 19 Mrd. Dollar ein. Umgerechnet sind das knapp 15 Mrd. Euro. Beim Umsatz gibt es allerdings Anzeichen der Schwäche. Analysten schauen sich die Zahlen genauer an - und reagieren enttäuscht.
Die Bilanzsaison an der Wall Street beginnt mit einem gemischten Bild: Zwar hat JP Morgan Chase im vergangenen Jahr so viel Geld verdient wie noch nie. Doch die Probleme der Schuldenkrise sind unübersehbar.
In der Bilanz für 2011 steht unter dem Strich ein Rekordgewinn von 19 Mrd. Dollar (14,9 Mrd. Euro), was einem Zuwachs von 9 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Der Umsatz ging allerdings um 5 Prozent auf 97,2 Mrd. Dollar zurück, wie die Bank mitteilte. Analysten hatten mit knapp 100 Mrd. Dollar Umsatz gerechnet.
Vor allem das vierte Quartal 2011 lief "ziemlich enttäuschend", wie Bankchef Jamie Dimon erklärte. In den letzten drei Monaten des vergangenen Jahres fiel der Gewinn gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 23 Prozent auf 3,7 Mrd. Dollar, der Umsatz um 18 Prozent auf 21,5 Mrd. Dollar. Grund seien vor allem weniger Einnahmen durch das Investmentgeschäft gewesen.
Damit zehrte das Wall-Street-Institut insgesamt vor allem von den guten Geschäften zu Jahresbeginn. In der zweiten Jahreshälfte hinterließen die Schuldenkrise und die sich abkühlende Weltwirtschaft ihre Spuren in der Bilanz des Branchenprimus.
JPMorgan-Chef Dimon stellte die Gesamtjahreszahlen in den Vordergrund. "Ich bin stolz auf die Arbeit unserer 260.000 Mitarbeiter", erklärte er mit Blick auf den Rekordgewinn. JPMorgan hatte vom Niedergang so manches Konkurrenten profitiert und vor allem das Privatkundengeschäft mit neuen Filialen ausgebaut. Die Zahl der Beschäftigten kletterte um 8 Prozent.
Dagegen schrumpfte die Anzahl der echten Investmentbanker leicht von 26.300 auf 26.000. Beobachtern zufolge spiegelt das die neue Realität in der Bankenwelt wider: Das lange Zeit hochprofitable Geschäft rund um die Finanzmärkte läuft seit dem Hochkochen der Schuldenkrise schleppender. Der Gewinn in der Sparte halbierte sich im Schlussquartal und ließ auch den Konzerngewinn am Jahresende um fast ein Viertel auf die bereits erwähnten 3,7 Mrd. Dollar schrumpfen.
Boni-Schwund als Maßstab
Die Gewinne sagen aber nur die halbe Wahrheit. Zahlreiche legale Buchungstricks hatten die Bilanzen der Banken im vergangenen Jahr aufgehübscht. Die Experten schauen deshalb auf die Erträge der Bank, also die reinen Einnahmen. Und die sind bei JPMorgan auch im Gesamtjahr um 5 Prozent auf rund 100 Mrd. Dollar zurückgegangen. Im Schlussquartal fielen sie sogar um 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Einen derartigen Rückgang bekommen die Investmentbanker auf ihrem eigenen Konto zu spüren, weil sich ein großer Teil ihres Gehalts am Erfolg oder Misserfolg ihres Arbeitgebers bemisst - die in der Öffentlichkeit so oft kritisierten Boni. Die Finanzjongleure bekamen fürs vergangene Jahr im Schnitt rund 342.000 Dollar nach 370.000 Dollar im Jahr 2010. Der Rekordgewinn kommt bei Ihnen also nicht an. Die Aktie verlor vorbörslich und zum Handelsstart kräftig.
Ungute Vorzeichen
JPMorgan ist die erste US-Großbank, die ihre Bilanz fürs Gesamtjahr veröffentlicht hat. Dass die Schuldenkrise auch sie so deutlich trifft, ist ein schlechtes Vorzeichen: Kein anderes Haus an der Wall Street gilt als derart krisenfest - und auch weltweit gibt es nur eine Handvoll Banken, die sich mit JPMorgan messen können. Selbst in der Finanzkrise schrieb die Bank gute Gewinne.
Am Dienstag kommender Woche legen nun Wells Fargo und die Citigroup ihre Zahlen vor, am Mittwoch Goldman Sachs und am Donnerstag schließlich die Bank of America und Morgan Stanley. In Europa beginnt die sogenannte Bilanzsaison etwas später. Die Deutsche Bank ist am 2. Februar an der Reihe. Mit der Mischung aus Investmentbanking und Privatkundengeschäft gilt JPMorgan als Vorbild für die Deutsche Bank.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa