Jahrelange Verluste Schlecker ist insolvent
20.01.2012, 14:23 UhrDeutschlands größte Drogeriekette Schlecker steht vor der Pleite. Das Geld reicht nicht mehr für den groß angelegten Umbau, der den seit Jahren defizitären Branchenriesen mit seinen 8000 Filialen retten soll. Schlecker sieht keinen anderen Ausweg mehr als die Planinsolvenz. Das Unternehmen hofft, sich unter Gläubgerschutz sanieren zu können.
Die größte deutsche Drogeriekette Schlecker ist pleite. Eine Zwischenfinanzierung für die anstehende Sanierung sei gescheitert, teilte das Unternehmen mit. Der Antrag auf geplante Insolvenz werde kurzfristig eingereicht, um damit unter Gläubigerschutz den laufenden Unternehmensumbau voranzutreiben. Ziel sei der Erhalt eines großen Teils des Filialnetzes und damit auch der Arbeitsplätze. Der Geschäftsbetrieb werde unverändert weiterlaufen. Die Zahlung der Gehälter für die Mitarbeiter sei über das Insolvenzausfall-Geld gesichert.
Der Insolvenzantrag sei ein "schwerer und notwendiger Schritt", teilte das Unternehmen weiter mit. Der Antrag werde direkt mit einem Vorschlag für die Unternehmenssanierung verbunden. Folgten die Gläubiger dem Plan, könne die alte Geschäftsführung unter Begleitung des Insolvenzverwalters im Amt bleiben.
Die Gewerkschaft Verdi machte Firmenpatriarch Anton Schlecker persönlich für das Schicksal der Beschäftigten verantwortlich. "Eigentum verpflichtet", sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger.
In den roten Zahlen
Schlecker schreibt seit 2008 Verluste und hatte in den vergangenen eineinhalb Jahren hunderte Filialen in Deutschland geschlossen - und andere modernisiert. Allein im ersten Quartal 2012 stünden rund 600 unrentable Läden auf der Kippe, hatte es zuletzt im Schlecker-Umfeld geheißen. Konkurrenten wie dm oder Rossmann hatten Schlecker mit seinem Billig-Image und den vielfach verwinkelten, mit wenig Personal besetzten Filialen immer stärkere Konkurrenz gemacht. Zuletzt hieß es, der frühere Edeka-Chef Alfons Frenk solle neue Geldgeber suchen, die denUmbau finanzieren sollten. Doch Finanzinvestoren zögerten.
Zuletzt hatte Schlecker noch rund 7000 Läden in Deutschland und etwa 3000 weitere in Österreich, Spanien, Frankreich, Italien, Tschechien, Polen und Portugal. Im Wettbewerb hatten die Konkurrenten dm und Rossmann zuletzt aufgeholt. Die Mitarbeiterzahl lag Ende 2011 bei über 30.000 in Deutschland und weiteren rund 17.000 im Ausland.
Neuanfang endet mit Pleite
Der Firmengründer Anton Schlecker hatte 1965 den ersten Selbstbedienungsladen eröffnet. Ab 1974 setzte Schlecker dann auf den Discount-Markt - bereits 1977 betrieb er 100 solcher Läden. 1984 waren es bereits über 1000, 1987 folgte die Expansion ins Ausland. Zugleich geriet das Unternehmen immer wieder wegen der Arbeitsbedingungen und der niedrigen Löhne mit der Gewerkschaft Verdi in Konflikt.
Anton Schleckers Kinder Lars und Meike übernahmen 2010 die Führung. Ein Jahr später verkündeten sie, die Kette neu erfinden zu wollen - denn "niedrige Preise bei Drogerieartikeln findet der Kunde heute überall". Nun wolle Schlecker dafür sorgen, "dass unsere Kunden sich bei uns wohlfühlen", neu gestaltete Filialen sollten her. Doch die Berichte über finanzielle Schwierigkeiten häuften sich.
Der Vorsitzende des Verbandes der Insolvenzverwalter (VID), Christoph Niering, sieht hausgemachte Strukturprobleme als Grund für die Schieflage. "Andere Drogerieketten stehen viel besser da und gewinnen Marktanteile." Eine Sanierung halte er für schwierig. "Schlecker hat ein dramatisches Imageproblem, gleichzeitig gibt es starke Konkurrenten", sagte Niering. Die Insolvenz verschaffe dem Unternehmen aber erst einmal Luft.
Zu kleine Orte, zu wenig Kunden
In der Handelsbranche wurde die Nachricht wenig überrascht aufgenommen. "Auf dem Drogeriemarkt herrscht ein harter Wettbewerb. Schlecker hat schon seit langem restrukturiert, aber offensichtlich nicht erfolgreich", sagte ein Handelsexperte, der nicht genannt werden wollte. Schlecker unterscheide sich von den Hauptkonkurrenten Rossmann und dm durch seine schiere Größe. Schlecker sei sogar in kleinen Orten vertreten, während sich die Wettbewerber auf zentrale Lagen konzentrierten. "Die haben dann eine ganz andere Kundenfrequenz", erläuterte er. Außerdem leide Schlecker unter den Negativ-Schlagzeilen. "Der Umgang mit den Mitarbeitern kam in der Öffentlichkeit nicht gut an."
Quelle: ntv.de, jga/dpa