Wirtschaft

Fed legt erste Zinsprognose vor Ein Orakel spricht Klartext

Fed-Chef Ben Bernanke.

Fed-Chef Ben Bernanke.

(Foto: REUTERS)

So viel Transparenz war nie: Die US-Notenbank Fed will sich künftig stärker in die Karten schauen lassen und konkrete Zahlenspiele über die künftige Zinspolitik veröffentlichen. Dennoch haben Goldwaagen in Washington nicht ausgedient, denn auch Prognosen wollen interpretiert werden.

Für Alan Greenspan ist es mit Sicherheit ein Graus: sein Nachfolger als Chef der US-Notenbank, Ben Bernanke, setzt seine Kommunikationsoffensive auch 2012 fort. Zum ersten Mal in ihrer fast 100-jährigen Geschichte wird die Federal Reserve (Fed) in der kommenden Woche Prognosen der künftigen Zinsentwicklung in den USA veröffentlichen und darüber hinaus auch ganz konkrete Gedankenspiele ihres Top-Personals, wann mit einer Zinsänderung zu rechnen sein könnte.

Das ist abermals ein historischer Schritt, nachdem Bernanke schon im Frühjahr 2011 Pressekonferenzen im Anschluss an Zinsentscheidungen des Offenmarktausschusses einführte - ein absolutes Novum bei der Fed. Noch vor ein paar Jahren unter Greenspan, bekannt für seine bewusst vage und unverständlich gehaltenen Äußerungen zur US-Geldpolitik, wäre so viel Offenheit undenkbar gewesen.

Alles wie gehabt

Was steht am Mittwoch also in Washington konkret auf dem Programm? "Die Fed wird ihren Leitzinskorridor bei 0 bis 0,25 Prozent bestätigen. Sie dürfte keine zusätzlichen Anleihekäufe ankündigen, an der Politik der Reinvestition fälliger Anleihen aber ohne Abstriche festhalten", erwartet Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner. Soweit business as usual.

Doch dann kommt das entscheidende Detail und das hängt direkt mit Bernankes neuer Offenheit zusammen: "Der bisher für die Steuerung der Markterwartungen entscheidende Satz - die Erwartung extrem niedriger Zinsen bis 'mindestens Mitte 2013' - wird entfallen", prognostiziert der Experte. Diese Formel ist wegen der neuen Zinsprognosen nämlich nicht mehr notwendig. Die im Sommer für viele überraschend eingegangene "Selbstbindung"der Fed hinsichtlich ihrer weiteren Zinspolitik wäre passé.

Doch wer glaubt, die Fed könnte befreit von der Fessel der eigenen Sprachregelung angesichts zuletzt relativ passabler Konjunkturdaten und einer leichten Erholung am Arbeitsmarkt nun eventuell vor Mitte 2013 an der Zinsschraube drehen, wird eine herbe Enttäuschung erleben: das Gegenteil dürfte der Fall sein, prognostiziert jedenfalls das Gros der Experten. "Wir denken, dass der erwartete Zeitpunkt einer ersten Erhöhung des Federal Funds Rate sogar noch später liegen wird als Mitte 2013", schreibt etwa Troy Davig in einem Strategie-Papier für Barclays Capital.

Wer, wie, was?

Die Journalisten in der US-Kapitale werden am Mittwochabend deutscher Zeit genügend Gelegenheit haben, Bernanke zu löchern, wie die Prognosen der einzelnen FOMC-Mitglieder zu deuten sind. Bernanke wird ihnen bei der ersten von vier Pressekonferenzen in diesem Jahr Rede und Antwort stehen. Mit Sicherheit wird bei dieser Gelegenheit auch die Frage nach den langfristigen Zielen der Fed eine große Rolle spielen. Es ist unklar, ob sich der Fed-Chef bereits dieses Mal noch weiter aus dem Fenster lehnt und auch ein konkretes Inflationsziel benennt, wie es andere Zentralbanken wie die Bank of England oder die Europäische Zentralbank längst haben. Es wäre abermals ein echtes Novum für die Fed.

Breiten Raum einnehmen dürfte auch wieder die Frage nach einer akuten Ansteckungsgefahr durch die Euro-Schuldenkrise und natürlich nach der jüngst vom Internationalen Währungsfonds geforderten Aufstockung seiner Feuerkraft auf bis zu eine Billion Dollar. Die USA, größter Einzahler in den Fonds, und die beiden großen Schwellenländer Brasilien und China hatten IWF-Chefin Christine Lagarde abblitzen lassen. Zunächst sollten die Europäer selbst ihre Zusagen an den Fonds erhöhen. Auch Bernanke hat wiederholt erklärt, Europa müsse sich alleine helfen.

Quelle: ntv.de, Andreas Framke, rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen