Wirtschaft

Zustimmung 75, 85 oder 90 Prozent? Griechenland kann umschulden

Griechenland nimmt nächste Hürde auf dem Weg zu neuen Milliardenhilfen.

Griechenland nimmt nächste Hürde auf dem Weg zu neuen Milliardenhilfen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Zustimmungsfrist für die freiwillige Beteiligung von Investoren am griechischen Schuldenschnitt ist abgelaufen. Mindestens 75 Prozent der privaten Gläubiger nehmen einem Regierungssprecher zufolge teil. Sie verzichten damit auf Forderungen in Milliardenhöhe. In Medien und Kreisen kursieren sogar Werte von 85 bis 90 Prozent Zustimmung. Aber noch gibt es Hürden.

Im monatelange Schuldendrama um Griechenland zeichnet sich ein Silberstreif am Horizont ab. Nach dem Ablauf der Frist für den angestrebten Forderungsverzicht der privaten Investoren deuten Stimmen aus dem Regierungsumfeld in Athen auf einen Erfolg der Multi-Milliarden-Operation hin. "Wir haben gerade die 75 Prozent übertroffen und es geht weiter nach oben", sagte ein Mitarbeiter des griechischen Finanzministers Evangelos Venizelos. Er zeigte sich optimistisch, dass auch noch 80 Prozent erreicht werden könnten.

Laut Medienberichten soll Athen bei der Beteiligung der privaten Gläubiger am Schuldenschnitt sogar die 90-Prozent-Hürde genommen haben. Der allgemein gut informierte griechische Nachrichtensender Skai berichtete, zum Schuldenschnitt hätten sich Halter von Anleihen im Wert von 195 Mrd. Euro bereiterklärt. Insgesamt geht es bei dem Umtausch um ein Anleihevolumen von 206 Mrd. Euro. Der Sender nannte seine Quellen aber nicht. Kreise wiederum berichteten von "über 85 Prozent".

Die griechische Regierung wird das Ergebnis des Umschuldungsangebots an private Gläubiger am Freitag um 7.00 Uhr (MEZ) offiziell veröffentlichen. Wie die Regierung mitgeteilt hat, erfolgt die Veröffentlichung über die Website www.greekbonds.gr. Über das weitere Vorgehen soll dann bei der Telefonkonferenz der Euro-Finanzminister entschieden werden, die gegen 14.00 Uhr (MEZ) beginnen soll. Dies sagte ein EU-Beamter.

Jenseits der 75-Prozent-Marke könnte allerdings Athen eine andere Karte ziehen. Per Gesetz wurde bereits die Möglichkeit geschaffen, mit nachträglichen Umschuldungsklauseln ("Collective Action Clauses", CAC) einen Schuldenschnitt auch gegen den Willen von Anlegern zu erzwingen. In Athen wird damit gerechnet, dass die Regierung diese Option nach Rücksprache mit seinen internationalen Geldgebern nutzt.

Alle Augen auf die ISDA

Allerdings ist noch ungeklärt, wie der Derivateverband International Swaps and Derivatives Association (ISDA) den Vorgang einschätzt. Der Verband entscheidet, ob es sich um ein Kreditereignis handelt, dass die Kreditausfallversicherungen auslöst. Bei einer Teilnahmequote von knapp unter 90 Prozent dürften CAC-Klauseln zum Zuge kommen, je nach Standpunkt käme das einer Zwangsumschuldung gleich.

Die Anleger am Aktienmarkt scheinen eine Vorentscheidung bereits getroffen zu haben. An den Börsen preisen Investoren das Gelingen des bislang weltgrößten Angebots zu einem Forderungsverzicht ein. Der Dax schloss deutlich fester.

Euro-Finanzminister telefonieren

Die Euro-Finanzminister wollen sich in einer Telefonkonferenz mit den Ergebnissen des griechischen Anleihetausch-Angebots beschäftigen. Auf der Tagesordnung am Freitag steht auch die endgültige Freigabe des Anfang März grundsätzlich beschlossenen 130-Milliarden-Hilfspakets für Griechenland. Voraussetzung dafür ist, dass der Schuldenschnitt zustande kommt.

Das Land hängt bereits seit 2010 am internationalen Finanztropf und hatte damals Hilfszusagen von 110 Mrd. Euro bekommen. Bald danach zeigte sich aber, dass diese Kredite nicht ausreichen, um Griechenland dauerhaft vor der Pleite zu bewahren.

Ausgangspunkt für den im Detail äußerst komplizierten Schuldenschnitt ist ein Anleihevolumen von 206 Mrd. Euro. Die Grundsatzvereinbarung mit den Banken sieht einen Forderungsverzicht von 53,5 Prozent vor. Der griechische Schuldenberg würde also im Optimalfall um mehr als 100 Mrd. Euro gestutzt. Anleger sollen, so das Angebot, im Tausch für ihre alten Anleihen neue Bonds mit längerer Laufzeit und niedrigerer Verzinsung bekommen.

Quelle: ntv.de, bad/rts/AFP/DJ/dpa

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