Milliardengeschäft Lebensmittel Kraft schleckt an Cadbury
19.01.2010, 17:30 UhrDie Lebensmittel-Multis werden immer fetter: Mit der Übernahme der britischen Süßwarenikone Cadbury durch den US-Riesen Kraft verliert ein Traditionsunternehmen seine Unabhängigkeit – schon wieder. Aber Nestlé ist's egal.

Cadbury für Kraft eine leckere Sache.
(Foto: REUTERS)
Die Übernahme Cadburys durch Kraft ist der vorläufige Schlusspunkt einer ganzen Reihe von Übernahmen in einer Branche, die selbst in einer Rezession gutes Geld verdient und deren Kassen entsprechend gut gefüllt sind. "Essen und Trinken müssen die Menschen auch in der Krise", heißt es in der Branche.
Das Geld der Konsumenten landet dabei immer häufiger bei den großen Konzernen. Der französische Gemischtwarenlanden Danone übernahm vor zwei Jahren für 12,3 Mrd. Euro den niederländischen Babykosthersteller Numico. Der Schokoladeproduzenten Mars legte für den Kaugummispezialisten Wrigley 23 Mrd. Dollar (16 Mrd. Euro) auf den Tisch. Und der belgische Bierbrauer Inbev ließ sich die Einverleibung des US-Rivalen Anheuser-Busch sogar 52 Mrd. Dollar kosten.
Nestlé thront über allen

Wer hat's erfunden?
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
An den Branchenprimus Nestlé kommt aber immer noch niemand heran. Mit einem Jahresumsatz von umgerechnet fast 75 Mrd. Euro und einem Gewinn von zuletzt gut 12 Mrd. Euro stehen die Schweizer einsam an der Spitze. Selbst eine fusionierte Kraft/Cadbury wäre gerade einmal halb so groß.
Zum Vergleich: Die deutsche Oetker-Gruppe setzte mit Lebensmitteln im Jahr 2008 insgesamt rund 4,2 Mrd. Euro um - nach zahlreichen Zukäufen. Vor allem die Biertochter Radeberger wächst und wächst und übernahm zuletzt auch den Limonadenproduzenten Bionade.
Staatsangelegenheit Cadbury
Die Zusammenballung in der Branche ruft die Kritiker auf den Plan. In Großbritannien wurde der Fall Cadbury gar zu einer Staatsangelegenheit. Wirtschaftsminister Peter Mandelson warnte Kraft wortgewaltig davor, einzig "schnelles Geld" zu machen. Schießlich war Cadbury bisher eines der wenigen großen produzierenden Unternehmen auf der Insel in britischer Hand.
Auch wenn die Cadbury-Produkte in Deutschland weniger bekannt sind: Im Königreich kennt jedes Kind Creme-Eier oder Dairy-Schokolade. Der Schokoriegel "Dairy Milk" wird pro Jahr 250 Mio. Mal in 33 Ländern verkauft.
Unabhängigkeit bleibt auf der Strecke
Zwar könnte immer noch der US-Schokokonzern Hershey mit einem Gegenangebot Krafts Pläne durchkreuzen. Doch das Ende von Cadburys fast 200 Jahre langer Unabhängigkeit wäre damit ebenfalls besiegelt. Zudem gilt es als unwahrscheinlich, dass Hershey das Milliarden-Angebot von Kraft überbieten kann.
Das Cadbury-Management hatte zunächst kein Geheimnis aus seiner Ablehnung von Kraft gemacht und den US-Konzern als graues, glanzloses Konglomerat bezeichnet, das verzweifelt auf der Suche nach Wachstum sei. Aber am Ende schmolz der Widerstand der Schokoproduzenten doch dahin. "Es ist traurig, dass es mit Cadbury vorbei ist, aber Geschäft ist Geschäft", sagte David Cumming vom Cadbury-Aktionär Standard Life.
"Horror-Story": Tausende Jobs in Gefahr
Die Mitarbeiter bangen nun um ihre Jobs. 45.000 Menschen beschäftigt Cadbury in 60 Ländern. Vor allem in der Heimat befürchten Gewerkschaften und Experten, dass zahlreiche Stellen wegfallen. Kraft sei bekannt dafür, die Produktion zu kürzen oder ins Ausland zu verlagern, sagte David Bailey von der Coventry University Business School.
Auch die Nachkommen des Cadbury-Gründers zeigten sich zutiefst enttäuscht. Die Übernahme sei eine "Horror-Story", sagte Felicity Loudon dem Sender BBC. "Jede einzelne ikonische britische Marke geht verloren - wir verramschen alles."
Quelle: ntv.de, dpa