Der Börsen-Tag Experten: EZB steht vor Gordischem Knoten
19.10.2022, 16:46 UhrCiti-Ökonom Arnaud Marès sieht die Europäische Zentralbank (EZB) vor einer Aufgabe, die einer Entwirrung des Gordischen Knotens gleichkommt. "Während die Normalisierung der Geldpolitik in Europa ihren Lauf nimmt, wird immer deutlicher, dass der Prozess wesentlich komplizierter ist als in jedem anderen Fall, an den wir uns erinnern können", erklärt Marès in einer Researchnote. Dafür gebe es mindestens drei Gründe:
Erstens unterscheide sich der aktuelle Inflationsschock, der weitgehend angebotsorientiert sei, deutlich von einem zyklischen Aufschwung und mache die optimale Reaktion unsicherer. Zweitens erschwere die finanzielle Fragmentierung, die sich aus der Straffung der Geldpolitik im Zusammenhang mit heterogenen Staatskrediten ergebe, die Festlegung des geldpolitischen Kurses allein durch die Höhe des Leitzinses. Drittens führe die Vielzahl der in den letzten zehn Jahren zur Lockerung des geldpolitischen Kurses eingesetzten Instrumente zu einer sehr hohen Überschussliquidität und werfe die Frage auf, wie diese Instrumente in einer Phase der Straffung miteinander interagierten.
Es sei verständlich, dass die Anhäufung von Komplikationen die Antizipation von geldpolitischen Entscheidungen schwieriger mache. Zudem sei zu erwarten, dass es immer schwerer werde, die Einstimmigkeit der Zentralbanker aufrechtzuerhalten, je mehr sich der geldpolitische Kurs einer neutralen Einstellung nähert und diese dann durchbricht.
Quelle: ntv.de