Friedrich Huber Jetzt solide Anleihen ins Depot?
30.05.2011, 09:15 UhrSeit Jahresbeginn haben die Aktienmärkte der Industrieländer stärker zugelegt als die Börsen der Emerging Markets. Ein Indiz, dass sich das Wirtschaftswachstum in den kommenden Monaten abkühlen wird. Denn, wenn China und Co. schwächeln, lässt das die übrige Welt nicht unberührt.

Ein Rückgang beim globalen Wirtschaftswachstum wird bei den meisten Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr unweigerlich zu einem deutlich schwächeren Gewinnwachstum führen. Freilich muss man differenzieren: Deutschland gehört aus unserer Sicht zu den Industrieländern, die als letzte von diesem negativen Momentum erreicht werden. Schließlich hängt das Wirtschaftswachstum hierzulande überwiegend von Aufträgen aus dem Ausland nach langlebigen Wirtschaftsgütern ab. Zwischen der Auftragsvergabe und der Auslieferung der produzierten Ware liegen oft mehrere Monate, wenn nicht sogar Quartale – das zieht bei der Gewinnentwicklung der Unternehmen sozusagen einen Zeitpuffer ein.
USA geht die Puste aus, China schwächelt
Der alten Wachstumslokomotive USA geht derweil die Puste aus. So stieg das Bruttoinlandsprodukt für das erste Quartal 2011 annualisiert nur noch um 1,8 Prozent im Vergleich zum Vorquartal, wo das Wachstum noch bei 3,1 Prozent lag. Von offizieller Seite wird dies mit stark gestiegenen Energiepreisen und sinkenden Staatsausgaben begründet. Auch die Wirtschaft in China, das seit der Krise 2008 die Funktion der Wachstumslokomotive übernahm, läuft nicht mehr ganz rund. Deutlich rückläufige Wachstumsraten und die stagnierende Geldmenge belegen dies. Ein schwächelndes China führt letztlich aber zu einem schwächeren Wachstum weltweit, vornehmlich in den großen Industrieländern Deutschland und Amerika.
Alles hängt am Ölpreis
Die aus Sicht der meisten Analysten wichtigste Wachstumsbremse ist der Ölpreis. Kein einzelner Faktor hat mehr Gewicht in Bezug auf das globale Wirtschaftswachstum, da der Ölpreis alle betriebs- und volkswirtschaftlichen Bereiche beeinflusst. Wir glauben, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis der Ölpreis die alte Höchstmarke aus dem Jahr 2008 von 145,35 US Dollar je Barrel Brent-Öl wieder erreichen wird. Hinzu kommt, dass die politischen Unruhen in einigen erdölexportierenden Ländern dieser Entwicklung eine zunehmende Brisanz verleihen. Zudem befeuern Spekulation und Inflationsängste den Preisanstieg.
Abkühlung, keine Rezession!
Dennoch erwarten wir für die heimische Wirtschaft wie auch für Euroland derzeit keine Rezession – auch wenn die mögliche Umschuldung Griechenlands wie ein Damoklesschwert über der künftigen Entwicklung schwebt. Allerdings: Eine Restrukturierung der hellenischen Staatsschulden würde unweigerlich das Vertrauen in irische, portugiesische und sogar spanische Staatsanleihen weiter unterminieren. Würden tatsächlich zwei, drei Länder aus dem Euroraum ihre Staatsschulden nur noch zum Teil zurückzahlen, könnten daraus weitere Bankpleiten und ein ähnliches Szenario wie 2008 nach der Pleite der damals viertgrößten Investmentbank „Lehman-Brothers“ entstehen. Diese Gefahr ist nicht auszuschließen.
Fazit: Obwohl wir prinzipiell den Gedanken favorisieren, in Sachwerte zu investieren, scheint das Umfeld für Aktieninvestments derzeit nicht das beste zu sein. Eher könnte sich die aktuelle Situation eignen, um strategisch solide Anleihen ins Depot zu nehmen.
Der Autor Friedrich Huber ist geschäftsführender Gesellschafter der Huber Reuss & Kollegen Vermögensverwaltung und Experte des Internetportals Vermögensprofis.de.
Quelle: ntv.de