Per Saldo - die Wirtschaftskolumne Apple macht alle wuschig
25.01.2012, 13:40 Uhr
Apple sorgt offenbar bei vielen Menschen für Begeisterung.
(Foto: REUTERS)
Apple versetzt Analysten in Euphorie. Sie blicken auf nüchterne Zahlen, lassen dann in ihrem Freudentaumel alle Zurückhaltung fahren und singen Lobeshymnen. Ein Blick nach China zeigt: Ihre Lieder werden noch lange zu hören sein.
"Irre!", Sensationell!", "Das ist einfach der Wahnsinn!" In den Analyse-Abteilungen von Banken und Brokern geht es derzeit zu wie vor einem Apple-Store beim Verkaufsstart eines neuen iProdukts: Begeisterte Analysten geraten angesichts der Quartalszahlen schier aus dem Häuschen. "Das ist ein Monster-Quartal!", jubelt einer von ihnen. "Die ganze Welt will Apple-Produkte kaufen!" Ein hipper Kollege drückt es so aus: "Das sind Blow-Out-Zahlen". Ein anderer bekannte: "Mir fehlen die Adjektive, um dieses Quartal zu beschreiben."
In der Tat, die Zahlen, die Apple präsentiert, sind beeindruckend. Der Konzern verdiente innerhalb der drei letzten Monate des vergangenen Jahres 13,1 Milliarden Dollar. Netto. Damit spielt Apple in der Liga von Ölkonzernen wie Exxon oder Gazprom. Während sich verzückte Analysten die Augen reiben, stellt sich die Frage: Geht das jetzt so weiter, oder ist bald Schluss mit dem Hype?
Schon ein Blick auf die Verkaufszahlen des iPhones 4S lässt den Schluss zu, dass sich Apple um die Zukunft keine Sorgen machen muss. Zur Erinnerung: Jede Menge Tech-Experten hatten vor der Einführung des 4S dem Gerät eine düstere Zukunft versprochen. Das Smartphone enthalte kaum Verbesserungen zum Vorgängermodell. Es fehle einfach vieles Tolle, was das rundum neue iPhone 5 garantiert bringen werde. Weiterer Nachteil: Es gebe keine Änderungen im Design. Das schrecke Käufer ab, da sie mit so einem Teil nicht angeben könnten. Denn niemand würde erkennen, dass man ein neues Gerät am Ohr oder in den Händen halte. Wäre es da nicht klüger, abzuwarten, um dann bald mit einem neuen Statussymbol herumzufuchteln?
Das ist zweifellos richtig, doch Apple braucht trotzdem kein iPhone 5, um die Umsätze anzukurbeln. Im dritten Quartal verkaufte Apple 37 Millionen iPhones – vor allem 4S.
Chinesen reißen sich ums iPhone
Welche Anziehungskraft ein solches Smartphone noch immer hat, demonstrierten Chinesen vor einigen Tagen vor einem Apple-Store in Peking recht eindrucksvoll. Beim Verkaufsstart kam es zu Tumulten, als der Laden aus Sicherheitsgründen nicht öffnete. Tausende hatten zuvor bei eisigen Temperaturen ausgeharrt. Sogar Wanderarbeiter wurden mit Bussen herangekarrt – Schwarzhändler versuchen, sich über solche bezahlten Strohleute möglichst viele Smartphones zu beschaffen.
Als der Laden verschlossen blieb, griffen erzürnte Kunden einen Wachmann an, beschimpften die Angestellten und bewarfen Schaufenster und Türen mit Eiern. Ein Großaufgebot der Polizei rückte an und räumte den Platz. Mindestens zwei Menschen wurden festgenommen.
Dieser Zuspruch im Reich der Mitte deutet darauf hin, dass Apple auch mit den nächsten Quartalszahlen bei Analysten Schnappatmung auslösen wird. Bringt der Konzern auch noch neue Produkte auf den Markt, müssen wir uns wohl ernsthaft Sorgen um ihre Gesundheit machen.
Quelle: ntv.de