Mehr als 200 Punkte rauf Dax feiert Draghi-Party
06.09.2012, 17:40 UhrDer lang ersehnte Befreiungsschlag ist da: Die EZB wird unter strengen Voraussetzungen in unbegrenztem Umfang Anleihen schwacher Euro-Staaten aufkaufen. Nach kurzem Innehalten schalten die Kurse daraufhin auf Kletterkurs und treiben den Leitindex Dax deutlich über die Marke von 7100 Punkten.
EZB-Präsident Mario Draghi hat die hohen Erwartungen an den Märkten erfüllt und ein unbegrenztes Programm zum Ankauf europäischer Staatsanleihen angekündigt. Die Kurse zogen daraufhin auf breiter Front an und trieben den Dax auf den höchsten Stand seit Anfang April.
Der Dax beendete den Handel mit einem Plus von 2,9 Prozent bei 7167,33 Punkten. Der MDax gewann 2,1 Prozent auf 11.115,15 Zähler. Der TecDax blieb mit 1,1 Prozent Plus auf 804,01 Punkten hinter dem Gesamtmarkt zurück.
Nach der Sitzung des EZB-Rats kündigte Notenbankchef Mario Draghi ein Kaufprogramm für Papiere finanzschwacher Euroländer an, das dem Volumen nach unbegrenzt sei. Entsprechendes war am Vortag bereits durchgesickert und hatte Auftrieb gegeben. Das neue Kaufprogramm hebt sich damit in einem wesentlichen Punkt von den ersten Anleihekäufen der EZB seit dem Frühjahr 2010 ab, das Draghi selbst als im Umfang begrenzt umschrieben hatte. Mit dem aktuellen Programm wird die Notenbank Draghi zufolge kurz laufende Anleihen mit einer Laufzeit von bis zu drei Jahren in ihre Bücher nehmen. Voraussetzung sei allerdings, dass sich die jeweiligen Länder zunächst an den Euro-Rettungsfonds wenden. Den Leitzins beließ die EZB bei 0,75 Prozent. Die Aussagen Draghis beruhigten die Nerven von Investoren. Der Volatilitätsindex VDax, die die Nervosität der Anleger misst, fiel um rund zehn Prozent auf ein Zehn-Tages-Tief.
Zuvor hatte bereits eine Refinanzierungsrunde Spaniens für gute Laune am Markt gesorgt. Die hohen Renditen, die dem Land die Refinanzierung sonst so erschweren, waren regelrecht eingebrochen. Der Plan der EZB die Finanzierungskosten für die Peripherie zu senken scheint aufzugehen, hieß es im Handel. Und das, ohne dass die EZB bislang eine einzige Anleihe am Sekundärmarkt erworben hat. Die Nachfrage nach den Papieren war zwar nicht so groß wie bei vorherigen Geschäften, das liege jedoch an den deutlich niedrigeren Renditen, heißt es am Markt. Das verkaufte Volumen liegt mit 3,5 Mrd. Euro am oberen Ende der angepeilten Spanne. Die Maximalrendite der Papiere mit Laufzeit bis 2014 sank von zuletzt 4,791 auf 2,946 Prozent. Bei der Laufzeit bis 2015 sank die Rendite von 5,197 auf 3,774 Prozent. Die Papiere mit der längsten Laufzeit bis 2016 rentierten in der Spitze bei 4,694 Prozent statt zuvor 6,059 Prozent.
Gewinne auf breiter Front
Die größten Kursgewinne verbuchten Finanzwerte. Die Deutschen Bank ging als Tagesgewinner mit einem Plus von 7,1 Prozent aus dem Handel, die Commerzbank zog um 5,2 Prozent an.
Daneben zogen auch klassische Konjunkturtitel stark an. Heidelbergcement schlossen mit einem Aufschlag von 4,8 Prozent, ThyssenKrupp gingen mit einem Plus von 4,6 Prozent aus dem Handel. Auch Autowerte profitierten überdurchschnittlich. Daimler zogen um 4,2 Prozent an, BMW um 4,0 Prozent und VW um 3,9 Prozent.
Keine Spur von Traurigkeit auch bei den Dax-Absteigern: Metro und MAN stiegen um 3,6 bzw. 2,0 Prozent, obwohl sie Ende des Monats aus der ersten Börsenliga absteigen. Die Papiere des Indexaufsteigers Lanxess kletterten um 3,3 Prozent, der Dax-Rückkehrer Continental gewann 3,8 Prozent. Die Titel des künftigen MDax -Mitglieds TAG Immobilien kletterten um 2,7 Prozent, die Papiere des baldigen TecDax-Wertes LPKF legten um 1,2 Prozent zu. Absteiger Gigaset rutschte dagegen um 4,7 Prozent deutlich ab.
Europas größte Fluggesellschaft Lufthansa fliegt derweil dem angekündigten bundesweiten Streik ihrer Flugbegleiter entgegen. Für Freitag hat die Gewerkschaft Ufo zur Arbeitsniederlegung aufgerufen. Am Vortag belastete der Arbeitskampf die Aktie nicht. Der Kurs legte um 3,4 Prozent zu. Allerdings: Die Aktie hatte in den vergangenen vier Wochen bereits deutlich eingebüßt.
Aktien der Deutschen Börse büßten dagegen als einziger Verlierer im Dax 0,2 Prozent ein. Nach zuletzt sehr schwachen Handelszahlen für August kursierten am Markt Gerüchte, dass der Börsenbetreiber sein Ergebnisziel für das Gesamtjahr möglicherweise nicht halten kann. Die Prognose galt allerdings nach dem jüngsten Quartalsbericht bereits als unsicher.
Quelle: ntv.de, nne/rts/DJ