Investoren haben sich eingedeckt Dax kommt vom Gipfel zurück
19.09.2013, 17:37 Uhr
Nach dem Gipfelsturm langsam den Boden der Tatsachen wiederfinden.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Freude über die anhaltende Geldschwemme in den USA legt sich. Die satten Gewinne vom Vormittag schmelzen ab. Händler verweisen darauf, dass die Entscheidung der Fed, die Märkte weiterhin mit Geld zu fluten, keine Probleme löst.
Der deutsche Leitindex ist am Nachmittag peu à peu von seinem am Vormittag markierten Rekordhoch bei 8770 Punkten zurückgekommen. Marktakteure verweisen darauf, dass die Rally nach der Fed-Entscheidung nicht fundamental begründet war.
"Die alten Probleme bestehen schließlich weiter", so ein Händler. Ein Teil der Gewinne sei der Eindeckung von Short-Positionen zu verdanken gewesen. Mit Wirtschaftswachstum in der Eurozone oder weniger US-Arbeitslosen habe die Rally dagegen nichts zu tun gehabt. Im Gegenteil: Die Unsicherheit bleibe nun weiter groß.
Der Dax notierte zuletzt bei 8694 Zählern. Das entsprach einem plus von 0,6 Prozent. Fast seine kompletten Gewinne gab der MDax wieder preis, der bei 15.050 Punkten notierte und damit nur noch 0,1 Prozent höher. Der TecDax behielt ein Plus von 0,2 Prozent bei 1074 Punkten. Auch er hatte sich zwischenzeitlich so stark gezeigt wie seit dem Frühjahr 2002 nicht mehr.
Der Euro-Stoxx notierte 0,7 Prozent fester bei 2930 Punkten.
"Nach der Fed ist vor der Fed"
Händler gaben zu bedenken, dass das alte Spiel bis zur nächsten Fed-Sitzung am 30. Oktober weitergehen werde: Alle Wirtschaftsdaten aus den USA würden detailliert beobachtet, die Aussagen aller US-Notenbanker genauestens nach möglichen Hinweisen untersucht, ob und wann die Fed denn nun ihre Anleihenkäufe zurückfahre. "Nach der Fed ist vor der Fed", kommentierte ein Marktteilnehmer.
Zudem schwelt in den USA auch noch ein anderes Problem: Die Regierung hat nur noch bis Ende September Zeit, den Haushalt für 2014 zu verabschieden und muss sich zudem bis Mitte Oktober in Sachen Schuldendeckelung einig werden. "Das sind latente Probleme, die den Markt beschäftigen", hieß es. Fed-Präsident Ben Bernanke erwähnte diesen Punkt auch in der Begründung der Fed-Entscheidung.
Die geldpolitische Entscheidung des US-Notenbank hatte zunächst für eine Welle der Euphorie an den Aktienmärkten gesorgt: Wider Erwarten wird sie ihre milliardenschweren Anleihekäufe nicht schon im September drosseln, sondern die Geldschleusen offen halten und abwarten, wie sich die Konjunktur entwickelt. "Das überraschende Beibehalten der Geldpolitik durch die Fed treibt die Investoren in nahezu jede Assetklasse. Nur der US-Dollar kommt gegen alle wichtigen Währungen unter Druck", stellte Dirk Gojny von der National-Bank fest.
Viele Markakteure hatten mit einer Reduzierung der monatlichen Anleihekäufe um 10 auf 75 Milliarden Dollar gerechnet. Doch die Fed entschied, "vor der Drosselung der Wertpapierankäufe weitere Hinweise abzuwarten, dass der Fortschritt der Konjunktur nachhaltig ist", wie die offizielle Begründung der Notenbank lautete. Das sorgte auch an der Wall Street für Begeisterung und trieb Dow Jones Index und S&P-500 auf neue Rekordstände.
Bei den Einzeltiteln gehörten im Dax einige Titel aus der Autobranche zu den größten Gewinnern. Die Aktien von Daimler legten 2,0 Prozent zu gefolgt von BMW mit 1,7 Prozent. Die Papiere des Zulieferers Continental rückten dank positiver Analystenkommentare ebenfalls um 1,5 Prozent vor.
Die Vorzugsaktien von Volkswagen verloren dagegen 2,0 Prozent. Finanzchef Hans Dieter Pötsch warnte laut einem Bericht des "Manager Magazins" auf der jährlichen Topmanagement-Konferenz des Konzerns Ende vergangener Woche vor deutlich sinkenden Gewinnmargen in den kommenden Jahren.
Bei SAP stand eine Hochstufung den zum Teil negativ aufgenommenen Zahlen von Oracle gegenüber. Die Aktien des Softwarekonzerns gewannen 0,5 Prozent. Dagegen waren die Titel des Salz- und Düngemittelkonzerns K+S mit minus 3,4 Prozent einer der großen Verlierer und Schlusslicht im Leitindex. Offenbar hätten einige Investoren auf eine Meldung reagiert, dass Weißrussland eine Auslieferung von Uralkali-Chef Wladislaw Baumgertner nach Russland nicht ausschließe, sagte ein Händler. Grundsätzlich ändere dies aber nichts an den Chancen, dass Uralkali in die Anfang Juli aufgegebene Vertriebsallianz mit Belaruskali zurückkehre.
Die Papiere von Lanxess gaben 0,5 Prozent nach, nachdem der Spezialchemiekonzern mitgeteilt hatte, trotz der Belastungen aus dem Umbauprogramm in diesem Jahr schwarze Zahlen schreiben zu wollen.
Zu den Nachzüglern gehörten auch Eon. Die Societe Generale hat die Titel auf "Verkaufen" abgestuft. Die Papiere von Eon sackten 1,2 Prozent.
An der überraschend angekündigte Kapitalerhöhung von MorphoSys schieden sich die Geister. Das Biotechnologieunternehmen Morphosys erhöhte das Kapital um bis zu 1,5 Millionen Aktien. Das entspricht rund 6,3 Prozent des eingetragenen Grundkapitals. Der Aktienkurs litt zunächst unter der Kapitalerhöhung, da die für die Altaktionäre, die an der Kapitalerhöhung nicht teilnehmen, zu einer Gewinn-Verwässerung führen wird. Am Ende notierten Morphosys aber 1,5 Prozent höher.
Quelle: ntv.de, ddi/DJ/rts