Blick nach unten statt nach oben Dax mächtig am Schlittern
10.01.2011, 17:40 UhrDer Schnee ist weg, aber vor allem das Börsenparkett bleibt weiter spiegelglatt. Schuld ist Portugals finanzielle Situation, die eine Rückkehr der Euro-Krise heraufbeschwört. Im Dax gibt es nur zwei Gewinner.
Neue Zweifel an der Finanzkraft einiger Euro-Staaten haben die Anleger zu Wochenbeginn von den Aktienmärkten ferngehalten. Der Dax schloss 1,3 Prozent im Minus bei 6857 Punkten. Im Gegenzug schoss der VDax, der die Nervosität der Dax-Anleger misst, in die Höhe. "Egal ob Euro-Krise oder Konjunktur - die Investoren sind sich noch nicht sicher, wo die Reise in diesem Jahr hingeht und solange bleiben sie lieber an der Seitenlinie stehen, statt ordentlich mitzumischen", sagte ein Händler.
Der MDax verlor etwa 1,7 Prozent auf 9904 Zähler. Der TecDax büßte rund 1,5 Prozent auf 856 Punkte ein.
Portugal und die Probleme
Neben der Frage, ob Portugal als nächstes unter den EU-Rettungsschirm schlüpfen muss, belasteten Börsianern zufolge auch die unklare Lage der US-Konjunktur die Anleger. "Die Augen richten sich jetzt schon auf die neuen Daten zu den US-Einzelhandelsumsätzen am Freitag - wenn der Konsum anzieht, dürfte das die Hoffnung auf eine nachhaltige Erholung der US-Wirtschaft stärken", sagte ein Händler. Gemischt ausgefallene Daten vom US-Arbeitsmarkt hatten die Anleger in der vergangenen Woche eher ratlos zurückgelassen.
Ebenfalls verantwortlich für den schwachen Start in die neue Woche machten die Börsianer negative Vorgaben aus China. "Die dortige Entwicklung ist vor allem für die deutsche Industrie entscheidend." Der chinesische Shanghai Composite fiel um 1,7 Prozent.
Finanzwerte unter Druck
Zu den größten Verlierern zählten die Finanzwerte, die üblicherweise sehr sensibel auf Nachrichten rund um die Schuldenkrise reagieren. Offenbar wächst der Druck auf das hoch verschuldete Portugal, Hilfen aus dem Rettungsschirm von EU und IWF zu beantragen. Die Frage, ob Portugal noch kreditwürdig ist, dürfte in dieser Woche beantwortet werden, wenn sich das Land an den Kapitalmarkt wagt. Portugal will ebenso wie Spanien und Italien in der laufenden Woche Anleihen am Finanzmarkt platzieren.
Die Deutsche Bank lag 1,8 Prozent im Minus. Die Commerzbank, die 2010 wieder mit einem Milliardengewinn aufwarten wird, so neueste Eckdaten zum "operativ schwarzen" vierten Quartal, büßten 3,3 Prozent ein.
Analysten pushen BASF
Die Gewinnerliste im Dax wurde von Handelsstunde zu Handelsstunde übersichtlicher. BASF, lange Zeit im Plus gelegen, drehten am Nachmittag auch ins Minus und gaben zum Handelsende 0,6 Prozent ab. Analysten der Citigroup hatten sich positiv zu den Geschäftsaussichten der Branche geäußert.
Deutsche Telekom büßten etwa 1,8 Prozent ein, nachdem die Credit Suisse ihre Einstufung für den Konzern herabgesetzt hatte.
Stützend auf den Kurs von Heidelbergcement wirkte sich die Bekanntgabe eines neuen Effizienprogramms aus. Die Papiere waren mit einem Plus von 0,2 Prozent am Handelsende einer von nur zwei Gewinnern unter Deutschlands 30 größten Börsenwerten. (Thyssenkrupp legten 0,1 Prozent zu.) Heidelbergcement will mit dem neuen Programm bis 2013 200 Mio. Euro einsparen.
Symrise duftet im MDax
Übernahmefantasien beflügelten unterdessen die im Nebenwerte-Index MDax gelisteten Papiere des Aromenherstellers Symrise. Sie stiegen um 2,7 Prozent. Als Auslöser nannten Börsianer eine mögliche milliardenschwere Übernahme des dänischen Lebensmittel-Zusatzstoff-Produzenten Danisco durch den US-Chemieriesen Dupont. Nach Einschätzung von Analysten besteht derzeit ein großes Interesse von Investoren und Industrieunternehmen an Firmen aus den Bereichen Lebensmittelzutaten.
Bei Wacker Chemie rechnet Citi-Experte Benson mittelfristig aber mit Belastungen durch wachsenden Preisdruck bei Poly-Silizium und einer nachlassenden Solarzellen-Nachfrage in China. Er senkt sein Kursziel auf 130 von 135 Euro. Daraufhin verloren die Aktien 1,6 Prozent.
Singulus hoch, Gildemeister runter
Ein Folge-Auftrag aus der Solar-Industrie beflügelte dagegen Singulus. Die Aktien des Spezialmaschinenbauers setzten sich mit einem Plus von zeitweise 5,5 Prozent an die Spitze des TecDax. Am Nachmittag betrug das Plus immerhin noch 2,3 Prozent "Obwohl die Aufträge zu erwarten waren, handelt es sich um eine positive Nachricht", schrieb Steubing-Analyst Tobias Schmidt in einem Kommentar. "Der Auftrag unterstreicht die Marktfähigkeit der Solarsparte."
Conergy baut und verliert
Conergy zollt dem wachsenden Auslandsgeschäft Tribut und baut seine Produktionskapazitäten aus. Im kalifornischen Sacramento soll für 5 Mio. Euro ein eigenes Werk für solare Gestellsysteme entstehen. Experten erwarten, dass sich der US-Markt 2012 mehr als verdoppeln wird. Conergy will zudem seine Modulkapazitäten ausbauen, setzt dabei aber auf Fremdproduktion. Die Titel büßten dennoch leicht ein: 0,4 Prozent.
Gildemeister tendierten dagegen sehr schwach und brachen um zeitweise mehr als 10 Prozent ein. Zum Handelsende stand noch ein Minus von 7,8 Prozent in den Büchern. "Auffällig ist das hohe Handelsvolumen", so ein Marktteilnehmer. Nachrichten gibt es nach Aussage mehrerer Analysten keine. "Der deutliche Abschlag kann im Zusammenhang mit den anstehenden Kapitalerhöhungen stehen" vermutete ein Analyst. Möglicherweise nehme ein Investor vor der Kapitalerhöhung, bei der die Altaktionäre zum Teil ausgeschlossen sein werden, Gewinne mit. Die Aktie sei sehr gut gelaufen.
Quelle: ntv.de, bad/dpa/rts/DJ