Die Angst geht um Dax rauscht abwärts
19.08.2008, 17:45 UhrAus Furcht vor einer weiteren Zuspitzung der Finanzkrise haben Anleger am Dienstag auf breiter Front Kasse gemacht. Am stärksten gerieten die Finanzwerte unter Verkaufsdruck. "Das Schreckgespenst Subprime ist wieder da", sagte ein Händler. "Da sinkt natürlich die Bereitschaft der Anleger Risiken einzugehen." Fallende Kurse an den US-Börsen gaben dem Markt schließlich den Rest.
Der Dax ging mit einem Minus von 2,3 Prozent auf 6282,43 Zähler aus dem Handel. Für den MDax ging es um 1,8 Prozent auf 8242,27 Punkte bergab. Der TecDax verlor 1,3 Prozent auf 789,01 Punkte.
Als einen Grund für die schlechte Marktstimmung nannten Börsianer die Warnung des früheren Chefökonomen des Internationalen Währungsfonds (IWF), Kenneth Rogoff, vor dem Kollaps einer weiteren großen US-Bank. "Die USA sind noch nicht über dem Berg", sagte Rogoff bei einer Finanzkonferenz. "Ich würde sogar weiter gehen und sagen: das Schlimmste kommt noch", fügte der inzwischen in Harvard lehrende Wirtschaftsprofessor hinzu.
Zusätzlich trübten ein überraschend starker Anstieg der US-Erzeugerpreise und erneut schwache Immobiliendaten die Stimmung. Die großen US-Indizes Dow Jones und S&P 500 notierten bei Xetra-Schluss rund ein Prozent im Minus, die Technologiebörse Nasdaq verzeichnete noch stärkere Verluste.
Größter Verlierer im Dax war die Postbank. Anlass waren Gerüchte auf dem Parkett, wonach der Verkauf des Instituts auf der Kippe steht. Angesichts der Finanzmarktkrise sei beim Preis derzeit keine Einigung zu erzielen, hieß es. Nachdem sich ausländische Interessenten wie die britische Lloyds TSB bereits aus dem Rennen verabschiedet hatten, trete nun auch die Deutsche Bank den Rückzug an, hieß es unter Börsianern. Die Deutsche Post dementiert hingegen einen Stillstand der Verkaufsgespräche. "Wir verhandeln. Daran hat sich nichts geändert", sagte eine Post-Sprecherin. Der Aktienkurs der Postbank sprach hingegen eine deutliche Sprache. Die Papiere verloren 6,5 Prozent, für den Mutterkonzern Deutsche Post ging es um 3,8 Prozent abwärts.
Anderen Finanztiteln erging es nicht viel besser. Die Hypo Real Estate verbilligte sich um fünf Prozent, die Commerzbank schloss 4,9 Prozent im Minus. Die Dresdner-Bank-Mutter Allianz ging 4,2 Prozent nach unten. Belastet wurden die Papiere von knüppeldicken Hiobsbotschaften aus der Branche. Der ehemalige IWF-Chefökonom Kenneth Rogoff warnte vor dem Crash einer großen US-Bank und rechnet damit, dass das Schlimmste im Zuge der US-Kreditkrise noch bevorsteht. Bei der angeschlagenen Investmentbank Lehman Brothers drohen offenbar neue Milliardenverluste, die nun möglicherweise mit dem Verkauf großer Geschäftsteile ausgeglichen werden sollen. Zu guter Letzt fürchtet die Wall Street eine Verstaatlichung der strauchelnden Hypothekengiganten Fannie Mae und Freddie Mac, die nach massiven Kursverlusten in den vergangenen Handelstagen an den US-Börsen erneut nachgaben.
Jenseits der Finanztitel ging es für die Papiere von Infineon kräftig nach unten. Die Aktie beendete den Handel mit einem Minus von rund vier Prozent. Die zweistelligen Wachstumsraten in der Halbleiterbranche sind nach Ansicht des neuen Vorstandschefs Peter Bauer für immer vorbei. "Die ganz großen Sprünge wird es nicht mehr geben", sagte Bauer in einem Interview. Hauptgrund für die verhaltene Zukunftsaussicht sei, dass die Halbleiter inzwischen in sehr vielen Produkten vertreten seien. Angesichts dieser Entwicklung müsse sich Infineon etwas einfallen lassen und schnellstens den Anteil an der defizitären Speicherchiptochter Qimonda verkaufen, sagte ein Händler. Dies dürfte sich aber nicht einfach gestalten, da die Konkurrenten mit ähnlichen Problemen kämpften. Analyst Günther Hollfelder von der UniCredit machte indes vor allem die Marktschwäche als Belastungsfaktor für die überdurchschnittlich volatile Aktie aus.
Einziger Lichtblick dieses trüben Börsentages war die Aktie von Merck, die gegen den Gesamttrend rund ein Prozent zulegte. Pharmatitel gelten als besonders konjunkturresistente Aktien und sind daher in Zeiten unsicherer Wachstumsperspektiven gesucht. Fundamentale Neuigkeiten boten die Titel hingegen nicht.
Home Depot zieht Praktiker runter
Anteilsscheine von Praktiker weiteten nach einem enttäuschenden Ausblick der US-Baumarktkette Home Depot ihre Verluste auf 5,2 Prozent aus. Der Praktiker-Konkurrent rechnet für 2008 beim Gewinn je Aktie mit einem Rückgang von rund einem Viertel.
Größter Verlierer unter den mittelgroßen Werten war Pfleiderer mit einem Kursabschlag von acht Prozent. Die Titel gerieten am Nachmittag unter stärkeren Verkaufsdruck. "Ich vermute, dass hier jemand, der den Titel auf den Jahrestiefs Anfang August gekauft hat, jetzt Kasse gemacht hat", meinte ein Marktteilnehmer.
Bei den Technologiewerten ließen Übernahmespekulationen SolarWorld-Titel zwischenzeitlich um bis zu 4,4 Prozent steigen. Bei Handelsschluss blieb noch ein Plus von 0,9 Prozent. Laut Händlern bietet der US-Mischkonzern General Electric (GE) 37,50 Euro je Aktie. "Diese Spekulationen gab es vor einigen Wochen schon einmal", sagte ein Börsianer. Er beurteilt diese weiter skeptisch: "Unternehmenschef Frank Asbeck hält 25 Prozent und will nicht verkaufen - wohl schon gar nicht auf diesem Kursniveau."
Mehr Schatten als Licht gab es hingegen bei den Papieren von Solon, die mit 4,3 Prozent Minus zu den stärksten Verlierern im TecDax zählten. Das Solarunternehmen hatte gute Zahlen vorgelegt, allerdings waren die Aktien bereits am Vorabend kräftig angezogen. Bei Veröffentlichung der Ergebnisse setzten dann Gewinnmitnahmen ein.
Quelle: ntv.de, dj, dpa, rts