Post-Aktie auf Mehrjahreshoch Dax schließt stark im Plus
02.09.2013, 18:31 Uhr
Neuer Börsenmonat: Der erste Handelstag im September lockt Anleger mit kräftigen Kursgewinnen.
(Foto: dpa)
Ermutigende Daten aus China, eine gewichtige Index-Änderung und die relative Ruhe in der Syrien-Frage drücken den deutschen Aktienmarkt zum Monatsbeginn in die Gewinnzone. Ganz oben im Dax: Die Aktien der Deutschen Post.
Der Börsenmonat September beginnt mit starken Signalen: Die Anzeichen auf eine robuste Wirtschaftsentwicklung in China und der Aufschub beim drohenden US-Angriff auf Syrien bescheren dem deutschen Aktienmarkt kräftige Kursgewinne. Der Dax hat den ersten Handelstag der Woche mit einem Plus von 1,74 Prozent auf 8243,87 Punkte beendet und konnte damit einen Teil des Verlustes der vorigen Woche von 3,7 Prozent ausgleichen. Für den MDax ging es zum Wochenstart ebenfalls um 1,74 Prozent nach oben auf 14.636,98 Punkte. Der TecDax schloss mit einem Aufschlag von 1,64 Prozent auf 1036,56 Punkte.
Insgesamt verlief der Tag ungewöhnlich ruhig: Impulse aus den USA blieben zu Wochenbeginn aus. An der New Yorker Wall Street findet am "Labor Day" feiertagsbedingt kein Handel statt. Konjunkturdaten aus China und Europa lieferten stattdessen die wichtigsten Anhaltspunkte. Der offizielle Index aus Peking ist im August auf 51 von 50,3 Punkte gestiegen, und damit stärker als erwartet. Der HSBC-Einkaufsmanagerindex ist derweil in der Zweitlesung mit 50,1 Punkten bestätigt worden. Beide Indizes liegen damit im Expansionsbereich, was dafür spricht, dass die chinesische Wirtschaft wieder wächst.
Vorsichtig erleichtert reagierten Anleger auf die politischen Erwägungen in den USA: Dass US-Präsident Obama den drohenden Angriff auf Syrien von der Zustimmung des US-Kongresses abhängig macht, lässt eine US-Militäraktion gegen Syrien zunehmend unwahrscheinlich erscheinen.
"Da die Sommerpause im politischen Washington noch bis zum 9. September andauert, wird es vorher keine Abstimmung zu diesem Thema geben und damit nicht zu einer Intervention in Syrien kommen", meinte Anleiheanalyst Dirk Gojny von der National-Bank. "Das ist erst einmal eine große Erleichterung," sagte ein Händler. Die US-Regierung gewinne Zeit, um mit den Bündnispartnern, aber auch mit Russland und China, nach anderen Lösungen zu suchen, schrieben die Analysten der Essener National-Bank. Zudem gibt es offenbar auch in den eigenen Reihen Widerstand gegen Obamas Strategie, mit einem Militärschlag auf den möglichen Einsatz von Chemiewaffen im syrischen Bürgerkrieg zu reagieren.
Kaum Einfluss auf die Kursgestaltung hatte das als unentschieden gewertete TV-Duell im deutschen Bundestagswahlkampf zwischen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Herausforderer Peer Steinbrück (SPD). Es sei zwar wahrscheinlich, dass die deutsche Innenpolitik mehr und mehr in den Fokus der Anleger rücken werde, schrieb Analyst Roger Peeters von Close Brothers Seydler Bank. Aber ein entscheidender Impuls für die Märkte werde davon sicher nicht ausgehen.
Europaweit zogen die Aktienkurse an: Der Eurostoxx50 schloss 1,7 Prozent fester bei 2769 Punkten. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stand der Telekom-Sektor, der um 2,6 Prozent zulegte. Der britische Mobilfunkkonzern Vodafone stand bis Börsenschluss noch kurz davor, seinen 45-prozentigen Anteil am Mobilfunk-Joint-Venture Verizon Wireless in den USA für 130 Milliarden Dollar an Verizon zu verkaufen.
Die laut Vodafone "fortgeschrittenen Verhandlungen" für den rund 130 Milliarden Dollar schweren Ausstieg aus dem US-Mobilfunk-Joint-Venture mit Verizon trieben die Aktien des britischen Telekom-Konzerns in London zeitweise um 4,6 Prozent auf höchste Kursniveau seit Ende April 2001. Zum Handelsschluss lagen die Aktien mit 213,65 Pence immer noch 3,4 Prozent höher.
Die Vodafone-Aktie sprang um weitere 3,4 Prozent nach oben. Im Dax legten Deutsche Telekom um 1,3 Prozent zu auf 9,82 Euro. Hier stützte auch die Hochstufung des gesamten Sektors durch Goldman Sachs. Die Analysten der US-Großbank gehen davon aus, dass die aktuelle Konsolidierung im Sektor die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen erhöhen werde.
In Mailand stiegen Telecom Italia um 3,9 Prozent auf 55 Cent. Börsianer sprachen von Übernahmephantasie. Dank der Vodafone/Verizon-Pläne setzten einige Anleger auf einen neuen Großaktionär für Telecom Italia, der dem angeschlagenen Unternehmen wieder auf die Beine helfen könnte.
Gute Konjunkturdaten aus China sorgten vor allem für Kaufinteresse bei einigen Industriemetallen. Die Tonne Kupfer verteuerte sich um bis zu 2,5 Prozent. Gefragt waren auch Aktien der Bergbau- und Stahlindustrie, die von der Hoffnung auf eine Konjunkturerholung in China beflügelt wurden. Rio Tinto stiegen in London um über rund vier Prozent, der Stoxx-Branchen-Index legte drei Prozent zu. Doch auch in der Eurozone liefen die Geschäfte der Industrie im August wieder besser. Auch die Krisenländer Italien und Spanien scheinen wieder auf die Beine zu kommen.
Im Dax kletterten ThyssenKrupp um 2,3 Prozent. Die in Amsterdam und Paris gelisteten Titel des Konkurrenten Arcelor Mittal legten sogar vier Prozent zu, obwohl sie am 23. September im EuroStoxx50 den Platz für die Aktien der Deutschen Post räumen müssen. Die Titel der Post führten im Dax die Gewinnerliste an. Sie stiegen um 3,6 Prozent auf ein Fünfeinhalbjahres-Hoch von 22,64 Euro. "Über Fonds, ETFs, Futures, Zertifikate und andere Derivate sind hohe zweistellige Milliardenbeträge auf den Eurostoxx50 investiert", erklärte ein Händler. Mit dem Eurostoxx50 sei die Aktie in den mit Abstand wichtigsten europäischen Blue-Chip-Index gerückt, der auch von US- und Asien-Investoren als Investment-Grundlage stark genutzt werde.
Zu den zahlreichen Kursgewinnern im Dax zählten auch Conti, die 3,6 Prozent zulegten. Die Conti-Aktien profitierten nach Ansicht von Beobachtern von gesunkenen Zinskosten.
Im TecDax zogen die Aktien von Evotec um 11 Prozent an. Nach einem Verlust im ersten Halbjahr stärkt das Biotechunternehmen seine Kapitaldecke mit Hilfe eines US-Finanzinvestors. Im Zuge einer Kapitalerhöhung gegen Bareinlage steigt hier der Biotechnology Value Fund als Investor ein.
Wenig Bewegung gab es bei den Staatsanleihen, die im Gegenzug zu den Aktien nachgaben. Der Bund-Future verlor 57 Ticks auf 140,09 Punkte. Italienische und spanische Bonds waren aber wegen der höheren Rendite gesucht. Am Ölmarkt stabilisierten sich die Preise. Ein Fass (159 Liter) Brent aus der Nordsee kostete mit 114,06 Dollar etwa so viel wie am Freitag. Der Preis hatte vorige Woche zugelegt, da Anleger im Falle eines Angriffs auf Syrien einen Flächenbrand im Nahen Osten und damit Versorgungsengpässe befürchteten.
Zuletzt hatte die drohende Eskalation des Syrien-Konflikts noch für Verluste an den Börsen gesorgt. Der Dax vor dem Wochenende war 1,1 Prozent schwächer bei 8103 Zählern aus dem Handel gegangen. An der Wall Street hatten der Dow-Jones-Index 0,2 Prozent, der S&P-500 0,3 Prozent und der Nasdaq-Composite 0,8 Prozent nachgegeben.
Quelle: ntv.de, mmo/DJ/dpa/rts