Tag der Notenbanken Dax stabil erwartet
01.08.2013, 07:45 Uhr
(Foto: REUTERS)
Der August beginnt am deutschen Aktienmarkt mit einem Schwung frischer Zahlen und gewichtigen Weichenstellungen: Neben den Richtungsentscheidungen führender Notenbanken erreichen ermutigende Konjunkturdaten aus China den Handel. Kalter Wind bläst Anlegern bei Evonik ins Gesicht.
An der Frankfurter Börse bereiten sich Beobachter in Banken und Brokerhäusern auf einen ereignisreichen Tag vor. Die Aussicht auf vorerst anhaltende Geldspritzen der Fed dürfte den Dax laut Börsianern fester starten lassen. Bis zu einer nachhaltigen Besserung der Konjunktur will die US-Notenbank weiter Monat für Monat für 85 Milliarden Dollar Staatsanleihen und Immobilienpapiere kaufen.
Im Tagesverlauf dürfte der Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB) für Aufmerksamkeit sorgen: Anfang Juli hatte EZB-Chef Draghi die Märkte mit der Aussage überrascht, den Leitzins für "einen längeren Zeitraum" auf dem aktuellen oder einem noch niedrigeren Niveau zu halten.
Die Vorgaben fallen durchwachsen aus: An der Wall Street hatten sich die Kurse am Mittwoch kaum bewegt. Der Dow-Jones-Index sank um 0,1 Prozent, der S&P-500 lag hauchdünn im Minus und ging mit 1685 Zählern aus dem Handel. Der Nasdaq-Composite legte dagegen um 0,3 Prozent zu. In Frankfurt hatte der Dax mit 8726 Stellen nahezu unverändert geschlossen.
Den Kursverlusten im späten Handel an der Wall Street stehen überwiegend festere Börsen in Asien gegenüber, angeführt von Japan und China. Der Nikkei-Index legte um zwei Prozent zu. Händlern zufolge profitierte die Börse von guten chinesischen Konjunkturdaten. Chinas Industrie erholte sich einer offiziellen Umfrage zufolge im Juli leicht. Laut nationaler Statistikbehörde legte der amtliche Einkaufsmanagerindex (PMI) auf 50,3 Punkte von 50,1 Punkten im Juni zu. Damit übertraf er die Erwartungen von 49,9 Punkten. China ist Japans zweitgrößter Exportmarkt. Der Shanghai-Composite rückte um ein Prozent vor.
"Ich denke wir sehen zum Auftakt stabile Kurse ohne größere Bewegungen nach oben oder unten", meinte ein Händler mit Blick auf den Handelsstart in Deutschland. Der Dax dürfte sich im frühen Handel weiter über der Marke bei 8200 Punkten stabilisieren, hieß es.
Weitere Impulse kommen am Morgen aus der laufenden Berichtssaison. Zwischenberichte gibt es unter anderem von BMW, Metro, Continental, Porsche, Prosiebensat1 und Evonik.
Nach der überraschenden Gewinnwarnung rechneten Händler mit kräftigem Druck auf den Kurs der Evonik-Aktie. "Vor allem der Umsatzeinbruch von 5 Prozent ist wesentlich höher als befürchtet", sagte ein Beobachter. "Auch die reduzierte Gewinnprognose für 2013 ist mit rund 17 Prozent ganz schön hoch", meinte ein anderer Händler. Da nach den schwachen Zahlen von Akzo und BASF nicht direkt eine Gewinnwarnung gefolgt sei, habe man gehofft, Evonik könne die Konjunkturabschwächung etwas umschiffen. Vor allem, da Evonik aufgrund ihres etwas komplizierteren Produktportfolios nicht als echter Peer zu den Volumenherstellern gesehen wird, habe man auf eine leichte Entkoppelung gesetzt: "Die Hoffnung hat sich per heute zerschlagen." Die Aktie wird sehr schwach erwartet.
Im Bankensektor dürften die Aktien der französischen Großbank Societe Generale nach einem überraschend stark gestiegenen Nettogewinn im zweiten Quartal gefragt sein. "Das internationale Privatkundengeschäft und auch das Investment Banking haben deutlich besser abgeschnitten als erwartet", kommentierte ein Händler das Ergebnis. Die Bank könne nun mit einbehaltenen Gewinnen die Kapitalquote auf 10 Prozent erhöhen, was aus Sicht von Investoren ein starkes positives Signal wäre. Die Aktie handele zudem mit einem Abschlag von fast 30 Prozent zum Wettbewerber BNP Paribas und dürfte folglich auf den Kauflisten auftauchen.
Von geldpolitischer Seite rückt nach dem Fed-Entscheid vom Vorabend die Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) an. Außer der "einen Tick vorsichtigeren" Einschätzung der Konjunktur habe die Sitzung der US-Notenbank keine Überraschungen für die Märkte parat gehabt, fasste ein Beobachter seine Eindrücke zusammen. Das Treffen des EZB-Rats beginnt um 9.00 Uhr (MESZ). Mit einer Entscheidung wird wie üblich gegen 13.45 Uhr gerechnet. Ab 14.30 Uhr wird EZB-Chef Mario Draghi die Ansichten seiner Kollegen vor der Presse erläutern. Zuvor wird der Zinsentscheid der Bank of England (BoE) erwartet.
Die Notenbanken in London und Frankfurt dürften im Handelsverlauf zum Schrittmacher der Finanzmärkte werden. "Die EZB dürfte an ihrer zurückhaltenden, von Konjunkturdaten abhängigen Einschätzung festhalten und auf die Unsicherheiten bei der Erholung verweisen", sagte Slavena Nazarova von der Credit Agricole. Die EZB habe keine Not, an ihrer abwartenden Haltung etwas zu ändern, denn die jüngsten Konjunkturzahlen deckten sich mit ihrer Prognose einer Erholung der Wirtschaft im zweiten Halbjahr.
Kursrisiken gehen laut Nazarova von den Einkaufsmanager-Indizes (PMI) der Eurozone-Peripherie aus. "Die PMI im verarbeitenden Gewerbe Italiens und Spaniens könnten erstmals seit mehr als zwei Jahren wieder in expansives Terrain vorstoßen", sagte die Volkswirtin. Die Dynamik der nach vorn schauenden Komponenten der Umfragen sei zuletzt positiv gewesen. Hierauf werde sich das Marktinteresse in erster Linie richten. Allerdings könnten die politischen Spannungen in diesen Ländern in der jüngsten Zeit das Geschäftsklima wieder beeinträchtigt haben. "Wir rechnen daher im Juli mit einer etwas moderateren Erholung als in den Monaten zuvor."
Quelle: ntv.de, mmo/DJ/rts