US-Jobwunder bleibt aus Dax verliert kräftig
02.09.2011, 17:55 UhrDer deutsche Aktienmarkt beendet eine turbulente Börsenwoche mit massiven Verlusten. Auslöser für das schlechte Abschneiden war eine ganze Reihe negativer Konjunktursignale aus Europa und den USA, die bei Anlegern die Angst vor einer nachhaltigen Abkühlung der Wirtschaft schürt.
Schwache Wachstumszahlen aus den USA und neue Hiobsbotschaften von der europäischen Schuldenfront haben den deutschen Aktienmarkt massiv belastet. Nur eine Handvoll Unternehmen konnten sich dem kräftigen Abwärtssog entziehen, der vor allem bei Finanz- und Konjunkturaktien zu deutlichen Abschlägen führte.
Der Dax beendete den Handel mit einem Tagesminus von 3,4 Prozent bei 5538,33 Punkten. Bereits am Vortag hatte der Leitindex unter Gewinnmitnahmen gelitten und damit einen denkbar schlechten Auftakt in den September geliefert. Der MDax sackte um 3,6 Prozent ab auf 8837,50 Punkte und der TecDax schloss mit einem Minus von 3,3 Prozent auf 729,10 Punkten.
Im August sind außerhalb der Landwirtschaft keine neuen Stellen geschaffen worden, womit sich die schwache Entwicklung der Vormonate fortsetzt. "Rezessionssorgen werden erneut geschürt. Für einen nachhaltigen Rückgang der Arbeitslosigkeit bleibt die Entwicklung der Beschäftigung nach wie vor zu gering", meint eine Volkswirtin der Helaba. Die wieder gesunkene Zuwachsrate der Stundenlöhne dämpfe die Perspektiven für den privaten Konsum im zweiten Halbjahr.
Für zusätzliches Unbehagen sorgte, dass die US-Regierung ihre Wachstumsprognose am Donnerstagabend drastisch zurückgeschraubt hat . "Das bringt nicht gerade Ruhe in den Markt", sagte ein Börsianer.
Troika verlässt Athen
Stoff für Spekulationen lieferte auch die überraschende Abreise der Finanzkontrolleure von EU, IWF und EZB aus Athen. Auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz spricht Finanzminister Evangelos Venizelos zwar davon, das das Klima der Gespräche "gut und produktiv" gewesen sei. Als Griechenland jedoch die von der "Troika" geforderten weiteren Einsparungen und Kürzungen nicht liefern wollte, seien die Vertreter abgereist. Von einem Streit will Venizelos jedoch nichts wissen. In zehn Tagen sollen die Kontrolleure wieder nach Athen kommen. Zuvor treffen sich am Montag die Vertreter der Eurozone in Brüssel. Dabei kommt am Abend auch EU-Ratspräsident Van Rompuy mit Kanzlerin Angela Merkel zusammen.
Die Schuldensituation Griechenlands gerät derweil immer weiter außer Kontrolle. Das Land wird auch seine gesenkten Sparziele nicht einhalten können, das Defizit werde 8,8 Prozent und nicht 7,5 Prozent betragen. Zudem gibt die Troika aus EU, IWF und EZB ihre Inspektion des Landes für zehn Tage auf. "Das ist Wasser auf die Mühlen aller, die mit einem Ende der Euro-Zone rechnen", so ein Händler. Europa zeige sich unfähig, die wirklichen Probleme zu lösen.
Anleger meiden Banken
Zu den größten Verlierern zählten die Finanzwerte. Deutsche Bank verloren an der Verliererspitze 5,9 Prozent, für die Commerzbank ging es um 5,5 Prozent nach unten. Auf der Deutschen Bank lasteten neben den Sorgen um die Finanzstabilität einiger europäischer Länder Händlern zufolge auch Berichte über Klagen aus den USA. Die US-Aufsichtsbehörde FHFA bereitet laut "New York Times" Klagen gegen ein Dutzend Geldinstitute vor, darunter die Deutsche Bank. Die Banken sollen den Wert von Immobilienkrediten falsch dargestellt haben, die sie bündelten und weiterverkauften.
"Aber da die Anleger derzeit ohnehin nicht gut auf Finanzwerte zu sprechen sind, passt das natürlich in das negative Stimmungsbild." Ebenfalls für Unruhe sorgte laut Händlern, dass den Beschäftigten der Deutschen Bank laut "FTD" 2012 eine weitere Sparrunde droht, sofern sich die gesamtwirtschaftliche Lage in den kommenden Monaten verschlechtert.
Deutliche Verluste mussten auch die Autowerte wegstecken. Die gestiegene Pkw-Nachfrage in Deutschland ließ die Anleger kalt - der VDIK meldete im August ein Plus von 18,3 Prozent bei den Neuzulassungen. Auch die jüngsten Zuwachsraten in den USA verpufften, da die Sorgen um den Zustand der Weltkonjunktur laut Händlern immer größer werden. BMW verloren 4,7 Prozent, Daimler gaben 3,9 Prozent ab, Volkswagen schlossen 5,2 Prozent im Minus.
Metro bürstet gegen den Strich
Die einzigen zwei Dax-Werte mit Kursgewinnen waren Papiere von Metro und FMC. Beim Handelsriesen Metro machten Börsianer dafür eine Hochstufung von Bernstein verantwortlich. Die Analysten hatten die Titel des Handelsriesen auf "Outperform" von "Market Perform" hoch gesetzt. "Das wirkt nach den deutlichen Verlusten der letzten Zeit als Katalysator", sagte ein Händler. Im vergangenen Monat hatten die Aktien mehr als 18 Prozent verloren, nun gingen sie mit 1,7 Prozent Plus aus dem Handel.
Papiere des als defensiv geltenden Dialysespezialisten FMC gingen mit einem Kursplus von 0,5 Prozent aus dem Handel, der Mutterkonzern Fresenius blieb mit einem Minus von 0,4 Prozent ebenfalls deutlich vor den Kursverlusten des Gesamtmarktes.
Relativ gut schlugen sich trotz Verlusten auch die Papiere von SAP mit einem Abschlag von 2,2 Prozent. SAP soll nun 272 Mio. US-Dollar anstelle der zuvor verhängten 1,3 Mrd. US-Dollar an Oracle zahlen.
Stühlerücken bewegt Kurse
Brenntag verloren im MDax mit 0,5 Prozent deutlich weniger als der Gesamtmarkt. Für rund 112 Mio GBP übernimmt der Konzern den britischen Spezialchemie-Distributeur Multisol. Die Transaktion soll im November abgeschlossen werden. Marktteilnehmer würdigen das Geschäft mit einer vergleichsweise stabilen Entwicklung des Chemiekalienhändler.
IVG litten unter der möglichen Entnahme aus dem MDax und büßten 9,4 Prozent ein. Noch am Vortag hatten die Papiere jedoch gegen den Gesamttrend massiv zugelegt.
Quelle: ntv.de, nne/DJ/rts