Ansturm auf Anleihen Euro fällt unter 1,29
11.08.2010, 17:30 UhrDie Konjunkturskepsis der US-Notenbank löst an den Devisenmärkten zusammen mit den schwachen Konjunkturdaten aus China größere Verschiebungen aus. Der Euro eilt nach unten, den Yen treibt es in die Höhe. Der Bund-Future erreicht ein Rekordhoch.

Die Fed kauft weiter Staatsanleihen: Die Gesichter der Treasury-Händler in Chicago sprechen Bände.
(Foto: REUTERS)
Der Eurokurs hat am Mittwoch eine Talfahrt hingelegt und ist unter die Marke von 1,29 US-Dollar gefallen. Die europäische Gemeinschaftswährung wurde am späten Nachmittag mit 1,2877 Dollar gehandelt. Im asiatischen Handel hatte der Euro noch zeitweise 1,3190 Dollar gekostet. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs auf 1,3016 (Dienstag: 1,3133) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,7683 (0,7614) Euro.
Die Sorge vor einem neuerlichen Abrutschen der USA sorgten für deutlich fallende Aktienkurse und ein Rekordhoch des Bund-Future . Getrieben von einer ausgeprägten Risikoscheu deckten sich die Anleger mit Bundesanleihen ein. Der Bund-Future sprang um rund 100 Ticks auf ein Rekordhoch von 131,24 Zählern. Die zehnjährige Bundesanleihe rentierte gleichzeitig bei 2,443 Prozent und damit so niedrig wie noch nie. Der Dax lag am Nachmittag 2,2 Prozent im Minus bei 6148 Punkten.
"Die Kursverluste des Euro im Tagesverlauf sind auf technische Faktoren zurückzuführen", meinte Folker Hellmeyer, Chefanalyst der Bremer Landesbank. Die Entscheidung der US-Notenbank vom Dienstagabend, ihre Unterstützung für die US-Konjunktur unvermindert fortzuführen, sei kein Grund für die Dollar-Gewinne, sondern ein Zeichen für die Schwäche der US-Wirtschaft. Der Euro sei einfach überkauft gewesen, jetzt habe eine Korrektur eingesetzt. Zudem belaste den Euro indirekt die Stärke des japanischen Yen.
Der Eurokurs kann in den kommenden Tagen nach Hellmeyers Einschätzung bis auf 1,2750 bis 1,28 Dollar fallen. "Ein neuer Trend zur Dollarstärke ist angesichts der schwierigen US-Wirtschaftslage allerdings nicht zu erwarten." Die strukturelle Schwäche der US- Wirtschaft spiegele sich auch in dem im Juni deutlich gestiegenen Handelsbilanzdefizit wieder. Das Handelsbilanzdefizit der USA war in dem Monat auf den höchsten Stand seit Oktober 2008 geklettert.
Gleichgewichte aus dem Ruder
Zu anderen wichtigen Währungen hatte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0,82780 (0,83520) britische Pfund, 110,56 (113,23) japanische Yen und 1,3695 (1,3895) Schweizer Franken fest gelegt. Der Preis für eine Feinunze Gold wurde in London am Nachmittag mit 1.205,50 (1.192,50) Dollar gefixt. Der Kilobarren Gold kostete 28.960,00 (28.960,00) Euro.
Zum japanischen Yen war der US-Dollar nach Daten der Handelsplattform EBS zuvor bis auf ein 15-Jahres-Tief von 84,72 Yen gefallen. Die Bewegung sei vor allem durch das Durchschreiten technischer Marken beschleunigt worden, sagten Händler. Analysten zweifelten trotz entsprechender Rhetorik des japanischen Finanzministeriums an möglichen Interventionen Japans. "Japan bräuchte dazu die Unterstützung der USA und Europa, um zu intervenieren, aber die Fed und die EZB konzentrieren sich auf andere Probleme im Moment und deshalb glaube ich nicht, dass es auf diesem Niveau möglich ist", sagte UBS-Währungsstratege Manuel Oliveri.
Flucht in die Anleihen
Auslöser für die Anleihen-Käufe und das Rekordhoch im Bund-Future war Händlern zufolge die Entscheidung der US-Notenbank, den Umfang der bisherigen Unterstützung für die Konjunktur nicht wie geplant zurückzufahren. Vielmehr soll durch die Fälligkeit bereits gekaufter Wertpapiere frei werdende Mittel reinvestiert und damit neue Staatsanleihen erworben werden. "Die Anleger scheuen wegen der von der Notenbank in den Vordergrund gestellten konjunkturellen Unsicherheiten das Risiko", erläuterte ein Händler. Die Notenbank demonstriere mit ihrer Entscheidung vor allem, dass sich die wirtschaftliche Erholung verlangsamt habe und auch in der näheren Zukunft nur mit bescheidenem Tempo vorankommen werde.
Die Maßnahmen seien aber eigentlich keine allzu große Überraschung gewesen, erläuterte Analyst Rainer Sartoris von HSBC Trinkaus. Dennoch verstärkten sich dadurch die Zweifel an einem nachhaltigen Aufschwung der weltgrößten Volkswirtschaft. Auch die Bank of England malte ein eher trübes Konjunkturbild, was Staatsanleihen zusätzlich Auftrieb gab und das Pfund zeitweise unter Druck setzte.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts