Frankreich platziert Anleihen Euro klatscht Beifall
16.01.2012, 16:00 Uhr
Kann erst einmal aufatmen: Premierminister Francois Fillon.
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Die Lage an den Devisenmärkten spricht Bände: Die Investoren lassen sich durch die Herabstufung Frankreichs nicht verunsichern. Selbst eine mit Spannung erwartete Bond-Auktion kann die Kurse kaum bewegen. Paris bekommt weiterhin reibungslos Kredit.

Frisches Fremdkapital für Frankreich: Die erste Auktion mit neuem Rating verläuft reibungslos.
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Die europäische Gemeinschaftswährung übersteht den Rating-Rundumschlag von Standard & Poor's (S&P) ohne neuerliche Kursverluste. Nach dem Rutsch vom vergangenen Freitag, als erste Gerüchte um eine bevorstehende Herabstufung mehrerer Euro-Staaten erhebliche Unruhe ausgelöst hatten, bewegt sich der Euro zu Wochenbeginn in einer vergleichsweise engen Spanne zwischen 1,2640 und 1,2680 Dollar.
Eine Auktion französischer Staatsanleihen lief problemlos über die Bühne: Trotz Herabstufung konnte sich die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurzone frisches Geld an den Finanzmärkte sichern. Die Zinsen sanken sogar im Vergleich zur letzten Versteigerung. Die erste richtige Nagelprobe nach dem "AAA"-Verlust folgt allerdings erst.
Eine Auktion von Geldmarktpapieren spülte insgesamt 8,59 Milliarden Euro in die Staatskasse, wie aus offiziellen Angaben hervorgeht. Die Zinsen sanken in allen angebotenen Laufzeiten: Um sich für drei und sechs Monate Geld zu leihen, musste Frankreich Anlegern einen Durchschnittszins von 0,165 beziehungsweise 0,281 bieten. Für Schuldverschreibungen über ein Jahr verlangten Investoren im Schnitt 0,406 Prozent Zinsen.
Am Donnerstag will Frankreich noch einmal mehr als neun Milliarden Euro bei Investoren einsammeln. Dann geht es allerdings nicht um kurzlaufende Geldmarktpapiere, die kaum Vertrauen in die langfristige Bonität eines Landes erfordern, sondern um Anleihen, die teilweise deutlich längere Laufzeiten haben.
Spannung verspricht außerdem eine Geldmarktauktion des Euro-Rettungsschirms EFSF am Dienstag. Nach der Herabstufung Frankreichs und Österreichs könnte auch der Krisenfonds demnächst seine Spitzenbonität einbüßen.
Richtungsweisende Daten aus dem Konjunkturkalender standen nicht an. Die USA fallen als Impulsgeber für den europäischen Handel zu Wochenbeginn aus. Dort wird wegen des Feiertags zu Ehren von Martin Luther King nicht gehandelt. Für Dienstag ist eine Versteigerung von Bonds des Rettungsschirms EFSF angekündigt. Der Fonds strebt eine Emission über 1,5 Mrd. Euro an.
Vor dem Wochenende hatte S&P die Kreditwürdigkeit von neun Mitgliedern des Euroraums gesenkt. Mit Frankreich verlor dabei auch die zweitgrößte Volkswirtschaft Europas die Bonitätsbestnote "AAA". Damit erhöhen sich wahrscheinlich nicht nur die Refinanzierungskosten für die betroffenen Länder. Befürchtet wird, dass damit auch die EFSF an Feuerkraft einbüßen könnte. Denn um das "AAA"-Rating des Eurorettungsfonds zu erhalten, müsste das Kreditvolumen schlimmstenfalls auf die Garantien der Länder mit der Bonitätsbestnote eingedampft werden. Die Ratingagentur Moody's hielt dagegen an der Bestnote zunächst fest. Allerdings kündigte Moody's eine Überprüfung innerhalb der nächsten zwölf Wochen an.
Analysten erwarten Konsequenzen
"Die Maßnahme von S&P kam sicher zu einem ungünstigen Zeitpunkt", erklärte LBBW-Analyst Jens-Oliver Niklasch die Reaktionen der Märkte. "Ende der letzten Woche gab es mit den Auktionen von Staatsanleihen in Spanien und teils auch in Italien erste Zeichen für eine Entspannung an den Staatsanleihemärkten. Aus dem Downgrade Österreichs und vor allem Frankreichs folgen Implikationen für den EFSF. Die verbleibenden AAA-Länder müssten ihre Garantiezusagen so weit anheben, dass die 440 Mrd. Euro Kreditvergabekapazität bei einem AAA-Rating des EFSF bestehen bleibt. Wegen politischen Widerständen dürfte aber damit nicht zu rechnen sein. Stattdessen dürfte der EFSF ebenfalls auf AA+ (bei S&P) herabgestuft werden."
Auch Folker Hellmeyer, Chefvolkswirt der Bremer Landesbank, rechnet fest mit Konsequenzen für die Euro-Retter: "Die Maßnahmen von Standard & Poors gefährden die Bewertung des EFSF und des ESM völlig zu unrecht. Der Gesundungsprozess der Eurozone wird durch diesen Schritt gefährdet. Die Etablierung einer Stabilitätsunion, die in dieser Form historisch einmalig ist, wird damit erschwert."
Neun Downgrades, ein Gewinner
Stefan Schilbe, Chefvolkswirt bei HSBC Trinkaus verwies auf die Folgen für Investoren: "Für Anleger bedeutet das kurzfristig keine übermäßige Belastung. (...) Selbst die großen institutionellen Investoren werden wohl nicht die Nerven verlieren, solang es keine Kette von Herabstufungen gibt. Im Zweifel steht die EZB ja am Rande des Marktes und kann durch Anleihekäufe etwas Wind aus den Segeln nehmen. Ich glaube nicht, dass die deutschen Renditen noch übermäßig stark fallen werden. Letzten Endes muss Deutschland ja auch immer mehr Lasten tragen, und deshalb rechne ich im Jahresverlauf eher mit steigenden Renditen."
Für Andrew Wells, Analyst der Fondsgesellschaft Fidelity, hat das S&P-Rating klare Vorteile: "Deutschland geht aus dieser Welle von Herabstufungen eindeutig als Sieger hervor." Er rechnet mit einer anhaltenden Flucht in den "sicheren Hafen" Bundesanleihen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,2669 (Freitag: 1,2771) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,7893 (0,7830) Euro. Die Feinunze Gold kostete zum Londoner Vormittag-Fixing 1643,50 Dollar. Am Freitagnachmittag wurde sie dort mit 1635,50 Dollar festgestellt.
Quelle: ntv.de, DJ/dpa/rts