"Handel weiter sehr nervös" Euro schielt nach Brüssel
26.03.2013, 12:41 Uhr
Auch wenn es nicht so aussieht: Noch hat der Euro keinen Schaden davongetragen.
(Foto: REUTERS)
Die Dijsselbloem-Debatte schlägt im Devisenhandel weiter hohe Wellen. Die Aussicht auf eine Beteiligung privater Bankkunden bei künftigen Rettungsaktionen in der Eurozone lässt Investoren frösteln. Eine Auktion in Rom verläuft unter dessen ganz anders als erwartet.
Der Kurs des Euro hat sich am Dienstag in einem nervösen Handel ein wenig von seinen Vortagesverlusten erholt. Die europäische Gemeinschaftswährung notierte am späten Nachmittag bei 1,2853 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Mittag auf 1,2861 (Montag: 1,2935) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,7775 (0,7731) Euro.
"Der Handel bleibt weiter sehr nervös", sagte Ulrich Wortberg, Devisenexperte bei der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). "Der Markt wird weiter vor allem durch die Politik dominiert." Wortberg verwies auf einen Medienbericht zu einen Gesetzentwurf des EU-Parlaments. Demnach sollen Bankkunden, die über Einlagen von über 100.000 Euro verfügen, bei einer Bankenrettung beteiligt werden.
Der Eurokurs war daraufhin zeitweise auf ein Tagestief von 1,2829 Dollar gefallen. Die Gemeinschaftswährung konnte sich jedoch rasch wieder erholen. "Offenbar wurden die Meldungen nicht geglaubt", meinte Wortberg. Ein solches Vorgehen des Parlaments käme nach den jüngsten Debatten auch überraschend.
Am Vortag hatte der neue Chef der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, mit der Aussage für Verunsicherung gesorgt, dass die Belastung von zyprischen Bankkunden als Vorbild für andere Euro-Länder dienen könnte. Der Niederländer relativierte anschließend seine Äußerungen und betonte, er sei falsch interpretiert worden. Zudem lehnten Vertreter der EZB und der EU-Kommission ein solches Vorgehen ab. "Die Kommunikation ist in diesem Fall sehr schlecht gelaufen und hat die Finanzmärkte verunsichert", sagte Wortberg.
Nach anfänglicher Erleichterung über die Einigung auf Hilfen für das pleitebedrohte Zypern war der Euro massiv unter Druck gekommen. Dijsselbloems Äußerungen wurden am Markt dahingehend verstanden, dass die Belastung von zyprischen Bankkunden als Vorbild für weitere kriselnde Euro-Länder dienen könnte.
Zwar betonte der niederländische Finanzminister später in einer Mitteilung, dass Zypern ein besonderer Fall sei und es sich bei den Hilfsprogrammen für Euro-Krisenländer stets um maßgeschneiderte Lösungen handle. Die Nervosität an den Märkten blieb aber dennoch hoch. Die "Büchse der Pandora" sei weiter geöffnet worden, kommentierte Experte Dirk Gojny von der National-Bank die Aussagen Dijsselbloems.
Der Ansage des Eurogruppen-Chefs lassen sich jedoch auch positive Aspekte abgewinnen: Langfristig dürfte eine Gesundschrumpfung schwer kontrollierbarer Finanzsektoren in schuldenbeladenen Eurostaaten schwächliche Staatshaushalte gegen neue Krisen immunisieren.
Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0,84900 (Vortag: 0,85160) britische Pfund, 121,25 (122,55) japanische Yen und 1,2209 (1,2213) Schweizer Franken fest. Die Feinunze Gold wurde am Nachmittag in London mit 1598,00 (1599,25) Dollar gefixt. Ein Kilogramm Gold kostete 39.260,00 (39.000,00) Euro.
Italien testet den Anleihen-Markt
Im Handelsverlauf stand zudem eine italienische Geldmarktauktion im Fokus der Anleger: Das nach chaotischen Parlamentswahlen politisch gelähmte Euro-Schwergewicht wollte Anleger um insgesamt 8,5 Mrd. Euro anpumpen.
Das Ergebnis dürfte pessimistische Beobachter überraschen: Rom darf sich trotz Zypern-Krise und prekärer politischer Umstände über sinkende Finanzierungskosten freuen. Um sich für sechs Monate 8,5 Mrd. Euro zu leihen, musste die drittgrößte Wirtschaftsmacht im Euroraum Investoren deutlich niedrigere Zinsen bieten als zuletzt. Das geht aus Angaben der italienischen Schuldenagentur in Rom hervor.
Gegenüber der letzten Versteigerung am 26. Februar sanken die Zinsen für die kurzlaufenden Staatstitel von 1,24 auf 0,83 Prozent.
Moody's-Gerüchte im Markt
Nach chaotischen Parlamentswahlen ohne klare Mehrheiten bleibt die politische Lage in Italien unübersichtlich. Dass weiterhin keine stabile Regierungsbildung in Sicht ist, schreckt Investoren bislang aber offenbar kaum ab. Und das, obwohl sich zudem hartnäckig Gerüchte über eine bevorstehende Abstufung der Kreditwürdigkeit durch die Ratingagentur Moody's am Markt halten.
Zur Wochenmitte will Rom Staatsanleihen mit fünf- und zehnjähriger Laufzeit an den Markt bringen und weitere bis zu sieben Milliarden Euro aufnehmen.
Im fernöstlichen Handel hatte der Euro zum Dollar leicht zugelegt. Analysten verwiesen auch hier auf die Dijsselbloem-Aussagen. Zwar sei die Aussage später zum Teil zurückgezogen worden, sagte Vassili Serebriakov von BNP Paribas. Allerdings werde nun trotzdem am Markt davon ausgegangen, dass bei zukünftigen Rettungspaketen der Privatsektor eine größere Rolle spielen werde. Auf lange Sicht werde das den Euro eher belasten.
Quelle: ntv.de, dpa/rts