Devisen-Vorschau Euro zittert mit Athen
19.06.2011, 16:09 Uhr
Dunkle Wochen für den Euro.
(Foto: REUTERS)
Unverändert steht die Griechenland-Krise im Mittelpunkt des Interesses am Devisenmarkt. Ging es jedoch bislang eher um die Schachzüge der Euro-Mitgliedsländer sorgen sich die Anleger nun verstärkt um die politische Situation in Athen.
Kann Griechenland eine Staatspleite vermeiden? Das ist unverändert die zentrale Frage an den internationalen Währungsmärkten. Geändert hat sich aber die Wahrnehmung der Risiken. Waren es bis vor kurzem noch die Differenzen unter den Mitgliedsländern der Eurozone und auch innerhalb der Regierungen, so richten sich die bangen Blicke immer mehr auf die politische Lage in Griechenland selbst.
Am Mittwoch und Donnerstag geriet die Gemeinschaftswährung auf breiter Front unter starken Druck. Auslöser war die Regierungskrise in Griechenland, die von heftigen Ausschreitungen auf den Straßen Athens begleitet wurde. Die Nachrichten und Fernsehbilder aus der Hauptstadt ließen den Euro innerhalb kurzer Zeit um mehr als 2 US-Cent abbröckeln.
Bitte Nerven behalten
Das Schicksal Griechenlands liege nun vor allem in den Händen der Griechen selbst, meint Rolf Schäfer von der Landesbank Baden-Württemberg. "Sollten die griechische Regierung und die Bevölkerung die neuen Sparmaßnahmen nicht akzeptieren, dann gibt es keinen anderen Weg als dass Griechenland als Schuldner ausfällt", prognostiziert der Kreditanalyst.
Damit verbunden wären massive Risiken für die anderen Staaten der Eurozone-Peripherie sowie für das europäische Bankensystem. "Man kann also nur hoffen, dass die Entscheidungsträger und das griechische Volk die Nerven behalten", warnt Schäfer. Voraussichtlich am Sonntag wird über die politische Zukunft des Ministerpräsident Giorgos Papandreou entschieden. Beobachter rechnen in der Mehrzahl damit, dass Papandreou im Amt bleibt.
Am Sonntag treffen sich auch die Euro-Finanzminister und beraten über Hilfen für Griechenland. "Das Kritische ist, dass wir mittlerweile an einem Punkt angelangt sind, an dem selbst im Fall einer Einigung auf europäischer Ebene über ein Rettungspaket die Kuh immer noch nicht vom Eis ist", merkt die HSH Nordbank an. Denn die griechische Regierung müsse zu den geforderten Einschnitten auch bereit sein. "Der Euro bleibt angeschlagen", lautet das Fazit der Bank.
Ähnlich sieht es David Mackie von J.P. Morgan: "Das wahre Risiko kommt aus Griechenland selbst", meint der Chefvolkswirt von J.P. Morgan in London. In der eigenen Partei verliere Papandreou an Unterstützung. Und im gesamten politischen Spektrum und in der Bevölkerung gebe es "riesige Konflikte". Sollte Papandreou stürzen, werde eine neue Regierung die Bedingungen für die Hilfen wohl neu aufdröseln wollen.
In diesem Szenario schließt Mackie eine Zahlungsunfähigkeit Griechenlands nicht aus. "Das wäre für alle ein Desaster, einschließlich der Griechen", meint der Volkswirt. Das Bankensystem des Landes und seine Wirtschaft dürften zusammenbrechen. Und die Eurozone möglicherweise in eine neue Finanzkrise taumeln. Düstere Aussichten für die Gemeinschaftswährung.
Quelle: ntv.de, DJ