Marktberichte

Putin stellt "Aktionsplan" vor Dax schließt auf 5-Wochenhoch

Entspannung zwischen Russland und dem Westen? Schon auf die ersten Berichte hin greifen Anleger im Dax hoffnungsvoll zu.

Entspannung zwischen Russland und dem Westen? Schon auf die ersten Berichte hin greifen Anleger im Dax hoffnungsvoll zu.

(Foto: REUTERS)

Unverhoffter Rückenwind an der Börse: Überraschenden Signale aus Kiew und Moskau hieven den deutschen Leitindex weit ins Plus. Doch Börsianer mahnen zur Vorsicht. Die Rally sei, so heißt es, ebenso fragwürdig wie die Waffenruhe selbst.

Die Aussichten auf eine friedliche Beilegung der Ukraine-Krise haben dem deutschen Aktienmarkt zur Wochenmitte kräftig angeschoben. Der Leitindex Dax beendete den Handelstag 1,26 Prozent im Plus bei 9626,49 Punkten und erreichte damit den höchsten Stand seit Ende Juli. Das Tageshoch aus dem Verlauf liegt bei 9683,10 Zählern, das Tagestief bei 9528,72 Punkten. Der Nebenwerteindex MDax schloss 0,59 Prozent fester bei 16.241,30 Punkten. Der TecDax gewann 0,78 Prozent auf 1260,86 Punkte.

Nach einem zögerlich-freundlichen Handelsstart zogen die Kurse am späten Vormittag unvermittelt kräftig an, als erste Berichte über einen Waffenstillstand in der Ukraine den Markt erreichten. Der Dax konnte bei hohen Umsätzen über die 9600er-Marke springen und seine Gewinne im weiteren Verlauf weitgehend halten. Selbst ein Dementi aus dem Kreml konnte die neugewonnene Zuversicht kaum dämpfen. Am Nachmittag legte Russlands Präsident Putin schließlich einen eigenen "Aktionsplan" zur Beendigung der Kampfhandlungen vor.

Bewegung im Ukraine-Konflikt

Die überraschende Wendung im Ukraine-Konflikt rief jedoch nicht nur auf politischer Ebene skeptische Reaktionen hervor: Anleger sollten den jüngsten Aufschwung am Aktienmarkt nicht überbewerten, mahnte Analyst Jens Klatt vom Broker DailyFX. Die Rally sei so fragwürdig wie die Waffenruhe selbst.

Robuste Konjunkturnachrichten aus China stützten den Markt zusätzlich: In der Volksrepublik hellte sich das Geschäftsklima im August deutlich auf. In Europa wiederum trübte sich die Stimmung in der EU-Wirtschaft im vergangenen Monat stärker ein als erwartet. Dies, so meinten Analysten, dürften die Forderungen nach einer weiteren Lockerung der Geldpolitik durch die Europäische Zentralbank (EZB) unterstreichen.

Die Erwartungshaltung im Markt sei hoch und damit auch das Enttäuschungspotenzial, warnte Andreas Paciorek, Marktanalyst bei CMC Markets. "Liefert Draghi den Märkten allerdings ein Geschenk, könnte die Freude darüber den Dax schnell wieder auf Rekordjagd schicken."

Dax fast komplett im Plus

In der Arena der Einzelwerte waren im deutschen Aktienhandel insbesondere jene Unternehmen gefragt, die in den vergangenen Wochen unter den Sanktionsdrohungen und den Einschränkungen im Russland-Handel besonders gelitten hatten.

Für Aktien aus dem Automobilsektor ging es deutlich nach oben: "Bei den Russland-Aktivitäten liegen die Autohersteller im oberen Drittel der Dax-Unternehmen", sagte Metzler-Analyst Jürgen Pieper. Die Aktien von BMW stiegen um 2,3 Prozent, der Kurs der Daimler-Papiere verteuerte sich um 1,8 Prozent.

Im Dax gab es zur Wochenmitte abgesehen von SAP nur Gewinner. Spekulationen über eine Milliardenübernahme sowie ein negativer Analystenkommentar drückten die Aktien des Softwarekonzerns mit 0,9 Prozent ins Minus. Stärkster Dax-Wert waren die Papiere von Adidas mit einem Plus von knapp 2,8 Prozent.

Aktien aus dem Finanzsektor waren zur Wochenmitte ebenfalls auffallend stark gefragt: Die Titel profitierten besonders stark von möglichen Wertpapierkäufen der EZB, wie ein Händler sagte. Die Aktien der Deutschen Bank legten 2,3 Prozent zu. Die Aktien der Commerzbank notierten zum Handelsschluss 1,5 Prozent fester bei 11,80 Euro. Coba-Chef Blessing hatte zuvor der Debatte um Euro-Bonds einen neuen Anstoß gegeben.

Der deutliche Rückgang beim Ölpreis verhalf den treibstoffintensiven Branchen ins Plus. Rohöl war am Dienstag auf den niedrigsten Stand seit über einem Jahr gefallen, was die Fluggesellschaften entlastet. Die Aktien der Lufthansa stiegen zur Wochenmitte um 2,4 Prozent.

Mehr Puffer für Versicherer

Änderungen im regulatorischen Rahmenwerk lenken die Aufmerksamkeit der Anleger zudem auf die Versicherer. Versicherungskonzerne bekommen künftig zusätzlichen Spielraum bei der Anlage von Kundengeldern, müssen dafür aber langfristig mehr Eigenkapital zurücklegen.

Die Bundesregierung bringt ein neues Regelwerk auf den Weg, das EU-Vorgaben ("Solvency II") vollständig umsetzt. Damit würden die Rechte der Versicherungsaufsicht gestärkt, um Risiken schneller erkennen und Kundenansprüche besser schützen zu können, hieß es aus Regierungskreisen. Die Regeln sollen zum 1. Januar 2016 in Kraft treten und werden - wie bei der strengeren Bankenregulierung - dazu führen, dass Versicherer zusätzliches Eigenkapital benötigen. Nach Branchenangaben soll den Unternehmen aber eine mehrjährige Übergangsfrist eingeräumt werden. Die Aktien der Allianz schlossen 1,1 Prozent fester.

Gabriel treibt Rheinmetall-Kurs an

Bei Rheinmetall nährte ein Zeitungsartikel Hoffnung auf eine Fusion mit dem Rüstungsunternehmen Krauss-Maffei Wegmann. An der MDax-Spitze verbuchten die Rheinmetall-Titel daher einen Kurszuwachs von 4,3 Prozent.

Eine Anteilsplatzierung durch den Finanzinvestor Permira ließ die Papiere von Hugo Boss dagegen mit Abschlägen von knapp 5,7 Prozent ans MDax-Ende sacken. Der Großaktionär des Modekonzerns hatte seinen Anteil auf rund 40 Prozent reduziert.

Die Aktien von Metro legten mit Blick auf die starke Russland-Abhängigkeit des Konzerns um 2,4 Prozent zu. Zudem verkauft der Konzern den Anteil am britischen Unternehmen Booker für rund 200 Millionen Pfund.

Die Aktien von United Internet profitierten von der angekündigten Übernahme des noch ausstehenden 74,9-Anteils am Glasfaserbetreiber Versatel. Sie verteuerten sich im TecDax um 2,3 Prozent. Ein Händler wertete den Schritt positiv. United Internet erhalte dadurch Zugriff auf das zweitgrößte deutsche Glasfasernetz. Dies bringe Einsparungen und positive Sondereffekte.

Der Eurostoxx50 gewann 1,2 Prozent auf 3218,84 Punkte. Kursaufschläge gab es auch beim Cac-40-Index in Paris sowie beim FTSE-100-Index in London. In New York stand der Dow Jones Industrial zum europäischen Handelsschluss ebenfalls im Plus.

Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite börsennotierter Bundeswertpapiere von 0,78 Prozent am Vortag auf 0,80 Prozent. Der Rentenindex Rex gab um 0,11 Prozent auf 137,92 Punkte nach. Der Bund-Future sank um 0,12 Prozent auf 150,83 Punkte. Der Kurs des Euro stieg. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,3151 (Dienstag: 1,3115) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,7604 (0,7625) Euro.

Quelle: ntv.de, mmo/kst/AFP/DJ/dpa/rts

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