Dax-Vorschau Tanz auf der 8000
09.03.2013, 16:00 Uhr
Das Allzeithoch im Blick: Fundamentale Probleme blendet der Markt mangels Alternativen aus.
(Foto: dapd)
Nach dem starken Aufwärtsdrang der vergangenen Tage bleiben alle Augen am deutschen Aktienmarkt auf das nahe Allzeithoch gerichtet. Doch skeptische Beobachter warnen: Die kleinere Störungen könnten neue Unruhe auslösen. Schon drängt das Thema Italien wieder nach vorn.
Der Höhenflug im deutschen Aktienhandel könnte nach Ansicht von Marktbeobachtern auch in der kommenden Woche weiter anhalten - falls angesichts der politischen Ungewissheit in Italien nicht erneut Nervosität aufkommen sollte.
Im Leitindex Dax liegt das Rekordhoch vom 13. Juli 2007 bei 8151,57 Punkten zum Greifen nah: Erst kurz vor dem Wochenende hatte das wichtigste deutsche Börsenbarometer erstmals seit Anfang 2008 zeitweilig die vor allem psychologisch bedeutsame Marke von 8000 Punkten überwunden. Der Dax beendete die Woche mit einem kleinen Plus von 0,59 Prozent auf 7986,47 Punkte und blieb damit nur knapp 135 Zähler unter seinem bisherigen Allzeithoch.
Auf Wochensicht stieg der Deutsche Aktien-Index um satte 3,61 Prozent. Investmentanalyst Thomas Hollenbach von der Landesbank Baden-Württemberg sieht darin ein positives Signal, dass ein neues historisches Hoch nur noch eine Frage der Zeit sei. Der MDax ging am Freitag hingegen 0,08 Prozent schwächer bei 13.352,53 Punkten aus dem Handel. Der TecDax büßte 0,33 Prozent auf 919,08 Punkte ein.
An den übrigen europäischen Börsen schwangen sich die großen Indizes dagegen ebenfalls zu neuen Höhen auf: Der britische FTSE100 und der Schweizer SMI erreichten jeweils ein neues Fünf-Jahres-Hoch. Der Eurostoxx50 gewann am Freitag 1,3 Prozent auf 2726,83 Zähler. Zuvor war bereits der Tokioter Nikkei auf ein Viereinhalb-Jahres-Hoch gestiegen. Der MSCI-Weltaktienindex stieg in der Spitze auf 360,20 Zähler und notierte damit so hoch wie zuletzt Ende Juni 2008.
Treibende Kraft der positiven Entwicklung an den Börsen bleibt die lockere Geldpolitik der Notenbanken. "Die Fed sorgt für Liquidität und die Europäer garantieren den Bestand des Euro. Das bringt Sicherheit und genau das wollen die Märkte", kommentierte Daniel Saurenz, Finanzanalyst bei Feingold Research. Marktstratege Robert Halver von der Baader Bank sprach von "der Kraft der drei Herzen": Billiges Geld, Konjunkturstütze und fehlende Anlagealternativen.
Bei aller Euphorie mahnen Experten zur Vorsicht, da schon "kleinste Stressfaktoren für relativ große Nervosität sorgen können." Die Themen Schuldenkrise in Europa und US-Haushaltsstreit seien zwar in den Hintergrund getreten, das könne sich aber schnell wieder ändern. Schon in der kommenden Woche könnte wieder Italien in den Fokus der Märkte rücken, fuhr Hollenbach fort. Die dortigen unklaren Verhältnisse nach den Parlamentswahlen dürften sich so schnell nicht lichten. Am Freitag hatte die Ratingagentur Fitch die Kreditwürdigkeit des Landes nach Börsenschluss um eine volle Notenstufe gesenkt.
"Die Anleger verschließen momentan anscheinend die Augen vor der Wirklichkeit", meinte Händler Stefan Chmielewski von Lang & Schwarz mit Blick auf die weiter gärenden Schuldenprobleme in der Eurozone und den USA. Viele drängten nur deshalb in den Aktienmarkt, weil andere Anlage-Klassen kaum etwas abwürfen.
Wie es am Freitag aus zuverlässigen Kreisen in Brüssel hieß, werden sich die Staats- und Regierungschefs der Eurozone am Rande des EU-Gipfels nächste Woche zu einem Extratreffen versammeln. Die Zusammenkunft sei in der Nacht vom Donnerstag (14. März) auf Freitag geplant. Bei dem Extratreffen dürfte es unter anderem um Italien gehen.
Dünger, Zement, Passagiere und Baustellen
Einstweilen kommt für die Märkte aber zusätzlich zur Notenbankpolitik auch von Unternehmensseite Rückenwind. So läuft die Berichtssaison für das vierte Quartal dem Aktienstrategen Markus Wallner von der Commerzbank zufolge bisher besser als erwartet. Entsprechend richtet sich der Fokus der Anleger auch in der neuen Woche auf Bilanzvorlagen.
Unter anderem öffnen die Dax-Konzerne K+S und HeidelbergCement die Bücher. Analyst Gregor Kuglitsch von der UBS geht davon aus, dass der Baustoffkonzern im Schlussquartal erneut von einem günstigen geografischen Geschäftsmix profitiert hat - ein Trend, der sich fortsetzen sollte.
Bei Konzernen wie der Lufthansa oder Bilfinger Berger, die bereits erste Eckdaten vorgelegt haben, dürften vor allem die Geschäftsausblicke interessieren. Bei der Fluggesellschaft stehe zudem die laufende Restrukturierung und bei dem Baudienstleister mögliche Signale für weitere Zukäufe im Dienstleistungssektor im Blick, sagten Analysten.
Am Devisenmarkt hatten die starken US-Arbeitsmarktdaten den Dollar-Index vor dem Wochenende auf ein Sieben-Monats-Hoch von 82,92 Punkten gehievt. Im Gegenzug verbilligte sich der Euro auf 1,2988 Dollar, nach 1,3107 Dollar zum New Yorker Vortagesschluss. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs auf 1,3090 (Donnerstag: 1,3010) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,7639 (0,7686) Euro.
Gleichzeitig verloren die als sicher, aber renditeschwach geltenden Anleihen und Edelmetalle an Attraktivität. Der Bund-Future fiel um 35 Ticks auf 142,48 Punkte und sein US-Pendant, der T-Bond-Future, notierte mit 142 Zählern zeitweise so niedrig wie zuletzt im Mai 2012. Der Preis für eine Feinunze Gold fiel auf ein Zwei-Wochen-Tief von 1560,80 Dollar.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa