Von einem Hoch zum nächsten Börsen im Rekordfieber
08.03.2013, 11:23 Uhr
Weltweit überspringen die Indizes eine Hürde nach der anderen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Rezession, Schuldenkrise, Sparbombe – trotz dieses unerfreulichen Dreiklangs treibt es Börsen weltweit in Rekordhöhen. Investoren decken sich mit Aktien ein, als gäbe es kein Morgen mehr. Warum eigentlich?
An den Börsen scheint es derzeit kein Halten zu geben. An der Wall Street, in Tokio oder in Frankfurt kennen die Indizes nur eine Richtung: nach oben. Mit dem Dow Jones erreicht der älteste Index der Welt den höchsten Stand aller Zeiten, der S&P 500 ist kurz davor, und auch der Dax ist auf dem besten Wege, bald ein neues Allzeithoch zu erklimmen.
Angesichts der immensen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, mit denen sich Europa, die USA oder Japan herumschlagen, wirkt dieser Optimismus übertrieben. Schließlich leiden weite Teile der Eurozone unter Rezession und hoher Arbeitslosigkeit, in den USA treten Haushaltskürzungen nach dem Rasenmäherprinzip in Kraft, und Japan hat sich aus der Abwärtsspirale aus Konjunkturschwäche und Deflation noch lange nicht befreit.
Dass die Aktienmärkte dennoch auf Rekordjagd gehen, hat mehrere Gründe. Börsianer nennen vor allem einen: Liquidität. "Die Aktienmärkte reiten auf der Welle des billigen Notenbank-Geldes", bringt es Anlagestratege Alan Gayle von Ridgeworth Investments auf den Punkt. Marktstratege Robert Halver von der Baader Bank drückt es so aus: "Alle Krisen werden in Liquidität ertränkt und an einen Ausstieg noch lange nicht gedacht." Halver ist sich sicher, dass die Notenbanken die Zinsen noch lange niedrig halten werden: "Zumindest bis der Berliner Flughafen in Betrieb geht."
Die Zentralbanken geben tatsächlich keinen Hinweis darauf, dass sie die Politik des billigen Geldes bald beenden werden – im Gegenteil. Die Vizechefin der US-Notenbank Fed, Janet Yellen, betont, dass die Anleihekäufe weiter nötig seien. Der künftige Chef der Bank of Japan, Haruhiko Kuroda, ist Verfechter einer ultra-lockeren Geldpolitik, und selbst die EZB gibt Anlass für Spekulationen auf eine weitere Zinssenkung.
"Es kommt eine Menge Schub für die Aktien aus Barmitteln und Bonds. Derzeit hat die Stimmung gegenüber den Fundamentaldaten die Oberhand", so Stephen Wood von Russell Investments in New York.
Geld will angelegt werden
Doch für die Kurssprünge an den Börsen gibt es auch andere Gründe. "Liquidität ist aber nur ein Baustein der Hausse", sagt Folker Hellmeyer, Chef-Volkswirt der Bremer Landesbank. "Der Erfolgspfad der Weltwirtschaft setzt sich fort." In den USA und China deuten Frühindikatoren auf eine Belebung hin, Japans Wirtschaft wächst wieder, und in Deutschland dürfte die Konjunktur die Talsohle durchschritten haben. "Selbst in den krisengeschüttelten europäischen Nachbarländern scheint die Abwärtsbewegung allmählich auszulaufen", sagt Heleba-Chefvolkswirtin Getrud Traud. Zudem sind die Turbulenzen an den europäischen Anleihemärkten abgeebbt, die Angst vor einem Auseinanderbrechen der Eurozone nahezu verschwunden.
Halver vernimmt an den Börsen einen "Dreiklang der Glückseligkeit" aus reichlich Liquidität, anziehender Konjunktur und einem Mangel an Alternativen. Die Zinsen dümpeln auf Rekordtief, der Rentenmarkt bietet magere Renditen, meist unterhalb der Inflation. Für viele Investoren heißt es deshalb trotz aller Risiken: Aktien kaufen.
Quelle: ntv.de, mit rts/dpa