Börsenpläne stocken Bahn will mehr Dampf
31.03.2008, 11:42 UhrDie Deutsche Bahn sieht sich nach einem Gewinnplus 2007 auf Kurs für einen baldigen Börsengang und gibt ihren Fahrgästen eine Preisgarantie für dieses Jahr. Trotz massiver Belastungen aus hohen Tarifabschlüssen werde der bundeseigene Konzern "unterjährig keine Preise erhöhen", sagte Bahnchef Hartmut Mehdorn.
Die mehrfachen Streiks der Lokführergewerkschaft GDL sorgten für Einbußen bei Umsatz und Ergebnis in Millionenhöhe. Dennoch stieg der Gewinn laut Bilanz unter dem Strich auf 1,72 Mrd. Euro nach 1,68 Mrd. Euro im Vorjahr. Mehdorn warb erneut für eine baldige Entscheidung der Politik zur Teilprivatisierung der Bahn.
Bahn will weiter wachsen
Als Termin für einen Börsengang sei dieser Herbst nach wie vor zu schaffen, sagte Mehdorn. Frisches Kapital sei angesichts der Öffnung der europäischen Verkehrsmärkte dringend erforderlich, um im Ringen mit bereits börsennotierten Konkurrenten bestehen zu können. Mehdorn äußerte sich zuversichtlich, dass die Politik nach langer Diskussion um eine Teilprivatisierung in den nächsten Wochen die Weichen dafür stellen werde. Die schwarz-rote Koalition strebt bis 28. April eine Entscheidung über die Zukunft des letzten großen Staatsunternehmens an. Geprüft wird dafür derzeit ein Modell, wonach Investoren nicht vom Gesamtkonzern, sondern von einer Zwischenholding für den Güter- und Personenverkehr Minderheitsanteile kaufen können.
Die Teilprivatisierung der Bahn hängt wegen des Widerstandes der SPD-Linken. Die Regierungsfraktionen wollen in der Koalitionsrunde am 28. April endgültig über die Zukunft des Konzerns entscheiden.
Börsengang: SPD sucht nach Königsweg
Kurz vor der ersten Sitzung der SPD-Arbeitsgruppe zur Bahn-Privatisierung haben die Parteiflügel ihre unterschiedlichen Auffassungen bekräftigt. Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises, Klaas Hübner, verteidigte am Montag im Deutschlandfunk den Börsengang eines Teils des Unternehmens. Zwar müsse das Schienennetz im Besitz des Bundes bleiben. "Das, was auf den Schienen passiert", könne aber privatisiert werden. Dabei sprach er sich gegen das Volksaktienmodell aus, dass die Vergabe von Vorzugsaktien ohne Stimmrechte vorsieht. Diese könnten am Kapitalmarkt nur mit Abschlägen verkauft werden und damit den Erlös schmälern. "Insofern glaube ich, dass eine Vorzugsaktie kein richtig guter Weg ist." Wichtig sei eine breite Streuung der Aktien.
Der der SPD-Linken zugerechnete Herrmann Scheer, der das Volksaktien-Modell mit entwickelt hat, sagte, statt eines Teil-Börsenganges wäre auch eine Anleihe zur Beschaffung des für Investitionen benötigten Kapitals möglich. Ein privater Investor würde auf eine hohe Rendite drängen und beispielsweise die Schließung unrentabler Strecken fordern, was aber nicht dem öffentlichen Auftrag der Bahn entspreche.
Am Montagabend soll die SPD-Arbeitsgruppe zur Bahn-Privatisierung zu ihrer Auftaktsitzung zusammenkommen. Der Parteivorsitzende Kurt Beck hatte die Bahn-Privatisierung zur Chefsache gemacht und strebt Ende April ein Ergebnis an.
Gewinnplus 2007
Trotz Belastungen aus dem monatelangen Arbeitskampf mit der Lokführergewerkschaft GDL verbesserten sich wichtige Kennziffern. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) stieg auf 2,9 Mrd. Euro nach 2,5 Mrd. Euro im Jahr zuvor. Zu Buche schlugen dabei auch Sondereffekte aus Anteilsverkäufen, unter anderem an der Reederei Scandlines. Ohne Sondereffekte betrug das Ebit im vergangenen Jahr 2,37 Mrd. Euro und lag damit den Angaben zufolge über dem vergleichbaren Wert von 2006 in Höhe von 2,14 Mrd. Euro. Die Streiks hätten sich mit 160 Mio. Euro negativ auf das Ergebnis ausgewirkt, auf den Umsatz mit 170 Mio.. Insgesamt stiegen die Erlöse auf 31,3 (Vj.: 30,1) Mrd. Euro.
Wie Finanzvorstand Diethelm Sack erläuterte, wird für dieses Jahr eine Umsatzsteigerung von rund fünf Prozent angestrebt. Dabei seien Effekte aus mehreren 2007 hinzugekauften Töchter nicht enthalten. Beim Ebit sei der Wert des vergangenen Jahres, der von Sondererträgen geprägt war, voraussichtlich nicht wieder zu erreichen.
Im vergangenen Jahr verbuchten laut Bilanz alle Geschäftsfelder Gewinn. Dabei legte die Fernverkehrssparte beim Ebit um 15 Mio. auf 139 Mio. Euro zu, obwohl Belastungen von 72 Mio. Euro aus dem Tarifstreit zu Buche schlugen. Der Nahverkehr verzeichnete einen Gewinnrückgang auf 451 (Vj.: 690) Mio. Euro. In der Sparte wurden den Angaben zufolge die Verkehrsverträge mit den Ländern wegen steigender Energie- und Personalkosten neu bewertet.
Quelle: ntv.de