Extrasteuer für Ölmultis? Benzinpreis über 1,50
10.05.2008, 09:29 UhrDer Benzinpreisrekord von erstmals über 1,50 Euro in Deutschland hat die Diskussion über Entlastungen der Autofahrer neu angefacht. Angesichts der immer höheren Benzinpreise schlägt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) die Einführung einer Sondersteuer auf Ölgewinne vor.
Die Energieexpertin des Instituts, Claudia Kemfert, sagte gegenüber der "Bild", eine Extrasteuer auf die Gewinne der Mineralölfirmen könne den Preisanstieg dämpfen. Zugleich regte sie an, mit einem Teil des Geldes finanzschwache Autofahrer zu entlasten. "Die Einnahmen einer solchen Steuer könnten auch den Autofahrern mit niedrigen Einkommen zugute kommen", sagte Kemfert. Wie hoch eine solche Steuer sein sollte, sagte sie nicht. Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) befürchtet, dass der hohe Benzinpreis zunehmend zur Gefahr für die Konsumlust der Bundesbürger und damit für die Konjunktur werden könnte.
Auch Energieexperten aus der Politik und von Automobilclubs fordern Steuererleichterungen und eine Erhöhung der Pendlerpauschale. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sprach sich im "Express" für einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Kraftstoffe aus.
Auch Ulrich Klaus Becker, ADAC- Vizepräsident für Verkehr, forderte die Regierung auf regulativ einzugreifen, entweder die Pendlerpauschale zu erhöhen oder die Ökosteuer auszusetzen. Doch der Staat verdient prächtig mit an der Tanksäule: Momentan fließen 89 Cent pro Liter direkt in die Staatskasse.
Auch Diesel auf Rekordhoch
Kurz vor dem langen Pfingstwochenende durchbrach der Benzinpreis erstmals in Deutschland die Marke von 1,50 Euro je Liter. Nach Angaben aus der Mineralölwirtschaft in Hamburg waren für einen Liter Benzin im bundesweiten Durchschnitt an Markentankstellen 1,51 Euro zu bezahlen. Auch der Dieselpreis erreichte mit 1,45 Euro je Liter einen neuen Höchststand.
Als Grund für die Preissteigerungen nannten Mineralölkonzerne die hohen Notierungen am europäischen Markt für Ölprodukte in Rotterdam. Die Rohölpreise kletterten am Freitag an den internationalen Märkten erstmals über die 125-Dollar-Marke, zeitweilig sprang der US-Ölpreis sogar über 126 US-Dollar je Barrel (159 Liter), bevor er am Abend wieder leicht nachgab.
Erklärungsversuche
Nachvollziehbare Gründe kann Jürgen Albrecht, Benzinmarkt-Experte des ADAC, für die Preisexplosion nicht erkennen. Die Nachfrage nach Öl sei seit Anfang des Jahres nicht merklich gestiegen, auch die Produktion sei nicht gedrosselt worden. Er sieht eher psychologische Faktoren wie befürchtete Lieferengpässe hinter den Steigerungen. "Daher sehe ich keinen Grund, warum die Ölpreise nicht auch wieder sinken können", sagte Albrecht.
Ihm widersprach Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank. Walter prognostiziert steigende Preise, die vornehmlich auf den steigenden Energiebedarf von Ländern wie China und Indien zurückgehen: "Die große Nachfrage, die Engpässe beim Angebot und die mangelnde strategische Ausrichtung bei Politik und Wirtschaft auf Alternativen wird uns weiterhin ein eher hohes Niveau bescheren."
Autofahrer entlasten!
Angesichts der Benzinpreisexplosion forderte Becker vom ADAC, die Pendlerpauschale zu erhöhen. Auch die Aussetzung der Ökosteuer müsse die Regierung auf die Tagesordnung setzen: "Der Staat kassiert immer größere Summen an Steuergeldern vom Autofahrer, während Millionen von Menschen längst nicht mehr wissen, wovon sie die nächste Tankrechnung bezahlen sollen", sagte Becker dem "Express".
CSU-Chef Huber erneuerte seine Forderung, die Kürzung der Pendlerpauschale zurückzunehmen. "Wir dürfen die Pendler, die mit den steigenden Spritpreisen zu kämpfen haben, nicht im Regen stehen lassen", sagte er der Zeitung.
FDP-Generalsekretär Niebel meinte im "Express", die Regierung sei nicht für den Ölpreis am Weltmarkt haftbar zu machen, aber sie könne den Preisanstieg durch einen teilweisen Verzicht auf Steuern dämpfen. "Kraftstoff gehört zum alltäglichen Bedarf in einer mobilen Gesellschaft, deshalb sollte der Mehrwertsteueranteil auf den ermäßigten Satz von sieben statt 19 Prozent gesenkt werden - wie bei anderen Grundbedarfsartikeln."
Gemeinsam wird's billiger
Der Auto Club Europa (ACE) drängt utnerdeesen auf mehr Fahrgemeinschaften auf dem Weg ins Büro oder in die Fabrik. "Hier können die Arbeitnehmer, deren Arbeitsplätze benachbart sind, viel Benzingeld sparen", sagte ACE-Sprecher Rainer Hillgärtner in Stuttgart. Auch die Arbeitgeber seien in der Pflicht, Pendler zum gemeinsamen Fahren anzuhalten. "Wir fordern, dass die Organisation der Berufspendelei in den Unternehmen zur Chefsache wird. Denn auch Arbeitgeber stehen in der Verantwortung, Verkehrsprobleme vor Ort mit lösen zu helfen."
Quelle: ntv.de