Teilverstaatlichung in London Britannien rettet Banken
08.10.2008, 20:12 UhrMit einem Rettungspaket im Gesamtvolumen von 500 Mrd. Pfund will die britische Regierung wieder Stabilität in das angeschlagene Bankensystem bringen. Gleichzeitig senkte die Britische Zentralbank überraschend den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte auf 4,5 Prozent. Experten hatten zuvor gewarnt, dass Maßnahmen der Regierung nur mit einer Zinssenkung greifen würden. Obwohl der Staat künftig zum Anteilseigner an den größten Banken des Königreichs wird, wollte die Regierung nicht von einer Teilverstaatlichung sprechen. In der Londoner City wurde das Finanzpaket der Regierung begrüßt.
Das Rettungspaket besteht aus drei Säulen: Zunächst steigt der Staat mit einer Finanzspritze von 50 Mrd. Pfund (65 Mrd. Euro) bei acht großen Banken ein, erklärte Finanzminister Alistair Darling. Im Gegenzug erhält die Regierung Vorzugsaktien der Finanzinstitute, aber keine Kontrollbefugnisse. Außerdem werde die Zentralbank weitere 200 Mrd. Pfund (258 Mrd. Euro) zur Verfügung stellen, um Banken mit Liquidität zu versorgen. Als dritten Schritt garantiert die Regierung Anleihen der Kreditinstitute im Volumen von etwa 250 Mrd. Pfund.
Schulden für "richtige Entscheidung"
Premierminister Gordon Brown betonte den Unterschied zu den Rettungsmaßnahmen der US-Regierung für amerikanische Banken. Großbritannien werde nicht wie die USA faule Kredite aufkaufen. Die Kapitalspritze von 50 Mrd. Pfund sei eine Investition, und durch den Erwerb von Vorzugsaktien seien die Interessen des britischen Steuerzahlers geschützt, sagte Brown mit Blick auf die damit verbundene Besserstellung im Vergleich zu Stammaktionären. "Es ist die richtige Entscheidung für Großbritannien", sagte der Premierminister. Um das gewaltige Paket zu finanzieren muss sich die britische Regierung weiter verschulden.
Von dem Rettungspaket sollen die acht größten Banken und Bausparkassen des Landes profitieren. Dazu gehören Abbey, Barclays, HSBC, Nationwide Building Society, die Royal Bank of Scotland (RBS), Lloyds TSB, HBOS und Standard Chartered. Banken-Aktien waren am Dienstag dramatisch eingebrochen. So verlor die Aktie der Royal Bank of Scotland 39 Prozent, der Kurs der HBOS fiel um 42 Prozent. Nach der Ankündigung des Rettungspakets erholten sich die Bank-Aktien am Mittwoch. Die Papiere von HBOS legten zeitweise um mehr als 50 Prozent zu, der Kurs der Royal Bank of Scotland stieg um rund 20 Prozent.
Banken-Chefs erfreut
Die Banken-Chefs in der Londoner City begrüßten das Rettungspaket. Es sei eine "umfassende Antwort auf nie dagewesene Bedingungen", sagte RBS-Chef Fred Godwin. Von den Maßnahmen der Regierung profitiere das gesamte Bankensystem, fügte John Varley von Barclays hinzu. Positive Reaktionen gab es auch vom Verband der Britischen Industrie (CBI). "Dies ist der erste notwendige Schritt auf dem Weg zur Erholung des Bankensystems", sagte CBI-Chef John Cridland.
Die Regierung deutete an, dass sie im Gegenzug für die Unterstützung das weitere Verhalten der Banken streng unter die Lupe nehmen wird. Sie werde die Dividenden-Politik und die Bezahlung der Manager berücksichtigen und erfordern, dass der Kreditfluss an kleine Unternehmen und Hauskäufer aufrechterhalten werde, hieß es.
Quelle: ntv.de