In "akzeptablem Rahmen" China vor Rekorddefizit
05.03.2009, 08:02 UhrMit seinen massiven Staatsausgaben zur Ankurbelung der Wirtschaft erwartet China in diesem Jahr das höchste Defizit seit Gründung der Volksrepublik vor 60 Jahren. Zum Auftakt der diesjährigen Plenartagung des Volkskongresses am Donnerstag in Peking sagte Regierungschef Wen Jiabao, die Rekordverschuldung sei aber in einem "akzeptablen Rahmen". Gemessen an der wirtschaftlichen Stärke des Landes sei das Defizit "tragbar und sicher". Entgegen Spekulationen, die schon die Aktienmärkte beflügelt hatten, enthielt sein Rechenschaftsbericht keine konkreten neuen Konjunkturmaßnahmen, die deutlich über bisherige Ankündigungen hinausgingen.
Das Defizit verdreifacht sich sogar im Vergleich zu dem Rekorddefizit vom Vorjahr auf insgesamt 950 Mrd. Yuan (110 Mrd. Euro). Es bleibt allerdings unter der kritischen Marke von 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Im Vorjahr hatte es bei 0,6 Prozent gelegen. Nach dem Haushaltsplan, der den rund 3000 Delegierten in der Großen Halle des Volkes vorgelegt wurde, wird allein das Defizit der Zentralregierung um 570 Mrd. auf 750 Mrd. Yuan ansteigen. Zusätzlich werden lokale Regierungen Anleihen über 200 Mrd. Yuan aufnehmen dürfen.
"Es bleibt eine Expansion in einem sicheren Ausmaß", sagte auch Jia Kang, Präsident eines wissenschaftlichen Instituts des Finanzministeriums. Sollte sich das Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal weiter abschwächen, müsste möglicherweise noch mehr ausgegeben werden. Die Regierung habe durchaus noch Raum für weitere Ausgaben, zitierte ihn die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua.
Punktlandung: Wachstumsziel erreicht
Trotz der Weltwirtschaftskrise wird China nach den Worten von Ministerpräsident Wen Jiabao in diesem Jahr sein Wachstumsziel von acht Prozent erreichen. "Solange wir die richtige Politik und die angemessenen Maßnahmen beschließen und sie auch wirkungsvoll umsetzen, werden wir dieses Ziel schaffen können", sagte Wen. Er kündigte Exporthilfen und Programme zur Ankurbelung des Konsums an. Damit solle auch der soziale Frieden gesichert werden. Zugleich warnte er, dass noch kein Ende der Finanzkrise in Sicht sei, die sich immer noch weiter ausbreite und verschlimmere.
Das Wachstum in China war zum Jahresende 2008 kräftig eingebrochen und lag nur noch bei 6,8 Prozent - noch im Frühjahr waren es über zehn Prozent. Als Reaktion auf die Krise hatte die chinesische Regierung im November ein Konjunkturprogramm im Wert von rund 470 Mrd. Euro beschlossen. Getragen von der Spekulation, Wen würde das Programm noch aufstocken, hatten sich am Mittwoch die Kurse an den Börsen weltweit deutlich erholt. Allerdings nannte der Regierungschef Wen keine neuen Zahlen.
Insgesamt malte Wen ein düsteres Lagebild. Die Nachfrage auf den internationalen Märkten gehe weiter zurück, der Trend hin zu einer globalen Deflation sei unverkennbar, und Protektionismus nehme wieder zu, beschrieb er die Schwierigkeiten auf dem Exportsektor. Wegen der weggebrochenen Nachfrage hätten einige Branchen mit Überkapazitäten zu kämpfen, einige Unternehmen hätten Probleme, sich über Wasser zu halten, was alles zusammen den Druck auf den Arbeitsmarkt erhöhe. Schätzungsweise 20 Mio. Wanderarbeiter haben bereits ihre Arbeit verloren. Regierungsvertreter haben deswegen mehrfach vor sozialen Unruhen gewarnt.
Zur Stützung des Exports werde die Regierung Steuererleichterungen beschließen, sagte Wen. Auch werde der Wechselkurs des Yuan "im Wesentlichen stabil" bleiben.
Er sei ermutigt von der Reaktion der Wirtschaft auf die Regierungspläne, die unter anderem auch massive Investitionen in die Infrastruktur umfassen, sagte Wen.
Quelle: ntv.de