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Vier Prozent rücken näher EZB dreht an Zinsschraube

Die Europäische Zentralbank hat die Zinsen zum siebten Mal seit Ende 2005 angehoben und weitere Zinserhöhungen ins Auge gefasst. Nach der Anhebung des wichtigsten Leitzinses von 3,5 auf 3,75 Prozent ist damit die Vier-Prozent-Marke in greifbare Nähe gerückt. "Ich habe nicht gesagt, dass die Zinsen bereits einen Spitzenwert erreicht haben", sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet. "Rechtzeitiges und entschlossenes Handeln ist notwendig. Wir werden alles tun, um die Preisstabilität zu wahren." Die Notenbank werde die Inflationsrisiken "sehr genau beobachten".

Mit dieser Schlüsselformulierung pflegt die EZB Zinserhöhungen in zwei Monaten anzukündigen. Trichet wollte sich aber nicht auf einen Zeitpunkt für den nächsten Zinsschritt festlegen. Der Notenbankchef gab sich etwas zurückhaltender als auf früheren Sitzungen und nannte das derzeitige Zinsniveau nicht mehr "niedrig", sondern nur noch "moderat". Die meisten Volkswirte rechnen im Juni mit der nächsten Zinsanhebung auf 4,0 Prozent. Wie es danach weitergehen wird, ist offen. "Wir legen uns nicht im Vorhinein fest", sagte Trichet. Die Entscheidung hänge von den Daten ab.

Als wichtigstes Risiko für die Inflation sehen die Notenbanker übermäßige Lohnerhöhungen in den anstehenden Tarifverhandlungen. In Deutschland fordert die Gewerkschaft IG Metall mit 6,5 Prozent einen kräftigen Lohnaufschlag. Trichet rief die Tarifpartner dazu auf, bei Lohnabschlüssen die hohe Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen. Bei seinen Warnungen wollte Trichet sich nicht auf eine konkrete Lohnsteigerung festlegen, die gerechtfertigt sei. "Ich kann keine Rate nennen, die bei uns die Alarmglocken läuten lässt."

Trotz der anhaltend niedrigen Inflation und der Kurseinbrüche an den weltweiten Aktienmärkten zog die Notenbank die Zinszügel an. Dazu veranlasste die EZB vor allem das robuste Wirtschaftswachstum in den 13 Euro-Staaten. Der Zuwachs werde 2007 im Schnitt 2,5 statt der bisher berechneten 2,2 Prozent betragen, lautet die neue Prognose. Die Börsenverluste sieht die Notenbank gelassen. "Die Bewegungen an den Aktienmärkten waren sehr schnell, aber nicht abrupt", sagte Trichet. Die Korrektur sei gesund und vorhersehbar gewesen. "Wesentlich ist, dass solche Entwicklungen geordnet verlaufen - dazu wollen wir beitragen." Es sei kein Grund, den Zinserhöhungszyklus zu beenden.

Die niedrige Teuerungsrate spricht laut Experten nicht mehr zwingend für weitere Zinsschritte. Die EZB erwartet 2007 erstmals seit sieben Jahren eine Teuerung im Euro-Raum unterhalb der Zwei-Prozent-Marke. Die Notenbank-Experten revidierten ihre Prognose wegen der gesunkenen Ölpreise von im Schnitt 2,0 auf 1,8 Prozent. 2008 werde sich die Teuerung aber wieder auf 1,9 Prozent beschleunigen. Bei Werten knapp unter zwei Prozent sieht die EZB die Preisstabilität gewahrt. Die britische Notenbank ließ ihren Zins am Donnerstag wie erwartet unverändert bei 5,25 Prozent.

Höhere Zinsen sollen die Inflation dämpfen, weil sie Kredite für Verbraucher und Unternehmen verteuern und die Geldmenge verknappen sollen. Deswegen gelten sie aber auch als Konjunkturbremse. Für Verbraucher bringen sie Vor- und Nachteile: Kredite werden teurer, aber für Sparer gibt es mehr Zinsen.

Quelle: ntv.de

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