Verhängnisvolle WM-Karten EnBW-Chef vor Gericht
08.06.2007, 15:20 UhrDiese Geste kommt den Vorstandschef des drittgrößten deutschen Energieversorgers EnBW, Utz Claassen, teuer zu stehen. Wegen des Versands von Eintrittskarten für die Fußball-Weltmeisterschaft an Politiker im vergangenen Jahr, muss sich Claassen wegen des Vorwurfs der Vorteilsgewährung in sieben Fällen vor Gericht verantworten. Dies entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) und verwarf damit eine Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe. Dieses hatte befunden, dass sich Claassen nur wegen eines Falls von Vorteilsgewährung verantworten müsse.
Der Versand der Eintrittskarten an sechs Mitglieder der baden-württembergischen Landesregierung sowie einen Staatssekretär der Bundesregierung stelle ein einheitliches Vorkommnis dar, das strafrechtlich zu würdigen sei, begründete das OLG seine Entscheidung. Das Landgericht wollte dagegen nur die Einladung an den Berliner Staatssekretär Matthias Machnig als Vorteilsgewährung zur Anklage zulassen. Die jeweils bis zu 2600 Euro teuren Einladungen zu Spielen der Fußball-WM an die Mitglieder der Landesregierung seien strafrechtlich nicht relevant, hatte das Landgericht im November 2006 die nur teilweise Zulassung der Anklage begründet. Dagegen hatte die Staatsanwaltschaft Karlsruhe, die im Juli eine Anklage in allen sieben Fällen beantragt hatte, Beschwerde eingelegt.
Das OLG betonte als Beschwerdeinstanz, für die Entscheidung seien allein prozessuale Gründe verantwortlich. Die Frage der Strafbarkeit des Eintrittskarten-Versands sei nicht bewertet worden. Die vom Landgericht geplante Nichtzulassung von sechs der sieben Anklagepunkte könne als vorläufige rechtliche Würdigung angesehen werden, die vom OLG jedoch nicht zu überprüfen gewesen sei. Wegen der Einheitlichkeit des Geschehens müsse das Landgericht den gesamten Prozessstoff in die Urteilsfindung einbeziehen.
Verteidiger siegessicher
Ein EnBW-Sprecher sagte, das Unternehmen sehe sich durch den jüngsten Beschluss in seiner Rechtsauffassung bestätigt und dem weiteren Verfahrensablauf gelassen entgegen. "Es handelt sich um einen Sachverhalt mit sieben Ausprägungen und nicht um sieben Vorwürfe", sagte ein Sprecher. Claassens drei Verteidiger teilten mit, die Verteidigung habe keine Zweifel, dass der Vorstandschef in der nun anstehenden Gerichtsverhandlung insgesamt freigesprochen werde.
Vorteilsgewährung kann mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden. EnBW war einer der Sponsoren der Fußball-Weltmeisterschaft. Mit der Weihnachtspost 2005 hatte Claassen sieben Politiker handschriftlich zu WM-Spielen eingeladen.
Der Berliner Umweltstaatssekretär Machnig (SPD) gab den Gutschein Anfang März vergangenen Jahres zurück, das Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen Vorteilsnahme wurde ohne Schuldeingeständnis gegen Geldauflage eingestellt. Die Einladung Machnigs sei ohne Claassens Wissen oder Veranlassung erfolgt und stelle eine Verwechslung dar, hatte EnBW nach Bekanntwerden der Einladungen erklärt. Der baden-württembergische Wirtschaftsminister Ernst Pfister (FDP) nahm hingegen die Einladung von EnBW in die Firmenloge an und zahlte wie Machnig eine Geldbuße.
Quelle: ntv.de