Meldungen

"Die da oben wissen Bescheid" Ex-VW-Manager widerspricht

Im VW-Korruptionsprozess hat der ehemalige Finanzvorstand Bruno Adelt Vorwürfe gegen Ex-Vorstandschef Ferdinand Pich zurückgewiesen. Adelt sagte vor dem Braunschweiger Landgericht, er habe Pich nicht auf Unregelmäßigkeiten bei einer Kostenstelle hingewiesen, über die Lustreisen auf Firmenkosten abgerechnet wurden. Dies hatte zuvor laut Staatsanwaltschaft ein unbekannter Informant mitgeteilt. Adelt sagte, er habe selbst keine Kenntnis über mögliche Unregelmäßigkeiten gehabt. Nach dem vierten Verhandlungstag gegen Ex-Betriebsratschef Klaus Volkert und den früheren Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer hat die Kammer den Prozess bis Ende März verlängert. Ursprünglich sollte das Urteil Ende Januar gesprochen werden.

Pich bestreitet jede Verwicklung in die Affäre. Er soll im Januar vor Gericht aussagen - ebenso wie sein Nachfolger als VW-Vorstandschef, Bernd Pischetsrieder, und Pichs ehemaliger Büroleiter Rupert Stadler, der heutige Audi-Chef.

In das sogenannte "System Volkswagen" hat der ehemalige Personalmanager Helmuth Schuster Einblicke gegeben. Er sagte aus, der frühere Personalvorstand Peter Hartz und andere Vorstände hätten zum Ausdruck gebracht, dass die Betriebsräte "glücklich" sein sollten. "Die gute Stimmungslage stand im Vordergrund." Aufgrund des VW-Gesetzes sei bei wichtigen Entscheidungen die Zustimmung des Betriebsrats notwendig gewesen, erläuterte Schuster. Durch "atmosphärische Ergänzungen" habe alles reibungslos laufen sollen, sagte Schuster.

Schuster gilt selbst als eine Schlüsselfigur der VW-Affäre. Gegen den 53-Jährigen, der nach seiner Zeit bei VW Personalchef der VW-Tochter Skoda war, wird in der Affäre ebenfalls ermittelt. Er soll mit einem Netz aus Tarnfirmen Gelder kassiert haben, die VW zustanden. Schuster sprach ebenso wie Hartz in dessen Prozess im Januar von der Bedeutung des "Co-Managements" bei Volkswagen. "Ohne Arbeitnehmerbank waren Themen nicht zu bewegen." Für wichtige Investitionen etwa habe der Vorstand die Zustimmung der Betriebsräte gebraucht.

Das dubiose Konto, über das auch Lustreisen abgerechnet wurden, war laut Schuster anfangs beim Generalsekretariat des Vorstandsvorsitzenden angesiedelt und erst später bei Hartz. Nach Aussagen von VW jedoch war dieses Konto niemals beim
Generalsekretariat angesiedelt.

Volkert und Gebauer sind wegen Untreue und Anstiftung zur Untreue angeklagt. Volkert soll unter anderem Hartz dazu angestiftet haben, ihm Sonderboni von knapp zwei Millionen Euro zu zahlen. Hartz ist vor knapp einem Jahr zu zwei Jahren auf Bewährung und zu einer Geldstrafe von 576.000 Euro wegen Untreue verurteilt worden. Er soll am Donnerstag als Zeuge im laufenden Prozess gegen Volkert und Gebauer vernommen werden.

Belege über Reisen und Veranstaltungen der Betriebsräte, die von Gebauer abgerechnet wurden, seien nicht beanstandet worden, sagte Schuster. Er habe gewusst, dass es bei Betriebsratsreisen auch zu "Damenbesuchen" gekommen sei. Auch Hartz habe davon gewusst und es selbst in Anspruch genommen.

Das Management von Volkswagen hat nach Aussage eines Zeugen möglicherweise bereits 2004 von Lustreisen von Betriebsräten auf VW-Kosten gewusst. Ein früherer VW-Betriebsarzt sagte, der wegen Untreue angeklagte Ex-Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer habe ihm im Januar 2004 von Kontrollen der Spesenabrechnungen berichtet, bei denen zweifelhaften Spesen von mehreren 100.000 Mark aufgefallen seien.

Der Zeuge, der nach eigener Aussage selbst auf VW-Kosten die Dienste von Prostituierten genutzt hatte, erklärte dass "insgesamt eine relativ große Gruppe, auch Manager, über die Reisen Bescheid gewusst hat und das toleriert hat." Er habe sich aber nicht vorstellen können, dass die Abrechnung von Bordellbesuchen über VW strafrechtlich relevant sein könne.

Im Vorstand sei die Angelegenheit seit einem Vorfall in einem Berliner Hotel bekannt gewesen, bei dem Gebauer wegen übermäßigen Alkoholgenusses unangenehm aufgefallen sei. Die Hotel-Managerin habe sich wegen Gebauers Benehmen beim VW-Management beschwert, was der Anlass für eine Überprüfung der Spesenabrechnungen gewesen sei. Sowohl Personalvorstand Peter Hartz als auch VW-Chef Bernd Pischetsrieder seien über den Vorfall im Hotel informiert gewesen. "Die da oben wissen Bescheid über gewisse Reisen und Abrechungen", habe Gebauer zudem gesagt.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen