Schwachstelle Landesbanken Experten fordern Reform
17.06.2008, 12:01 UhrDer Rat der Wirtschaftsweisen fordert als Konsequenz aus der Finanzkrise einen Umbau des öffentlich-rechtlichen Bankensektors. Die Landesbanken hätten bis Mai dieses Jahres insgesamt Abschreibungen in Höhe von 21 Mrd. Dollar vornehmen müssen, schrieben die Experten in einem an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) offiziell übergebenen Gutachten. Das seien 43 Prozent der Verluste aller deutschen Bankengruppen und damit deutlich mehr als der Marktanteil der Landesbanken in Höhe von gut 20 Prozent.
Nach Einschätzung des Rates bilden die Landesbanken eine Schwachstelle im System deutscher Banken. Diese hätten ein wenig tragfähiges Geschäftsmodell. Als Konsequenz sollten sie privatisiert werden, wobei die Bundesländer höchstens noch ein knappes Viertel ihrer Anteile halten sollen dürften. Den Ländern werfen die Experten vor, häufig einen standortpolitisch motivierten, aber betriebswirtschaftlich unvorteilhaften Einfluss auf die Geschäftspolitik der öffentlich-rechtlichen Institute zu nehmen.
Hilfe mit Steuergeldern
Auf Kritik der fünf Wirtschaftsexperten stößt dem Bericht zufolge, dass für die Verluste der Landesbanken "immer mehr Sparkassen und die öffentliche Hand eintreten müssen".
Seit dem Wegfall der Staatsgarantien sehen sich die Landesbanken einem stärkeren Wettbewerb ausgesetzt und suchen nach neuen Geschäftsmodellen. Zum Ausgleich ihrer schwachen Ertragskraft hatten viele auch zu US-Ramschhypotheken gegriffen. Die WestLB, die BayernLB und die SachsenLB hatten die Spekulationen ins Straucheln gebracht. Sie wurden vor allem mit Steuergeldern vor der Pleite gerettet.
Einen Umbau des öffentlich-rechtlichen Bankensektors hat bereits der Internationale Währungsfonds mehrfach gefordert. "Durch die Finanzmarktkrise ist schlaglichtartig deutlich geworden, dass bei den Landesbanken grundlegende Reformen unumgänglich sind", schrieb der Sachverständigenrat. Um die Rolle als Zentralinstitute der Sparkassen erfüllen zu können, reichten ein bis zwei Landesbanken in Deutschland völlig aus.
Unproduktives Nebeneinander
Die Sachverständigen monieren, dass es "an einer international oder auch nur im Rahmen der Europäischen Union integrierten Bankenaufsicht" fehle. Deutliche Kritik äußerten sie an dem Nebeneinander von Bundesbank und Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin): "Nach wie vor erscheint eine solche Arbeitsteilung wenig zweckmäßig." Die ungewöhnlich hohen Verluste vieler Banken verdeutlichten, dass ihr Risikomanagement unzureichend gewesen sei. Es gebe erhebliche Defizite bei den in der Branche gängigen "Stresstests".
Der Sachverständigenrat schlug ein weltweites Kreditregister vor. Ein Meldesystem für Bankkredite an Großkreditnehmer - im Sinne einer globalen Schufa für Großkredite - würde es den Aufsichtsbehörden und Banken erlauben, schneller Risiken und drohende Kettenreaktionen zu erkennen. Auch könnten Hedgefonds und Zweckgesellschaften, über die viele Banken ihre faulen Kreditgeschäfte außerhalb der Bilanz versteckt hatten, besser durchleuchtet werden.
Sparkassen dagegen
Der Sparkassen- und Giroverband DSGV hat den Vorschlag der fünf "Wirtschaftsweisen", die Sparkassen für Privatinvestoren zu öffnen, zurückgewiesen. Sparkassen in Aktiengesellschaften umzuwandeln und privaten Investoren eine Beteiligung zu erlauben, sei "nicht zielführend". Mit einer Privatisierung würden unterschiedliche Geschäftsinteressen vermischt, erklärte DSGV-Präsident Heinrich Haasis.
Quelle: ntv.de