Machtkampf bei TNK-BP Firmenchef reist ab
25.07.2008, 10:20 UhrIn dem seit Monaten schwelenden Streit um das Machtgefüge beim russisch-britischen Gemeinschaftsunternehmen TNK-BP hat Firmenchef Robert Dudley das Land verlassen. Angesichts der Schikanierung des Konzerns und seiner Person habe er sich zur vorübergehenden Ausreise aus Russland entschieden, erklärte Dudley. Auch die Unsicherheiten bei seinem Arbeitsvisum hätten ihn dazu bewegt. Dudleys Visum wäre am Montag abgelaufen. Der Firmenchef will nun vorerst außerhalb Russlands weiterarbeiten.
BP streitet sich seit langem mit den vier russischen Milliardären, denen die andere Hälfte an TNK-BP gehört, über die Strategie des Unternehmens. Die russischen Partner fordern einen Rücktritt Dudleys. Kreisen zufolge geht es bei dem Konflikt im Kern aber um die künftigen Besitzverhältnisse bei TNK-BP. Es wird weithin angenommen, dass die russische Regierung sich einen großen Anteil an dem Unternehmen sichern will.
BP-Chef Tony Hayward sagte Dudley seine Unterstützung zu. TNK-BP ist für BP von enormer Bedeutung: Ein Viertel seiner weltweiten Ölförderung entfällt auf das Joint Venture, das zugleich die zweitgrößte Auslandsinvestition des Konzerns ist. TNK-BP ist der drittgrößte russische Ölförderer.
Auch ein zweites westliches Vorstandsmitglied, der für das operative Geschäft verantwortliche Tim Summers, könnte zur Ausreise gezwungen sein, falls die russischen Behörden sein Visum bis Montag nicht verlängert haben.
Kreml mischt kräftig mit
Der Streit hatte zuletzt auch die höchsten Stellen erreicht: Anfang Juli hatte sich der britische Premierminister Gordon Brown direkt beim neuen russischen Präsidenten Dmitri Medwedew über die Gängelung bei TNK-BP beklagt.
Vor rund einem Jahr hatte BP nach jahrelangem massiven Druck des Kreml die Kontrolle über eines der weltgrößten Gasfelder deutlich unter Wert an den staatlichen Monopolisten Gazprom abgegeben. Ende 2006 hatte Gazprom bereits den BP-Rivalen Royal Dutch Shell nach einem monatelangen Streit aus dem weltgrößten Flüssiggasprojekt Sachalin 2 gedrängt.
Damals hatte der Kreml den ausländischen Investoren mit einem Lizenz-Entzug gedroht und dies mit Verstößen gegen den Umweltschutz begründet. Die russische Regierung hat in den vergangenen Jahren das lukrative Geschäft mit Öl und Gas fast komplett unter ihre Kontrolle gebracht. TNK-BP ist die einzige größere Energiefirma in Russland, die noch in Privatbesitz ist.
Quelle: ntv.de