Streik bei der Lufthansa Flugverkehr läuft normal
28.07.2008, 13:28 UhrDer Streik bei der Lufthansa hat zunächst nicht zu dem befürchteten Chaos geführt. Am Vormittag habe es 450 Flüge ohne Verspätung gegeben, teilte die Fluggesellschaft mit. "Bisher läuft der Flugverkehr ganz normal", sagte Lufthansa-Sprecherin Amlie Lorenz. Man hoffe, die Auswirkungen des Streiks auch weiterhin abfedern zu können. Am größten deutschen Drehkreuz in Frankfurt war es im Vergleich zu normalen Tagen relativ ruhig. Viele Reisende würden wegen der angekündigten Streiks vermutlich Alternativen wie etwa die Bahn nutzen, sagte Flughafen-Sprecher Klaus Busch.
Nach Einschätzung des Gesamtbetriebsrats werden die Auswirkungen des Streiks erst in einigen Tagen für die Passagiere spürbar. "Erwartungsgemäß wird bei einer Fluggesellschaft am ersten Tag nicht viel passieren", sagte der Vorsitzende des Gremiums, Wolf Liebetrau. Hintergrund sei, dass bei der Wartung der Maschinen ein zeitlicher Vorlauf bestehe und auch beim Catering zunächst Ersatzmaßnahmen greifen könnten. "Wir sind ganz optimistisch, obwohl ein Streik keinen Spaß macht", sagte Liebetrau. Positiv wertete er, dass die Auslastung der Maschinen bereits wegen der Streikankündigung gesunken sei.
Die Lufthansa hat in den vergangenen Tagen einen umfangreichen Notfallplan entwickelt. Vor allem die Langstrecken und Flüge zwischen den großen europäischen Metropolen sollen trotz des Arbeitskampfes aufrechterhalten werden. Passagieren werden bei streikbedingten Ausfällen wie schon bei den Pilotenstreiks Umbuchungen angeboten. Zudem könnte Lufthansa auf Mitarbeiter anderer Firmen zurückgreifen. Details ihrer Planungen wollte Lufthansa nicht nennen. Auch Verdi will die konkreten Aktionen kurzfristig ankündigen, damit sich der Arbeitgeber nicht vorbereiten kann.
Tipps für Reisende
Wie sich Reisende bei Problemen mit der Rückerstattung der Kosten für streikbedingt ausgefallene Flüge am besten verhalten, hat Birgit Zandke-Schaffhäuser von der Schlichtungsstelle Mobilität beim Verkehrsclub Deutschland (VCD) im Gespräch mit n-tv beschrieben: "Die Ticketkosten bekommt man natürlich erstattet, wenn ein Flieger verspätet ist - allerdings erst ab fünf Stunden. Das heißt: bis zwei Stunden ist alles hinnehmbar."
"Ist eine Verspätung über fünf Stunden lang, kann der Passagier zurücktreten, muss diesen Rücktritt aber auch erklären und bekommt dann auch seine Ticket-Kosten erstattet", sagte Zandke-Schaffhäuser bei n-tv.
"Pauschalreisende sollten sich vor allen Dingen erst einmal an den Reiseveranstalter wenden und nicht so sehr an die Airline. Sie sollten schauen, was der Reisveranstalter für Umbuchungen anbietet, weil der letztendlich dafür verantwortlich ist, dass die Reise vonstattengeht", so Zandke-Schaffhäuser weiter.
Die Konkurrenz profitiert
Der Streik bei der Lufthansa beschert dem Wettbewerber Air Berlin zusätzliche Fluggäste. In den vergangenen Tagen sei die Nachfrage auf innerdeutschen Strecken und europäischen Städteverbindungen deutlich gestiegen, sagte eine Air-Berlin-Sprecherin. Teilweise habe man auch größere Maschinen eingesetzt. Die höheren Buchungszahlen seien vermutlich aber nicht nur auf den angekündigten Streik, sondern auch auf die Hauptreisezeit zurückzuführen, sagte die Sprecherin der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft.
Der unbefristete Streik der Gewerkschaft Verdi hatte sich am Montagmorgen zunächst kaum auf den Flugbetrieb in Frankfurt ausgewirkt. Der erste Flug aus Dresden sei planmäßig in Frankfurt gelandet, und auch für die ersten Starts rechne man kaum mit Behinderungen, sagte eine Lufthansa-Sprecherin.
Der Hamburger und der Frankfurter Flughafen sind laut Gewerkschaft die Schwerpunkte des Ausstandes. Wie viele Angestellte dem Aufruf folgten, blieb zunächst unklar. "Das fängt alles erst an", sagte Verdi-Sprecherin Sabine Bauer. Auch sie rechnete damit, dass sich die Streik-Auswirkungen erst im Verlauf des Morgens abschätzen lassen.
Parallel zu den Arbeitsniederlegungen bei der Lufthansa hat Verdi auch die Mitarbeiter des Flugzeug-Caterers Gate Gourmet zu einem befristeten Warnstreik in den Niederlassungen in Zeppelinheim bei Frankfurt am Main sowie München aufgerufen. Der Ausstand soll bis 16.00 Uhr dauern. Wie ein Verdi-Sprecher am Morgen weiter sagte, verweigert Gate Gourmet den Beschäftigten seit fünf Jahren eine Lohnerhöhung.
Harte Worte
Verdi hatte Lufthansa mit Stillstand gedroht. "Lenkt die Lufthansa nicht ein, wird es spätestens in einer Woche nur noch marginalen Flugbetrieb geben", sagte Verhandlungsführer Erhard Ott der "Bild- Zeitung". Lufthansa wollte am Wochenende keine Prognose über mögliche Ausfälle abgeben. Ein Lufthansa-Sprecher hatte aber erklärt, man gehe davon aus, dass nur ein Bruchteil der Belegschaft in Deutschland dem Streikaufruf folgen werde.
In dem Tarifkonflikt verlangt Verdi höhere Gehälter für die rund 50.000 Beschäftigten am Boden und in der Kabine. Die Gewerkschaft fordert 9,8 Prozent mehr Geld bei einer Laufzeit von einem Jahr. Lufthansa hatte zuletzt gestaffelt 6,7 Prozent mehr Geld bei 21 Monaten Laufzeit und eine Einmalzahlung geboten. Vor neuen Verhandlungen will Verdi ein nachgebessertes Angebot von Lufthansa erhalten.
UFO-Mitglieder streiken nicht
Unterdessen erklärte die Unabhängige Flugbegleiter Organisation (UFO), ihre Mitglieder beteiligten sich nicht an dem Streik. Derzeit gebe es noch einen bis zum Jahresende gültigen Tarifvertrag für die Kabinenmitarbeiter, daher gelte die Friedenspflicht. UFO steht in Konkurrenz zur Gewerkschaft Verdi und hat nach eigenen Angaben deutlich mehr als die Hälfte der Kabinenmitarbeiter als Mitglieder. Die übrigen Kabinenmitarbeiter seien nahezu vollständig in gar keiner Gewerkschaft. Daher werde der Streik bei Lufthansa ausschließlich am Boden ausgetragen. UFO selbst fordert für die nächste Tarifrunde 15 Prozent mehr Geld und damit mehr als Verdi.
Quelle: ntv.de