Trucker drohen mit Aufstand Paris verlagert Spritkosten
29.05.2008, 11:30 UhrNach den Fischern kommt die französische Regierung wegen der hohen Treibstoffpreise auch den Brummi-Fahrern zu Hilfe. Paris werde die Auftraggeber der Spediteure gesetzlich verpflichten, die Mehrkosten durch den Anstieg der Dieselpreise zu tragen, kündigte Verkehrsstaatssekretär Dominique Bussereau. Dazu werde die Regierung einen Änderungsantrag zum zurzeit im Parlament diskutierten Gesetzespaket zur Modernisierung der französischen Wirtschaft einbringen. Damit drohten den Auftraggebern künftig Strafen, wenn sie sich weigerten, die Mehrkosten zu übernehmen.
Der französische Spediteursverband FNTR hatte der Regierung mit Protesten gedroht, wenn sie nicht einen "Krisenplan" für die Branche verabschiedet. Nach Fischern und Bauern hatten die Lkw-Fahrer in den vergangenen Tagen schon vereinzelt für staatliche Unterstützung protestiert.
Neben dem Gesetz zur Übernahme der höheren Spritkosten durch die Auftraggeber denke die Regierung zusammen mit den Spediteuren auch über andere Maßnahmen nach, um die Belastungen durch den hohen Ölpreis zu senken, sagte Bussereau. Auch für andere Berufszweige und die privaten Haushalte suche die Regierung nach Lösungen. Die künftige Entwicklung bei den Ölpreisen lasse sich nicht vorherzusagen, sagte der Staatssekretär. "Der Anstieg kann sich deutlich fortsetzen."
Problem "nicht wirklich" berührt
Angesichts des anhaltend hohen Ölpreises werden ähnliche Ansätze zur Entlastung von Wirtschaft und Verbrauchern auch in Deutschland bereits diskutiert. So hatte zuletzt die FDP-Europaabgeordnete Silvana Koch-Mehrin die Bundesregierung dazu aufgefordert, die Ökosteuer zu senken. "In den vergangenen Jahren war die Bundesregierung mit der Ökosteuer und der Erhöhung der Mehrwertsteuer der Hauptpreistreiber bei den Energiepreisen", argumentierte Koch-Mehrin. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel forderte dagegen einen verminderten Mehrwertsteuersatz auf Energie. "Das ist ein kurzfristiger Akt der Selbstverteidigung im Bürgerinteresse", sagte er.
Claudia Kemfert, Energieexpertin vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), weist solche Lösungsansätze rundheraus zurück. "Ich sehe das alles sehr kritisch. Alles das, was im Moment diskutiert wird, löst das Problem ja nicht wirklich, denn wir wissen ja, dass Öl irgendwann knapp wird. Selbst, wenn man jetzt kurzfristig Steuern senkt, wird man das Problem nicht lösen", sagte Kemfert bei n-tv.
Die DIW-Expertin weist auf die grundsätzliche Problematik hin: "Wir brauchen alternative Kraftstoffe, wir brauchen ein nachhaltiges Mobilitätskonzept", sagte sie im Gespräch mit n-tv-Journalisten. "Im Übrigen glaube ich auch gar nicht, dass, wenn man die Steuern senken würde, insbesondere beim Benzinpreis, dass der Preis wirklich runtergehen würde. Da würden eher die Mineralölkonzerne die Margen erhöhen. Am Ende ist der Verbraucher gar nicht entlastet", so die Energieexpertin weiter.
Falsche Antworten
Bei der Pendlerpauschale mache es laut Kemfert "höchstens Sinn, einen Pauschalbetrag einzuführen, das heißt für alle Personen gleich. Dann würden auch die ärmeren Haushalte etwas entlastet werden". Hier sei die Politik gefragt, doch leider kämen aus dieser Richtung die "falschen Antworten".
Zu der Ankündigung der Kartellbehörden, die Preisbildung im Markt für Benzin und Diesel näher untersuchen zu wollen, sagte Kemfert: "Bisher hat man sich immer Teile angeschaut und festgestellt, dass es keine marktbeherrschende Stellung gibt". Dabei gebe es sehr wohl "ein Oligopol gibt, das heißt fünf große Konzerne, die über 73 Prozent des Marktes innehaben". Vor diesem Hintergrund bestehe da "natürlich, genau wie beim Strommarkt auch, immer der latente Verdacht, dass es hier Preisabsprachen geben könnte".
Für die steigenden Rohstoff- und Lebensmittelpreise sind ihrer Ansicht nach auch Veränderungen im Investitionsverhalten der Anleger verantwortlich. "Es gibt eine Umschichtung von Finanzinvestoren immer mehr in die Rohstoffe hinein. Und der Spekulationsanteil, der spielt beim Öl ja eine erhebliche Rolle." Laut Kemfert gehen "mindestens 20 Prozent des Ölpreises" auf eben diese Spekulationen zurück. Aber auch bei den Lebensmittelpreisen gebe es "immer mehr" diesen Effekt. Und die Nachfrage steige weiter an.
Quelle: ntv.de